14/05/2016 04:22
Pet 3-18-11-2171-021494
Hilfe für Menschen mit Behinderung
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 28.04.2016 abschließend beraten und
beschlossen:
1. Die Petition
a) der Bundesregierung – dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales – als
Material zu überweisen,
b) den Fraktionen des Deutschen Bundestages zur Kenntnis zu geben,
soweit die Einführung einer neuen pauschalierten Geldleistung für Menschen mit
Behinderung im Rahmen des Bundesteilhabegesetzes betroffen ist,
2. das Petitionsverfahren im Übrigen abzuschließen.
Begründung
Der Petent setzt sich für die Einführung der Behindertenpauschale und die
Überprüfung der Steuerfreibeträge für Menschen mit Behinderung (§ 33b
Einkommensteuergesetz - EStG) ein. Die Behindertenpauschale soll sich nach dem
Grad der Behinderung richten und monatlich ausgezahlt werden.
Der Petent legt dar, dass viele Menschen mit Behinderung über kein ausreichendes
Einkommen verfügen könnten und zudem erhöhte behinderungsbedingte Ausgaben
hätten. Die Behinderungspauschale solle einen Beitrag zum Nachteilsausgleich und
dadurch einen Beitrag zur Inklusion leisten. Die Überprüfung der Steuerfreibeträge
(nach § 33b EStG) solle erfolgen, da die Beträge seit 28 Jahren nicht an die aktuellen
wirtschaftlichen Verhältnisse angepasst worden seien.
Zu dieser als öffentliche Petition zugelassenen Eingabe sind 10 Diskussionsbeiträge
und 142 Mitzeichnungen eingegangen. Den Petitionsausschuss erreichte zudem eine
Petition sachgleichen Inhalts, die wegen des Sachzusammenhangs in die
parlamentarische Pürfung mit einbezogen wird. Es wird um Verständnis gebeten,
wenn nicht auf alle der vorgetragenen Aspekte eingegangen werden kann.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
u. a. unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Aspekte
folgendermaßen zusammenfassen:
Soweit der Petent die Einführung einer neuen pauschalierten Geldleistung für
Menschen mit Behinderung vorschlägt (Behindertenpauschale), weist der
Petitionsausschuss darauf hin, dass genau dies unter dem Begriff
‚Bundesteilhabegeld‘ derzeit in der Fachöffentlichkeit und in der Politik diskutiert wird.
Nach dem Koalitionsvertrag für die 18. Legislaturperiode haben sich CDU, CSU und
SPD darauf verständigt, die Leistungen für Menschen, die aufgrund einer wesentlichen
Behinderung in ihren Möglichkeiten eingeschränkt sind, von der Eingliederungshilfe zu
einem modernen Teilhaberecht weiterzuentwickeln. Dabei wird auch die Einführung
eines Bundesteilhabegeldes geprüft. Dies soll Bestandteil des derzeit in Erarbeitung
befindlichen Bundesteilhabegesetzes sein. Das Gesetzgebungsverfahren soll
voraussichtlich im Frühjahr 2016 beginnen. Es wird angestrebt, das
Bundesteilhabegesetz noch im Jahr 2016 zu verabschieden.
Soweit der Petent sich für die Anhebung der steuerlichen Behinderten-Pausch-Beträge
einsetzt, ist Folgendes festzuhalten:
Aufwendungen für die private Lebensführung sind grundsätzlich nach § 12 des EStG
nicht steuerlich abziehbar, sondern können nur in einigen – vom Gesetzgeber genau
bezeichneten – Fällen steuermindernd berücksichtigt werden (außergewöhnliche
Belastungen nach § 33 EStG). Dazu zählen auch krankheits- und
behinderungsbedingte Aufwendungen. Damit behinderte Menschen ihre
behinderungsbedingten Mehraufwendungen (für gewöhnliche und regelmäßig
wiederkehrende Verrichtungen des täglichen Lebens, für Pflege und erhöhten
Wäschebedarf) nicht im Einzelnen nachweisen müssen, besteht die Sonderregelung,
typisierende Pauschbeträge (nach § 33b Absatz 1 bis 3 EStG) in Anspruch nehmen
zu können. Damit hat jeder Mensch mit Behinderung die Wahl, für Aufwendungen
einen nach dem Grad der Behinderung (GdB) gestaffelten Pauschbetrag in Anspruch
zu nehmen oder seinen tatsächlichen behinderungsbedingten Mehraufwand im
Rahmen des § 33 EStG als außergewöhnliche Belastung geltend zu machen.
