Grundsatzfragen zu Rentenversicherungsleistungen - Keine Anhebung des Renteneintrittsalters

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags
173 Unterstützende 173 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

173 Unterstützende 173 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

  1. Gestartet 2016
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Beendet

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

11.09.2017, 13:00

Pet 3-18-11-822-032371

Grundsatzfragen zu
Rentenversicherungsleistungen


Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 16.02.2017 abschließend beraten und
beschlossen:

Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen teilweise entsprochen
worden ist.

Begründung

Mit der Petition soll erreicht werden, dass das Renteneintrittsalter nicht weiter
angehoben wird. Eine Flexibilisierung unseres Rentensystems in Anlehnung an
skandinavische, mehrsäulige Rentensysteme sollte in Erwägung gezogen werden.
Zur Begründung der Petition wird im Wesentlichen ausgeführt, dass es unrealistisch
erscheine, dass Bauarbeiter, Dachdecker, Akkordarbeiter, Personen in Pflegeberufen
mit über 65 Jahren noch ausreichend leistungsfähig seien. Auch sei anzunehmen,
dass durch die Erhöhung des Renteneintrittsalters die Anzahl von Anträgen auf
Erwerbsminderungsrente noch deutlich ansteigen werde. Auf die weiteren
Ausführungen in der Eingabe wird verwiesen.
Es handelt sich um eine Petition, die auf den Internetseiten des Deutschen
Bundestages veröffentlicht wurde und zur Diskussion bereitstand. Der Petition
schlossen sich 194 Mitzeichnende an und es gingen 60 Diskussionsbeiträge ein.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Aspekte wie folgt
zusammenfassen:
In der gesetzlichen Rentenversicherung wurden die Zugangsvoraussetzungen für die
Altersrenten seit ihrem Bestehen immer wieder an die gesellschaftliche Entwicklung
angepasst und speziell die Altersgrenzen geändert. Zuletzt erfolgte eine solche
Anpassung mit dem Gesetz zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die
demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der
gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz) vom 20. April

2007. Vor dem Hintergrund der weiter steigenden Lebenserwartung und sinkender
Geburtenzahlen ist ab dem 1. Januar 2012 die stufenweise Anhebung der
Altersgrenze für die Regelaltersrente von 65 Jahren auf das 67. Lebensjahr
vorgesehen. Die im Jahr 2012 begonnene stufenweise Anhebung der
Regelaltersgrenze von bisher 65 auf 67 Jahre und die entsprechenden Anhebungen
bei den Renten sichern die Leistungskraft des Generationenvertrags auch für die
Zukunft. Die Beitragssatz- und Niveausicherungsziele in der Rentenversicherung
können so bis zum Jahr 2030 eingehalten werden, gleichzeitig wird dem
Fachkräftemangel entgegengewirkt.
Der Petitionsausschuss hebt hervor, dass auf die demografische Entwicklung, die die
gesamte Gesellschaft vor große Herausforderungen stellt, bereits heute reagiert
werden muss. Die erwartete Entwicklung stellt sich gemäß den aktuellen
Bevölkerungsvorausberechnungen des Statistischen Bundesamtes wie folgt dar:
Bei der Altersgruppe der 20- bis 64-Jährigen ist bis zum Jahr 2030 mit einem
Rückgang um 4,5 Mio. auf dann rund 44,8 Mio. Personen zu rechnen. Im selben
Zeitraum wird sich die Zahl der 65-Jährigen und Älteren um fast 5 Mio. auf dann rund
21,8 Mio. Personen erhöhen. Mit der alten Altersgrenze von 65 Jahren wird sich das
Verhältnis der Personen im Rentenalter zu den Personen im erwerbsfähigen Alter, das
heute noch 1:3 beträgt, 2030 dann nur noch auf 1:2 belaufen. Durch die Anhebung der
Altersgrenze auf 67 Jahre wird der Rückgang bei den Menschen im Erwerbsalter und
den Anstieg bei den Menschen im Rentenalter gedämpft. So wird im Jahr 2030 eine
Relation von Menschen im Rentenalter gegenüber Erwerbsalter von 1:2,5 erreicht. Die
Anhebung der Altersgrenze trägt somit erheblich zur Abfederung des demografischen
Wandels bei und wirkt einem drohenden demografisch bedingten Fachkräftemangel
entgegen.
Die Regelungen zur Anhebung der Altersgrenzen stellen zugleich eine zielgerichtete
Antwort auf die zunehmende fernere Lebenserwartung dar, die in den vergangenen
Jahrzehnten stetig gestiegen ist und mit zu einer deutlichen Verlängerung der
Rentenbezugsdauer geführt hat. So hat sich die durchschnittliche Rentenbezugsdauer
in den letzten fünf Jahrzehnten von 9,9 Jahren im Jahr 1960 auf 19,3 Jahre im Jahr
2013 fast verdoppelt. Es wird davon ausgegangen, dass die fernere Lebenserwartung
bis zum Jahr 2030 bei 65-jährigen Männern und Frauen um rund 2 Jahre weiter
anwachsen wird.
Flankierend zum damaligen Beschluss der Altersgrenzenanhebung wurde eine
Verbesserung der Beschäftigungssituation älterer Arbeitnehmerinnen und

