10/06/2016 04:23
Pet 2-18-15-8271-013372
Gesetzliche Krankenversicherung
- Leistungen -
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 02.06.2016 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.
Begründung
Mit der Petition wird gefordert, dass der Gesetzgeber den Gemeinsamen
Bundesausschuss (G-BA) beauftragt, zeitnah zu prüfen, die Systemische und die
Humanistische Psychotherapie in die Richtlinien aufzunehmen und damit dort die
Psychotherapie in ihren vier Grundorientierungen abzubilden. Hiermit soll auch der
1998 im Zuge des Psychotherapeutengesetzes erfolgte Ausschluss dieser Verfahren
aufgehoben werden.
Zu den Einzelheiten des Vortrags des Petenten wird auf die von ihm eingereichten
Unterlagen verwiesen.
Die Eingabe war als öffentliche Petition auf der Internetseite des Deutschen
Bundestages eingestellt. Es gingen 12.871 Mitzeichnungen sowie
90 Diskussionsbeiträge ein.
Zu diesem Thema liegen dem Petitionsausschuss weitere Eingaben mit verwandter
Zielsetzung vor, die wegen des Zusammenhangs einer gemeinsamen
parlamentarischen Prüfung zugeführt werden. Der Ausschuss bittet daher um
Verständnis, dass nicht auf alle vorgetragenen Gesichtspunkte eingegangen werden
kann.
Der Petitionsausschuss hat zu dem Anliegen eine Stellungnahme der
Bundesregierung eingeholt. Darüber hinaus hat der Ausschuss das Verfahren nach
§ 109 Abs. 1 Satz 2 Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (GO-BT)
eingeleitet und eine Stellungnahme des Gesundheitsausschusses eingeholt, da die
Petition ein Gegenstand der Beratungen in diesem Fachausschuss betrifft. Der
Ausschuss für Gesundheit hat mitgeteilt, dass er die Petition in seiner 45. Sitzung am
10.06.2015 beraten hat.
Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung stellt sich unter Berücksichtigung der
Stellungnahme und der Mitteilung des Ausschusses für Gesundheit wie folgt dar:
Der Gesetzgeber hat dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) die Aufgabe
zugewiesen, auf der Rechtsgrundlage der §§ 92 Abs. 6a und 135 Fünftes Buch
Sozialgesetzbuch (SGB V) eine eigenständige Bewertung und Entscheidung über die
krankenversicherungsrechtliche Anerkennung eines psychotherapeutischen
Behandlungsverfahrens anhand der in § 135 SGB V normierten Kriterien zu treffen.
Grundlage des Bewertungsverfahrens durch den G-BA ist seine Verfahrensordnung
und seine Richtlinie über die Durchführung der Psychotherapie (Psychotherapie-
Richtlinie). Es obliegt dem G-BA, in Richtlinien Empfehlungen über die Anerkennung
des Nutzens, der medizinischen Notwendigkeit und der Wirtschaftlichkeit - auch im
Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachten Methoden -
abzugeben und damit über die Aufnahme in die ambulante vertragsärztliche
Versorgung zu entscheiden.
Die Systemische Psychotherapie ist derzeit Gegenstand eines
Bewertungsverfahrens beim G-BA. Der Antrag auf Bewertung dieses
psychotherapeutischen Verfahrens stützt sich auf ein Gutachten des
Wissenschaftlichen Beirates Psychotherapie (WBP), das im Dezember 2008 die
Systemische Psychotherapie in verschiedenen Anwendungsbereichen als
wissenschaftlich anerkannt hat. Der G-BA hat dazu das Institut für Qualität und
Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) beauftragt, die Recherche,
Darstellung und Bewertung des aktuellen medizinischen Wissensstandes zur
"Systemischen Therapie bei Erwachsenen als Psychotherapie-Verfahren"
durchzuführen. Nach Vorliegen des Abschlussberichtes wird der G-BA seine
Beratungen zur Beschlussfassung zur Systemischen Therapie wieder aufnehmen.