Den Behinderten-Pauschbetrag erhalten:
- Menschen mit Behinderung mit einem GdB von mindestens 50 Prozent,
- Menschen mit Behinderung mit einem GdB von weniger als 50 Prozent, aber
mindestens 25 Prozent, wenn ihnen wegen der Behinderung Renten oder
andere laufende Bezüge zustehen. Dies gilt auch, wenn das Recht auf Bezüge
ruht oder der Anspruch durch Zahlung eines Kapitals abgefunden wurde, wenn
die Behinderung zu einer dauernden Einbuße der körperlichen Beweglichkeit
führte oder auf einer typischen Berufskrankheit beruht.
Darüber hinaus können Menschen mit einer Geh- und Stehbehinderung mit einem
GdB von mindesten 80 Prozent oder einem GdB von mindestens 70 Prozent plus dem
Merkzeichen „G“ zusätzlich zu den sonstigen Krankheitskosten auch noch ihre
Fahrtkosten (für behinderungsbedingt notwendige Fahrten) für bis zu 3.000 km im Jahr
geltend machen. Das gleiche Anrecht haben außergewöhnlich gehbehinderte
Menschen (Merkzeichen „aG“), blinde und hilflose Menschen für bis zu 15.000 km im
Jahr.
Für bestimmte kostenpflichtige Pflegeleistungen können Menschen mit Behinderung
auch eine Steuerermäßigung nach § 35a EStG geltend machen.
Der Petitionsausschuss macht darauf aufmerksam, dass der Bundesfinanzhof in
seinem Beschluss vom 20. März 2003 (-III B 84/01 -, BFH/NV 2003, 1164-1165)
hinsichtlich des Behinderten-Pauschbetrages Folgendes entschieden hat: Der
Gesetzgeber ist nicht gezwungen, Ausnahmen von dem Grundsatz des
Einzelnachweises, der das Einkommensteuerrecht prägt, zuzulassen. Werden
Aufwendungen Schwerbehinderter (wie in § 33b Absatz 3 EStG) mit bestimmten
Pauschbeträgen steuerlich berücksichtigt, müssen diese Pauschbeträge nicht
regelmäßig an die gestiegenen Lebenshaltungskosten angepasst werden. Eine
entsprechende Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen
(Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Januar 2007, - 2 BvR 1059/03).
Aus Sicht des Petitionsausschusses ist es aufgrund der bestehenden steuerlichen
Erleichterungen für Menschen mit Behinderung nicht erforderlich, die Pauschbeträge
zu erhöhen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass durch die Möglichkeit, die
tatsächlichen Kosten geltend zu machen, jetzt schon Erleichterungen bestehen,
die über die Möglichkeiten der Behinderten-Pauschbeträge weit hinausgehen.
Der Petitionsausschuss sieht es allerdings als richtig und notwendig an, das
vorgetragene Anliegen hinsichtlich der Einführung einer neuen pauschalierten
Geldleistung für Menschen mit Behinderung in die derzeitige Erarbeitung des
Bundesteilhabegesetzes einzubringen. Der Petitionsausschuss empfiehlt daher, die
Petition der Bundesregierung – dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales – als
Material zu überweisen und den Fraktionen des Deutschen Bundestages zur Kenntnis
zu geben, soweit die Einführung einer neuen pauschalierten Geldleistung für
Menschen mit Behinderung im Rahmen des Bundesteilhabegesetzes betroffen ist, und
das Petitionsverfahren im Übrigen abzuschließen.
Begründung (pdf)