Arbeitnehmer eingefordert. So unterstützt das Bundesministerium für Arbeit und
Soziales (BMAS) unter anderem mit seinem Programm „Perspektive 50plus" die
Erhöhung der Erwerbstätigkeit Älterer, indem ältere Langzeitarbeitslose wieder in
reguläre Beschäftigung gebracht werden. Auch im Rahmen der Initiative Neue Qualität
der Arbeit (INQA) fördert das BMAS Aktivitäten, die auf eine Stärkung der
Beschäftigungsfähigkeit und damit auf einen möglichst langen Verbleib der
Arbeitnehmer in der Erwerbstätigkeit abzielen.
Mit der Anhebung der Altersgrenzen und den flankierenden Maßnahmen wird der
Anteil der älteren Beschäftigten künftig weiter erhöht. Die Erwerbstätigenquote der
55- bis 64-Jährigen hat sich in den vergangenen Jahren besonders positiv entwickelt.
Bis 2014 ist sie deutlich auf 65,6 Prozent gestiegen. Das EU 2020-Ziel, nach dem 2020
eine Erwerbstätigenquote der 55- bis 64-Jährigen in Höhe von 60 Prozent angestrebt
wird, hat Deutschland mit 63,5 Prozent bereits im Jahr 2013 überschritten. Gleichwohl
ist der weitere Anstieg der Erwerbstätigkeit Älterer kein Selbstläufer. Vor dem
Hintergrund des demografischen Wandels sind weitere Anstrengungen notwendig.
Soweit mit der Petition eine Flexibilisierung des Rentensystems gefordert wird, wird
dem bereits aktuell durch die flexible Ausgestaltung der Altersgrenzen entsprochen.
So ermöglicht z. B. die Altersrente für langjährig Versicherte mit
35 Versicherungsjahren – mit entsprechenden Abschlägen – weiterhin einen
vorgezogenen Rentenbeginn ab 63 Jahren. Wer nicht mehr arbeiten kann, weil bei ihm
eine Erwerbsminderung eintritt, kann unabhängig vom Alter wie bisher eine
Erwerbsminderungsrente erhalten. Möglich ist es auch, eine Rente erst nach Erreichen
der Regelaltersgrenze in Anspruch zu nehmen, also über dieses Alter hinaus zu
arbeiten.
Eine weitere Möglichkeit zur flexiblen Gestaltung des Übergangs vom Erwerbsleben
in den Ruhestand bietet die Teilrente. Es ist ein wichtiges Anliegen der
Bundesregierung, lebenslaufbezogenes Arbeiten zu unterstützen. Der
Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD für die 18. Legislaturperiode sieht vor,
dass der rechtliche Rahmen für einen gleitenden Übergang vom Erwerbsleben in den
Ruhestand verbessert werden soll.
Die Koalitionsfraktionen haben am 10. November 2015 den Abschlussbericht der
Arbeitsgruppe "Flexible Übergänge in den Ruhestand" vorgelegt. Darin haben sie sich
auf verschiedene Vorschläge für einen flexibleren Übergang vom Erwerbsleben in den
Ruhestand geeinigt. Mit den Vorschlägen soll erreicht werden, dass die Menschen den

Wechsel in den Ruhestand flexibel, selbstbestimmt und ihren individuellen
Lebensentwürfen entsprechend gestalten können.
Zu den Vorschlägen gehört auch ein neues, flexibleres Hinzuverdienst- und
Teilrentenrecht. Die bisher geltenden Regelungen unterstützen das flexible Arbeiten
im Rentenalter nicht ausreichend. Zukünftig soll Hinzuverdienst oberhalb einer Grenze
von 6.300 Euro im Kalenderjahr bis zu einer individuellen Obergrenze stufenlos zu
40 Prozent auf die Rente angerechnet werden. Die individuelle Obergrenze bestimmt
sich dabei nach dem höchsten sozialversicherungspflichtigen Jahreseinkommen der
letzten 15 Kalenderjahre vor dem Renteneintritt. Erst bei Überschreiten der
Obergrenze soll der darüber hinausgehende Hinzuverdienst in voller Höhe auf die
Rente angerechnet werden.
Der Deutsche Bundestag hat am 21. Oktober 2016 das Gesetz zur Flexibilisierung des
Übergangs vom Erwerbsleben in den Ruhestand und zur Stärkung von Prävention und
Rehabilitation im Erwerbsleben (Flexirentengesetz auf Bundestagsdrucksache
18/9787) beschlossen. Es wurde am 8. Dezember 2016 im Bundesgesetzblatt
verkündet (BGBL. I S. 2838). Die Neuregelung des Hinzuverdienstrechts tritt zum
1. Juli 2017 in Kraft.
Der Petitionsausschuss hält die geltende Rechtslage für sachgerecht. Zudem gelangt
er aufgrund der vorangegangenen Ausführungen zu dem Ergebnis, dass das deutsche
Rentenrecht bereits jetzt schon eine Vielzahl von flexibilisierten Elementen bezüglich
des Renteneintrittsaltes bereithält. Allerdings sieht der Petitionsausschuss keine
Möglichkeit, von der stufenweisen Anhebung der Regelaltersgrenze von bisher 65 auf
67 Jahre abzusehen. Daher empfiehlt der Petitionsausschuss, das Petitionsverfahren
abzuschließen, weil dem Anliegen des Petenten teilweise entsprochen worden ist.

Begründung (PDF)


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