2016. 10. 20. 4:22
Pet 1-18-09-7517-023423
Wettbewerb/Regulierung
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 29.09.2016 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen entsprochen worden ist.
Begründung
Mit der Petition wird gefordert, dass vor Beginn des Gesetzgebungsverfahrens zum
Strommarktgesetz die Interessen der Bürgerinnen und Bürger durch eine
transparente Darstellung der geplanten Maßnahmen und deren Auswirkungen
berücksichtigt werden sollen.
Zu dieser Petition, die auf der Internetseite des Deutschen Bundestages
veröffentlicht wurde, liegen dem Petitionsausschuss 193 Mitzeichnungen und
17 Diskussionsbeiträge vor. Es wird um Verständnis gebeten, dass nicht auf jeden
Gesichtspunkt gesondert eingegangen werden kann.
Zur Begründung des Anliegens wird im Wesentlichen vorgetragen, dass die
Auswirkungen der im Strommarktgesetz geplanten Maßnahmen auf den Strompreis,
die Marktteilnehmer, die Versorgungssicherheit und die Netzentgelte transparent
dargestellt werden sollen. Im Rahmen des Konsultationsprozesses zum Grünbuch
"Strommarkt 2.0 der Energiewende" (Grünbuch = Farbbuch der Europäischen
Kommission, das als Diskussionspapier zu einem bestimmten Thema dient) seien
vor allem die Branchenvertreter gehört worden. Obwohl die Interessen der
Stromkunden bislang nicht berücksichtigt worden seien, seien mit dem Weißbuch
(fasst die offiziellen Vorschläge des Grünbuchs zusammen) bereits Maßnahmen
durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) vorgetragen
worden, die nicht nur die Marktakteure, sondern auch die Stromkunden beträfen. Die
Erörterung im Rahmen der Petition solle verhindern, dass sich der Strommarkt an
den Interessen der Verbraucher vorbeientwickle. Bereits die Ethikkommission zum
Atom-Moratorium habe gezeigt, dass eine interdisziplinäre Zusammenarbeit bei
komplexen Gesetzgebungsverfahren neue Aspekte in den Vordergrund rücke und
somit eine bedarfsgerechte und bürgernahe Realisierung neuer Gesetze möglich
werde.
Wegen weiterer Einzelheiten zu dem Vorbringen und zur Vermeidung von
Wiederholungen wird auf die mit der Eingabe eingereichten Unterlagen verwiesen.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung
zu dem Anliegen darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter Berücksichtigung der seitens der Bundesregierung angeführten Gesichtspunkte
wie folgt zusammenfassen:
Einführend weist der Petitionsausschuss darauf hin, dass die Stromversorgung bei
wachsenden Anteilen von Wind- und Sonnenstrom zuverlässig und kosteneffizient
bleiben muss. Für diesen Wandel soll der Strommarkt fit gemacht werden. Das mit
der Petition angesprochene Grünbuch war ein wichtiger Zwischenschritt auf dem
Weg zu einem langfristig tragfähigen Strommarktdesign.
Bereits im Oktober 2014 hat das BMWi das Grünbuch veröffentlicht und vier Monate
zur öffentlichen Konsultation gestellt. Rund 700 Stellungnahmen von Behörden,
Verbänden, Gewerkschaften, Unternehmen, aber auch von Bürgern sind
eingegangen und in ein abschließendes Weißbuch eingeflossen. Das Weißbuch
wurde am 4. September 2015 im Rahmen der Plattform Strommarkt mit den
relevanten Akteuren diskutiert. Das BMWi spricht sich hier klar für eine
Weiterentwicklung des Strommarktes hin zu einem Strommarkt 2.0 und gegen die
Einführung eines Kapazitätsmarktes aus. Im Strommarkt 2.0 refinanzieren sich die
benötigten Kapazitäten über bestehende Marktmechanismen. Das Weißbuch enthält
die Eckpunkte für die 20 Maßnahmen, mit denen der Strommarkt 2.0 umgesetzt wird.
Entgegen der mit der Petition vorgetragenen Annahme, sind auch die Bürgerinnen
und Bürger in die öffentliche Konsultation einbezogen worden, sodass eine breite,
transparente und lösungsorientierte Diskussion über die Ausgestaltung des künftigen
Strommarktdesigns geführt wurde.
Der Ausschuss hält fest, dass der Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung des
Strommarktes und die Kapazitätsreserveverordnung am 4. November 2015 vom
Bundeskabinett beschlossen worden ist. Die hierin enthaltenen, zentralen
Maßnahmen aus dem Weißbuch sind unter anderem:
•Eine freie Preisbildung garantieren: Der Grundsatz der freien Preisbildung beim
Stromhandel soll im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) verankert werden. Denn
Preise senden wichtige Informationen an die Marktakteure. Nur so kann angezeigt
werden, wie knapp der Strom zu einem Zeitpunkt ist.
• Versorgungssicherheit überwachen: Ein fortlaufendes Monitoring wird mit den
neusten Methoden überwachen, ob die Stromversorgung tatsächlich sicher ist.
Künftig wird dabei der Beitrag des europäischen Elektrizitätsbinnenmarktes zur
Versorgungssicherheit stärker berücksichtigt.
• Kapazitätsreserve einführen: Der Strommarkt 2.0 wird flankiert und zusätzlich
abgesichert durch eine sogenannte Kapazitätsreserve, die außerhalb des
Strommarktes eingerichtet wird. Diese Reserve dient dazu, nicht vorhersehbare
und außergewöhnliche Extremsituationen am Markt abzufangen.
• Regelleistungsmärkte weiterentwickeln: Um das System jederzeit stabil zu halten
und Prognosefehler auszugleichen, nutzen die Übertragungsnetzbetreiber
sogenannte Regelleistung. Mit dem Strommarktgesetz sollen nun mehr Anbieter
Zugang zu den Regelleistungsmärkten bekommen. Dies erhöht den Wettbewerb
auf diesen Märkten und senkt damit die Kosten.
• Transparenz im Strommarkt erhöhen: Transparente und aktuelle Strommarktdaten
können effiziente Erzeugungs-, Verbrauchs- und Handelsentscheidungen fördern.
Daher werden eine nationale Informationsplattform sowie ein zentrales
Marktstammdatenregister eingerichtet.
• Netzreserve verlängern: Zur Überbrückung von Netzengpässen und zur
Gewährleistung des sicheren Netzbetriebs wird die Netzreserve über den
31. Dezember 2017 hinaus verlängert und die Regelungen zur Kostenerstattung
werden den Erfordernissen der Praxis angepasst. Die Netzreserve ist erforderlich,
bis wichtige Netzausbauvorhaben fertiggestellt werden.
Der Petitionsausschuss ergänzt, dass es sich bei dem Strommarktgesetz um ein
Mantelgesetz handelt: Es ändert verschiedene Gesetze und Verordnungen, unter
anderem das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG), das Erneuerbare-Energien-Gesetz
(EEG) sowie die Reservekraftwerksverordnung. Die nähere Ausgestaltung der
Kapazitätsreserve erfolgt in der Kapazitätsreserveverordnung.
Das Gesetzgebungsverfahren zum Strommarktgesetz soll im Frühjahr 2016
abgeschlossen werden. Auch die Kapazitätsreserveverordnung soll nach Abschluss
des Gesetzgebungsverfahrens in Kraft treten.
Vor diesem Hintergrund empfiehlt der Petitionsausschuss, dass Petitionsverfahren
abzuschließen, weil dem Anliegen durch den dargestellten Diskussionsprozess
entsprochen worden ist.
Begründung (PDF)