14.05.2016, 04:23
Pet 2-18-08-6110-020880
Einkommensteuer
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 28.04.2016 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.
Begründung
Mit der Petition soll erreicht werden, dass die Mehrausgaben für glutenfreie
Lebensmittel und Getränke bei nachgewiesener Glutenunverträglichkeit (Zöliakie)
steuermildernd geltend gemacht werden dürfen.
Zur Begründung wird ausgeführt, bei etwa 300.000 Personen in Deutschland sei
nachweisbar Zöliakie festgestellt worden. Diese Personen müssten lebenslang eine
Diät einhalten und jegliche Lebensmittel und Getränke, die Gluten enthalten,
vermeiden. Diese glutenfreien Lebensmittel und Getränke seien aber erheblich teurer
als herkömmliche Lebensmittel und Getränke. Daher sei es angemessen, dass die
Mehrausgaben steuermindernd berücksichtigt werden dürften. Möglich sei etwa eine
Pauschale, welche die Preisdifferenz zwischen normalen und glutenfreien
Lebensmitteln und Getränken berücksichtige.
Zu den Einzelheiten des Vortrages wird auf die mit der Petition eingereichten
Unterlagen verwiesen.
Die Eingabe ist auf der Internetseite des Deutschen Bundestages veröffentlicht
worden. Es gingen 39 Mitzeichnungen sowie 35 Diskussionsbeiträge ein.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Gesichtspunkte
wie folgt zusammenfassen:
Der Petitionsausschuss stellt zunächst grundlegend fest, dass das
Einkommensteuerrecht bei der Berücksichtigung von Aufwendungen zwischen dem
Bereich der Einkunftserzielung und der privaten Einkommensverwendung
unterscheidet. Solche Aufwendungen, die die private Lebensführung betreffen,
dürfen bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens grundsätzlich nicht
abgezogen werden (§12 Einkommensteuergesetz – EStG). Solche Aufwendungen
können nur in einigen, vom Gesetzgeber genau bezeichneten Fällen steuermindernd
berücksichtigt werden, etwa als Sonderausgaben (§§ 10, 10b, 10c EStG) oder als
außergewöhnliche Belastungen (§§ 33 – 33c EStG).
Außergewöhnliche Belastungen im Sinne des § 33 EStG liegen dann vor, soweit
dem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden
Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse
sowie gleichen Familienstandes erwachsen. Hierzu gehören grundsätzlich
Krankheitskosten.
Ziel des § 33 EStG ist es, zwangsläufige Mehraufwendungen für den
existenznotwendigen Grundbedarf zu berücksichtigen, die sich wegen ihrer
Außergewöhnlichkeit einer pauschalen Erfassung in allgemeinen Freibeträgen
entziehen. Aus dem Anwendungsbereich des § 33 EStG ausgeschlossen sind daher
nach ständiger Rechtsprechung die üblichen Aufwendungen der Lebensführung, die
in Höhe des Existenzminimums durch den steuerlichen Grundfreibetrag abgegolten
sind.
Der Petitionsausschuss weist darauf hin, dass Kosten, die durch eine
Diätverpflegung entstehen, nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung des § 33
Abs. 2 Satz 3 EStG nicht als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden
können. Gegen das gesetzliche Verbot der Berücksichtigung von
Diätverpflegungskosten bestehen auch nach ständiger höchstrichterlicher
Rechtsprechung keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Wille des
Gesetzgebers zu einem umfassenden Ausschluss der
Diätverpflegungsaufwendungen in § 33 Abs. 2 Satz 3 EStG sei im
Gesetzgebungsverfahren klar zum Ausdruck gekommen.
Weiterhin ruft der Petitionsausschuss in Erinnerung, dass sich der Bundesfinanzhof
(BFH) zuletzt in seiner Entscheidung vom 21. Juni 2007 (BStBl II 2007 Seite 880) mit
der Frage einer steuermindernden Berücksichtigung von Diätverpflegung bei Zöliakie
befasst hat. Der BFH hat hierzu ausgeführt, Zöliakie sei zwar eine Krankheit, sodass
Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für Arzneimittel, soweit es diese gebe,
grundsätzlich als außergewöhnliche Belastungen anerkannt werden können, wenn
ihre Zwangsläufigkeit oder Notwendigkeit durch ärztliche Verordnung nachgewiesen
sei.
Kosten, die durch eine Diätverpflegung entstünden, seien aber nach dem
eindeutigen Wortlaut des § 33 Abs. 2 Satz 3 EStG und der Entstehungsgeschichte
der Ausschlussnorm ausnahmslos nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar,
auch wenn sie mit einer Krankheit im Zusammenhang stünden, ihre Notwendigkeit
durch eine ärztliche Verordnung nachgewiesen werde und die Diät eine
medikamentöse Behandlung ersetze.
Der BFH hat in diesem Zusammenhang weiterhin betont, dass dieser gesetzliche
Ausschluss der Berücksichtigung von Diätkosten als außergewöhnliche Belastung
nicht nur an Zöliakie erkrankte Steuerpflichtige treffe, sondern gleichermaßen
beispielweise auch Steuerpflichtige, die unter Zuckerkrankheit oder multipler
Sklerose leiden. Auch in diesen Fällen seien die erkrankten Menschen zur Linderung
ihres Leidens auf Diätverpflegung angewiesen, sodass die entsprechenden
Aufwendungen für die Diätverpflegung, wie andere Krankheitskosten auch, aus
tatsächlichen Gründen zwangsläufig entstünden. Gleichwohl sei ihre steuerliche
Berücksichtigung ausgeschlossen. Die Vorschrift enthalte insoweit eine
Einschränkung der regelmäßig als außergewöhnliche Belastung zu
berücksichtigenden Krankheitskosten. Auf die Schwere der Krankheit komme es
dabei nicht an.
Der Petitionsausschuss ruft weiterhin in Erinnerung, dass eine entsprechende
Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen worden ist (Beschluss
des Bundesverfassungsgerichts – BVerfG vom 6. Juli 2010, Aktenzeichen 2 BvR
2164/07).
Die Entscheidung des Gesetzgebers, Diätaufwendungen vom Abzug
auszuschließen, mag zwar für manche Steuerpflichtige eine gewisse Härte
bedeuten. Die gesetzgeberische Entscheidung ist aber vor dem Hintergrund zu
sehen, dass aus den abziehbaren außergewöhnlichen Belastungen von vornherein
Kosten auszuschließen sind, die typischerweise die Lebensführung mit sich bringt
oder die im Hinblick auf die allgemeine Lebensführung nicht ungewöhnlich sind. Zu
diesen üblichen Aufwendungen rechnen nach der höchstrichterlichen
Rechtsprechung auch die Kosten für die Verpflegung, gleichgültig, in welcher Höhe
sie tatsächlich anfallen. Das gleiche gilt etwa auch für Mehrkosten für Kleidung
wegen Übergröße und unterschiedlich hohe Wohnungsmieten.
Angesichts des Dargelegten kann der Petitionsausschuss mithin nicht in Aussicht
stellen, im Sinne des vorgetragenen Anliegens tätig zu werden. Er empfiehlt daher,
das Petitionsverfahren abzuschließen.
Begründung (pdf)