14/10/2016, 4:23 π.μ.
Pet 2-18-15-2126-018968
Gesundheitsvorsorge
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 22.09.2016 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen entsprochen worden ist.
Begründung
Mit der Petition wird die Einführung einer Impfpflicht abgelehnt.
Zu den Einzelheiten des Vortrags des Petenten wird auf die von ihm eingereichten
Unterlagen verwiesen.
Die Eingabe war als öffentliche Petition auf der Internetseite des Deutschen
Bundestages eingestellt. Es gingen 7.341 Mitzeichnungen sowie
792 Diskussionsbeiträge ein. Weiterhin gingen 22 unterstützende Unterschriften auf
dem Postweg ein.
Zu diesem Thema liegen dem Petitionsausschuss weitere Eingaben mit verwandter
Zielsetzung vor, die wegen Zusammenhangs einer gemeinsamen parlamentarischen
Prüfung zugeführt werden. Der Ausschuss bittet daher um Verständnis, dass nicht
auf alle vorgetragenen Gesichtspunkte eingegangen werden kann.
Der Petitionsausschuss hat zu dem Anliegen eine Stellungnahme der
Bundesregierung eingeholt. Darüber hinaus hat der Ausschuss das Verfahren nach
§ 109 Abs. 1 Satz 2 Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (GO-BT)
eingeleitet und eine Stellungnahme des Gesundheitsausschusses eingeholt, da die
Petition einen Gegenstand der Beratungen in diesem Fachausschuss betrifft. Der
Ausschuss für Gesundheit hat mitgeteilt, dass er Petition in seiner 46. Sitzung am
17.06.2015 beraten hat.
Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung stellt sich unter Berücksichtigung der
Stellungnahme und der Mitteilung des Ausschuss für Gesundheit wie folgt dar:
Schutzimpfungen sind ein effektives Mittel zur Prävention von Infektionskrankheiten.
Sie können nicht nur den Einzelnen vor bestimmten Infektionskrankheiten schützen,
sondern bei hohen Impfquoten auch eine Weiterverbreitung der Krankheiten in der
Bevölkerung verhindern. Dadurch können sie auch zum Schutz von Personen
beitragen, die sich aus Gesundheits- oder Altersgründen nicht oder noch nicht selbst
gegen die Krankheit schützen können (Herdenschutz).
Durch einen international koordinierten Einsatz von Schutzimpfungen können
einzelne Infektionskrankheiten unter Umständen ausgerottet werden. Die Ausrottung
der Pocken weltweit und das Verschwinden der Poliomyelitis in Europa sind hierfür
Beispiele.
Daher besteht ein hohes öffentliches Interesse daran, dass die Bevölkerung über
einen ausreichenden Impfschutz verfügt. Der Staat fördert die Impfprävention durch
vielfältige Maßnahmen, etwa durch öffentliche Information und Aufklärung, durch
Empfehlungen der Ständigen Impfkommission beim Robert Koch-Institut (STIKO),
durch die Regelung von Schutzimpfungen als Pflichtleistungen der gesetzlichen
Krankenversicherung, durch ergänzende Impfangebote des öffentlichen
Gesundheitsdienstes (ÖGD), durch die Erhebung des Impfstatus im Rahmen der
Einschulungsuntersuchungen oder durch die Gewährung einer sozialen
Entschädigung im Fall von Gesundheitsschäden infolge einer öffentlich empfohlenen
Schutzimpfung.
Eine Impfpflicht ist ein weiteres mögliches Instrument zur Erreichung öffentlicher
Impfziele. Sie ist auch grundsätzlich rechtlich zulässig. Das Grundrecht auf
körperliche Unversehrtheit wird durch Artikel 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz nicht ohne
Schranken gewährleistet. Zum Schutz gesundheitlicher Interessen anderer bzw. der
Allgemeinheit wie z.B. zur Abwehr von Seuchengefahren sind gesetzliche Eingriffe in
das Grundrecht möglich. In der Bundesrepublik bestand eine allgemeine Impfpflicht
zuletzt nach dem Gesetz über die Pockenschutzimpfung vorn 18. Mai 1976 (BGBl. I
S. 1216). Die Impfpflicht wurde mit Wirkung vom 01. Juli 1983 aufgehoben, nachdem
die weltweite Eradikation der Pocken festgestellt worden war. Nach den heute in der
Bundesrepublik Deutschland geltenden Gesetzen gibt es keine allgemeine
Impfpflicht mehr. Daher darf eine Schutzimpfung - wie auch ein sonstiger
medizinischer Eingriff - nur vorgenommen werden, wenn die betreffende Person
eingewilligt hat.
In einzelnen Masernausbrüchen wie derzeit in Berlin mit bislang über 1.000
gemeldeten Erkrankungen kommen Defizite im Impfschutz von Teilen der
Bevölkerung zum Ausdruck. Dennoch besteht Aussicht, dass das vorhandene
Instrumentarium verbunden mit verstärkten Anstrengungen des öffentlichen
Gesundheitsdienstes ausreicht, um erforderliche Verbesserungen der Impfquoten zu
erreichen. Dass das auf der Freiwilligkeit der Impfentscheidung beruhende
Instrumentarium weniger in Grundrechte eingreift und grundsätzlich zur Erreichung
der Impfziele geeignet ist, ist bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Einführung
einer Impfpflicht zu berücksichtigen. Um auch lokale Krankheitsausbrüche zu
verhindern und den nötigen Beitrag zur Elimination der Masern zu leisten, sind
allerdings weitere Anstrengungen erforderlich.
Aus der vom Petenten beworbenen Internetseite wird deutlich, dass der Petent sich
nicht lediglich gegen eine Impfpflicht, sondern gegen Schutzimpfungen an sich
ausspricht. Die Zahl der Menschen, die Schutzimpfungen kategorisch ablehnen, ist
bislang nicht so groß, dass die etwa zur Ausrottung der Masern erforderliche
Impfquote nicht erreicht werden könnte. Bislang kann die überwältigende Mehrheit
der Menschen mit Information und Beratung erreicht und vom Nutzen der
Impfprävention überzeugt werden. Auch Ereignisse wie der Ausbruch in Berlin
machen der Öffentlichkeit deutlich, dass die Masern eine sehr hohe
Ansteckungsfähigkeit und einen nicht unbeachtlichen Anteil klinisch schwerer
Verläufe aufweisen. Moderne Masern-Impfstoffe sind demgegenüber allgemein sehr
gut verträglich und bringen sehr selten Komplikationen mit sich.
Vom Deutschen Bundestag wurde am 18.06.2015 das "Gesetz zur Stärkung der
Gesundheitsförderung und der Prävention (Präventionsgesetz - PrävG)"
beschlossen. Eine generelle Impfpflicht sieht das Gesetz nicht vor. Das PrävG
konkretisiert dagegen die Überprüfung und Beratung in Bezug auf den Impfstatus als
Bestandteil der Gesundheitsuntersuchungen für Erwachsene und der
Gesundheitsuntersuchungen für Kinder und Jugendliche. Um eine höhere
Beteiligung an den von der STIKO empfohlenen Schutzimpfungen auch bereits bei
Kindern, die in eine Kindertagesstätte aufgenommen werden, zu erreichen, wird der
Nachweis einer vorherigen ärztlichen Beratung in Bezug auf den Impfschutz
vorgesehen.
Vor dem Hintergrund des Dargelegten vermag der Petitionsausschuss ein weiteres
Tätigwerden nicht in Aussicht zu stellen und empfiehlt daher, das Petitionsverfahren
abzuschließen, weil dem Anliegen entsprochen worden ist.
Begründung (PDF)