12/05/2016 04:23
Pet 3-18-11-2171-021456
Hilfe für Menschen mit Behinderung
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 28.04.2016 abschließend beraten und
beschlossen:
Die Petition
a) der Bundesregierung – dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales – als
Material zu überweisen,
b) den Landesvolksvertretungen zuzuleiten.
Begründung
Der Petent setzt sich dafür ein, dass das derzeitige Feststellungsverfahren zur
Anerkennung eines Grades der Behinderung und eines Merkzeichens und deren
Befristungen durch die Versorgungsämter zu reformieren sind.
Der Petent führt im Einzelnen aus, dass bei einem Erstantrag auf Feststellung des
Grades der Behinderung (GdB) und des entsprechenden Merkzeichens medizinische
Unterlagen eingereicht würden. Das sei auch gerechtfertigt ebenso wie eine erneute
Überprüfung und gegebenenfalls Korrektur bei reversiblen Krankheiten. Entwürdigend
sei jedoch die jährliche Überprüfung bei irreversiblen Krankheiten wie z. B. Autismus,
geistige Behinderung oder ein Nervenschaden. Dies sei nicht verständlich, da diese
Krankheiten nicht verschwinden, und es sei auch menschenunwürdig, da die meisten
der betroffenen Personen schon schwer genug an ihrem Schicksal zu tragen hätten.
Sie würden in regelmäßigen Abständen gedemütigt. Darüber hinaus kritisiert der
Petent auch die Bewertungstabelle zur Feststellung des GdB.
Zu dieser als öffentliche Petition zugelassenen Eingabe sind 73 Diskussionsbeiträge
und 120 Mitzeichnungen eingegangen. Die Diskussion verlief lebhaft und teilweise
kontrovers. Der Petent erhielt auch Unterstützung für sein Anliegen.
Der Petitionsausschuss hat zu der Petition eine Stellungnahme des
Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) eingeholt. Unter Berücksichtigung
der Stellungnahme sieht das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung
folgendermaßen aus:
Die maßgeblichen Vorgaben für eine korrekte und bei gleichen Erkrankungen
einheitliche Bewertung der verschiedenen Auswirkungen von Gesundheitsstörungen
sind in den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen niedergelegt (Anlage zu § 2
Versorgungsmedizin-Verordnung). Sie werden vom BMAS herausgegeben und sind
die Grundlage für die Begutachtung im Schwerbehindertenrecht. Auf dieser Basis wird
die versorgungsärztliche Begutachtung durchgeführt, für die die entsprechenden
Behörden der Bundesländer zuständig sind. Das bedeutet, dass die Durchführung
des Schwerbehindertenrechts allein in der Verantwortung der Länder liegt, soweit
es um die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft, den Grad der Behinderung
und die Anerkennung von Merkzeichen geht. Die zuständigen Landesbehörden
entscheiden auch, ob und gegebenenfalls in welchem zeitlichen Intervall die
Überprüfungen stattfinden. Eine vorgeschriebene jährliche Überprüfung und
Neufeststellung des GdB, wie sie der Petent kritisiert, gibt es nicht. Nach der
Erstfeststellung eines GdB kommt es des Öfteren innerhalb des Zeitraums von einem
Jahr zu einer Nachprüfung, die jedoch dann nicht jährlich wiederholt wird. Oft gilt die
Feststellung des GdB für einen Zeitraum von fünf Jahren. Der Betroffene kann im
Übrigen auch selbst, wenn er es aufgrund von Veränderungen für richtig hält und
ärztliche Attestierung dazu vorliegt, eine Überprüfung des GdB anstoßen.
Sofern sich der Petent kritisch äußert über die Bewertungstabelle zur Feststellung des
GdB, so ist darauf hinzuweisen, dass der GdB nur durch das Ausmaß der
Beeinträchtigung der Teilhabe in allen Lebensbereichen bestimmt ist, nicht durch eine
Diagnose und deren Einordnung in eine Klassifikation. Es geht ausschließlich um die
Auswirkungen einer Funktionsstörung beziehungsweise das Zusammenwirken
mehrerer Funktionsstörungen, wobei es bei mehreren Funktionsstörungen kein
Aufaddieren gibt, sondern das Gesamtbild der zusammenwirkenden
Beeinträchtigungen ausschlaggebend ist.
Der Petent sprach in seiner Petition gezielt irreversible Gesundheitsstörungen wie
Autismus oder geistige Behinderung an, deren Überprüfung er für unsinnig hält. Hierzu
weist der Petitionsausschuss darauf hin, dass alle Gesundheitsstörungen, die in den
Versorgungsmedizinischen Grundsätzen niedergelegt sind, derzeit überprüft werden.
Es handelt sich dabei um eine Maßnahme des Nationalen Aktionsplans (NAP) zur
Umsetzung der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen, die für
Deutschland seit 2009 verbindlich ist und deren Vorgaben 2011 in den NAP gegossen
wurden. Der NAP wird nach und nach innerhalb von zehn Jahren in mehr als 200
Einzelbereichen die Konvention umsetzen. Als ein Teilbereich unter vielen anderen
gehören dazu auch die Versorgungsmedizinischen Grundsätzen. Bei deren
Gesamtüberarbeitung geht es jetzt um die Überprüfung der wissenschaftlichen
Aktualität der Grundsätze und deren Weiterentwicklung unter Berücksichtigung der
medizinischen Forschung.
Der Petitionsausschuss hält es daher für angebracht, die vorliegende Petition der
Bundesregierung – dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales – als Material zu
überweisen und den Landesvolksvertretungen zuzuleiten, damit die Überlegungen des
Petenten in die Überarbeitung der Versorgungsmedizinischen Grundsätzen einfließen
können.
Begründung (pdf)