06/07/2016 12:16
Pet 3-18-05-01-013130
Internationale Verträge und Abkommen
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 02.06.2016 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.
Begründung
Mit der Petition soll erreicht werden, dass sich die Bundesregierung bei der EU-
Kommission für eine Änderung der formellen Zulassungsvoraussetzung bei der
Europäischen Bürgerinitiative (EBI) am Beispiel "STOP TTIP" und "CETA" ausspricht
und eine Zulassung der EBI nicht nur bei Rechtsakten, sondern auch bei
Vorbereitungsakten möglich wird.
Mit der Petition wird kritisiert, dass die EBI mit ihrer Initiative gegen TTIP und CETA
mit fadenscheinigen und fragwürdigen Gründen durch die Europäische Union (EU)
abgelehnt worden sei. Damit werde das einzige friedliche Mittel, das der Bevölkerung
der EU zur Verfügung stehe, unterlaufen. Dies sei ein undemokratischer Akt, den
man schon „kommunistisch“ nennen könne. Ein von der EU selbst geschaffenes
Instrument werde damit de facto wieder abgeschafft. Ein von den Initiatoren
eingeholtes
22-seitiges Rechtsgutachten attestiere ausdrücklich die rechtlich positiven
Voraussetzungen zur Durchführung dieser Europäischen Bürgerinitiative.
Zu weiteren Einzelheiten wird auf die Eingabe hingewiesen.
Zu dieser als öffentliche Petition zugelassenen Eingabe sind 14 Diskussionsbeiträge
und 410 Mitzeichnungen eingegangen.
Der Petitionsausschuss hat auch der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre
Haltung zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung
lässt sich u. a. unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten
Aspekte folgendermaßen zusammenfassen:
Die Stellungnahme des Auswärtigen Amtes – in Abstimmung mit dem
Bundesministerium für Wirtschaft und Energie – legt dar, dass die Rechtsauffassung
der Bundesregierung der Rechtsauffassung der Europäischen Kommission
hinsichtlich der Ablehnung der Registrierung der Europäischen Bürgerinitiative
„STOP TTIP“ - Europäische Bürgerinitiative gegen TTIP und CETA entspricht. Die
Ablehnung war mit Schreiben vom 10. September 2014 an die Organisatoren
folgendermaßen begründet worden:
„Die formellen und materiellen Zulassungsvoraussetzungen einer Europäischen
Bürgerinitiative sind in Art. 11 EUV, Art. 24 AEUV und der Verordnung 211/2011 vom
16. Februar 2011 abschließend geregelt. Gemäß Art. 11 EUV und Art. 2 Abs. 1 der
Verordnung sind Unionsbürgerinnen und Unionsbürger berechtigt, die Initiative zu
ergreifen, wenn es nach ihrer Ansicht eines Rechtsaktes der Union bedarf, um die
Verträge umzusetzen. Insoweit berechtigt Art. 11 EUV – wie auch in Art. 4 Nr. 2 b der
Verordnung präzisiert – lediglich dazu, ein „positives Tun“ der Europäischen
Kommission zu veranlassen in Form eines Vorschlags für einen Rechtsakt. Interne
Vorbereitungsakte, die ihre Wirkung lediglich gegenüber dem ermächtigten bzw.
verpflichteten EU-Organ entfalten (wie etwa Verhandlungsmandate des Rates für die
Kommission), werden nicht vom Anwendungsbereich der Norm erfasst. Zur
Änderung bedürfte es unter anderem einer Änderung des Vertrages über die
Europäische Union.“
Eine Veränderung des Vertrages über die Europäische Union steht derzeit jedoch
nicht auf der Agenda. Im Jahr 2015 gab es mehrere Berichte zur EBI, darunter der
Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat „Über die
Anwendung der Verordnung (EU) Nr. 211/2011 über die Bürgerinitiative“ vom April
2015, in dem zum Ausdruck gebracht wird, dass „weiter Spielraum für
Verbesserungen besteht“ (S. 15 des Berichtes). Weiter wird ausgeführt, dass
„verschiedene Probleme des neuen institutionellen und rechtlichen Rahmens“ (ibid.)
von Interessenträgern aufgezeigt worden seien, die jedoch eher „eher technischer
oder logistischer Natur“ (ibid.) seien.
Hier wird deutlich, dass die vom Petenten kritisierte Ablehnung der Initiative gegen
TTIP und CETA, also gegen die Handelsabkommen mit den USA und Kanada, als
EBI durch die Europäische Union nicht aus „fadenscheinigen und fragwürdigen
Gründen“, wie es in der Petition heißt, erfolgte, sondern weil diese Initiative nicht in
dem für den Anwendungsbereich einer EBI vorgegebenen rechtlichen Rahmen
eingebracht werden kann. Gegenstand einer Initiative darf (gemäß Art. 11 Abs. 4
S. 1 EUV) nur eine Angelegenheit sein, für die die Verträge der Europäischen Union
die Kompetenz geben, d. h. zu der die Kommission befugt ist, einen Vorschlag für
einen Rechtsakt zu machen, der der Umsetzung der Verträge dient. Art. 11 Abs. 4
EUV sagt dazu:
„Unionsbürgerinnen und Unionsbürger, deren Anzahl mindestens eine Million
betragen und bei denen es sich um Staatsangehörige einer erheblichen Anzahl von
Mitgliedstaaten handeln muss, können die Initiative ergreifen und die Europäische
Kommission auffordern, im Rahmen ihrer Befugnisse geeignete Vorschläge zu
unterbreiten, in denen es nach Ansicht jener Bürgerinnen und Bürger eines
Rechtsaktes der Union bedarf, um die Verträge umzusetzen.“
Erfolgreich konnte in diesem Rahmen beispielsweise die EBI „Wasser und sanitäre
Grundversorgung sind ein Menschenrecht! Wasser ist ein öffentliches Gut, keine
Handelsware“ bei der Europäischen Kommission eingebracht werden.
Ausgeschlossen sind jedoch Initiativen zu Angelegenheiten, die über den von den
Verträgen gesetzten Rahmen hinausgehen. Dies gilt auch für die Initiative „STOP
TTIP“, die sich auch gegen CETA richtet.
Die Initiatoren von „STOP TTIP“ haben wegen der Nichtzulassung der gewünschten
EBI am 10. November 2014 Klage gegen die Europäische Kommission vor dem
Europäischen Gerichtshof (EuGH) eingereicht. Während der Dauer des
Klageverfahrens wird die EBI selbstermächtigt, d. h. ohne Zulassung durch die
Kommission, weitergeführt.
Der Petitionsausschuss sieht vor diesem Hintergrund keine Möglichkeit, das
Anliegen zu unterstützen, zumal jetzt der Klageweg beschritten wurde. Der
Petitionsausschuss kann nur empfehlen, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil
dem Anliegen nicht entsprochen werden konnte.
Der von den Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gestellte
Antrag, die Petition der Bundesregierung – dem Auswärtigen Amt – zur Erwägung zu
überweisen und dem Europäischen Parlament zuzuleiten, ist mehrheitlich abgelehnt
worden.
Begründung (pdf)