Für eine Aufnahme der Humanistischen Psychotherapie in das leistungsrechtliche
System der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) fehlen derzeit insoweit die
Voraussetzungen, als bisher kein Gutachten des WBP zur Anerkennung als
wissenschaftliches Verfahren vorliegt. Eine positive Feststellung des WBP, dass das
Verfahren als wissenschaftlich anerkannt für eine vertiefte Ausbildung zur
Psychologischen Psychotherapeutin/zum Psychologischen Psychotherapeuten oder
zur Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin/zum Kinder- und
Jugendlichenpsychotherapeuten angesehen werden kann, ist nach § 17
Psychotherapie-Richtlinie des G-BA grundsätzlich Voraussetzung für eine
Anerkennung als ein psychotherapeutisches-Verfahren, das zu Lasten der GKV in
der vertragsärztlichen Versorgung Anwendung finden kann.
Die Arbeitsgemeinschaft Humanistische Psychotherapie, deren Mitglieder und
Mitgliedsverbände Therapieansätze der Gesprächspsychotherapie, Gestalttherapie,
integrative Therapie, Psychodrama, Körperpsychotherapie, Logotherapie,
Existenzanalyse und Transaktionsanalyse vertreten, hat im Oktober 2012 beim WBP
einen Antrag auf die wissenschaftliche Anerkennung der Humanistischen
Psychotherapie eingereicht. Das Gutachten des WBP zur Humanistischen
Psychotherapie liegt bisher noch nicht vor. Im Falle der positiven Beurteilung können
die Humanistischen Verfahren nach § 135 Abs. 1 SGB V zu Lasten der
Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der G-BA eine Empfehlung abgegeben
hat zur Anerkennung des therapeutischen Nutzens, der medizinischen Notwendigkeit
und Wirtschaftlichkeit. Ein entsprechendes Bewertungsverfahren kann auf Antrag
eines unparteiischen Mitgliedes des G-BA, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung,
einer Kassenärztlichen Vereinigung oder des Spitzenverbandes Bund der
Krankenkassen stattfinden. Die für die Wahrnehmung der Interessen der
Patientinnen und Patienten und der Selbsthilfe chronisch kranker und behinderter
Menschen auf Bundesebene maßgeblichen Organisationen haben gemäß § 140f
SGB V ebenfalls das Recht, Anträge zu stellen.
Das Psychotherapeutengesetz (PsychThG) schließt keine Humanistischen Verfahren
der Psychotherapie von der Ausbildung aus. Zur Sicherung eines angemessenen
Qualitätsstandards, der bei Ausbildungen zu Heilberufen üblich ist, setzt es allerdings
die wissenschaftliche Anerkennung der psychotherapeutischen Verfahren voraus, die
Gegenstand der Ausbildung sind. Grundlage dafür ist die Definition der
Psychotherapie als "mittels wissenschaftlich anerkannter psychotherapeutischer
Verfahren vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von
Störungen mit Krankheitswert, bei denen Psychotherapie indiziert ist."
Die Durchführung des PsychThG obliegt den Ländern. Sie entscheiden im Rahmen
dieser Aufgabe darüber, welche Verfahren wissenschaftlich anerkannt sind. Nach
§ 11 PsychThG können sie ihre Entscheidung dabei in Zweifelsfällen auf ein
Gutachten des WBP stützen.
Unmittelbar nach Inkrafttreten des PsychThG sahen die Länder übereinstimmend
keine Zweifel bei den sog. Richtlinienverfahren (Psychoanalyse, tiefenpsychologisch
fundierte Psychotherapie, Verhaltenstherapie), weshalb diese unmittelbar als solche
anerkannt wurden, in denen die Ausbildung nach dem Gesetz erfolgen konnte.
Der Ausschuss für Gesundheit teilte gegenüber dem Petitionsausschuss mit, dass
der Petition, die im Rahmen des Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der
Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-
Versorgungsstärkungsgesetz – GKV-VSG) beraten wurde, nicht stattgegeben wurde.
Das GKV-VSG wurde vom Deutschen Bundestag am 11.06.2015 beschlossen. Der
GBA wurde danach beauftragt, bis zum 30.06.2016 seine Psychotherapie-Richtlinie
zu überarbeiten, jedoch ist die Zielstellung dieser Überarbeitung die Verkürzung der
Wartezeiten und die Gewährleistung eines niedrigschwelligen, flexiblen und gut
erreichbaren Versorgungszugangs.
Vor dem Hintergrund des Dargelegten vermag der Petitionsausschuss ein weiteres
Tätigwerden nicht in Aussicht zu stellen und empfiehlt daher, das Petitionsverfahren
abzuschließen.
Begründung (pdf)