Kirchenfragen - Strikte Trennung von Kirche und Staat

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Deutschen Bundestag
2.889 Unterstützende 0 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

2.889 Unterstützende 0 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

  1. Gestartet 2009
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Beendet

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

08.06.2017, 13:01

Florian Voss

Kirchenfragen

Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 16.12.2010 abschließend beraten und
beschlossen:

Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.

Begründung

Mit der Petition wird eine striktere Verankerung der Trennung von Kirche und Staat
Laizismus im Grundgesetz begehrt.

In der öffentlichen Petition, zu der 2.889 Mitzeichnungen vorliegen, wird im We-
sentlichen Folgendes ausgeführt:

Ob Lehrerinnen, die wegen des Tragens eines Kopftuchs vor das Bundesverfas-
sungsgericht zögen, oder Schüler, die wegen ihrer Religionsausübung klagten: Im-
mer häufiger kollidiere das Recht auf freie Ausübung der Religion mit dem Grundsatz
der religiösen Neutralität staatlicher Einrichtungen. Diese W idersprüche schürten
förmlich Auseinandersetzungen, bei denen sich stets eine Partei ungerecht behan-
delt fühle.

Religiöse Symbole und Gebräuche sollten daher aus öffentlichen bzw. staatlichen
Gebäuden und Einrichtungen verbannt und steuerrechtliche Vergünstigungen wie
die Kirchensteuer abgeschafft werden. Die Kirche sollte diese in Eigenregie orga-
nisieren.

Die Religionsausübung sollte sich auf das private Umfeld und die entsprechenden
Gotteshäuser beschränken. Das Grundrecht der freien Religionsausübung wäre da-
mit
nicht
verletzt,
da
in verschiedenen Berufsgruppen schon aus ar-
beitsschutztechnischen Gründen die Religionsausübung nicht oder nicht im vollen

Umfang erfolgen werden könne; die Menschen nähmen also schon jetzt Ein-
schränkungen hin, mit denen sie offenbar in der Mehrheit keine Probleme hätten.

Dadurch könne eine Menge an Verwaltungsarbeit eingespart werden. Die Gerichte
hätten sich nicht mehr mit religiösen Forderungen Einzelner auseinanderzusetzen.
Religiöse Institutionen der jeweiligen Konfessionen würden stärker in die Verant-
wortung genommen, eine geeignete Infrastruktur für ihre Anhänger zur Verfügung zu
stellen. Die Kirchen sollten wie reguläre Vereine behandelt werden, in denen allein
die Mitglieder finanziell für alle Belange aufzukommen hätten.

Lediglich in dem Bereich der Gefahrenverhütung, des Rettungsdienstes sowie der
Militärseelsorge erscheine eine Verbindung kirchlicher Organisationen mit öffentli-
chen Einrichtungen zweckmäßig.

Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung stellt sich wie folgt dar:

Die verfassungsrechtlichen Grundlagen für die Beziehung von Staat und Kirche in
der Bundesrepublik Deutschland sind in Artikel 4 Abs. 1 und 2 und Artikel 140
des Grundgesetzes (GG) in Verbindung mit den Artikeln 136 bis 139 und 141 der
Weimarer Reichsverfassung verankert. Diese Normen garantieren die Glaubens-,
Gewissens- und Bekenntnisfreiheit, die Trennung von Staat und Kirche sowie das
Gebot staatlicher Neutralität gegenüber allen Religions- und Weltanschauungsge-
meinschaften.

Dieses Verhältnis zwischen Staat und Religionsgemeinschaften steht in Deutschland
in einer besonderen historischen Kontinuität. Eine grundlegende Änderung des Ver-
hältnisses von Staat, Religion und Religionsgemeinschaften hat seit der Weimarer
Zeit nicht stattgefunden. Es ist nicht durch eine strikte Trennung und Indifferenz (Lai-
zismus) gekennzeichnet, sondern durch ein kooperatives Miteinander. Das bedeutet
auf der einen Seite Unabhängigkeit der Religionsgemeinschaften und Unterwerfung
unter die staatlichen Gesetze, andererseits aber auch die Möglichkeit für die Religi-
onsgemeinschaften, das staatliche Angebot wechselseitiger Kooperation anzuneh-
men.

Dieses kooperative Miteinander von Staat und Religionsgemeinschaften hat sich
nach Ansicht des Petitionsausschusses über die Jahre hinweg für beide Seiten be-

währt. Der Laizismus, wie er in unterschiedlichen Ausprägungen in einzelnen Staa-
ten praktiziert wird, ist demgegenüber kein Garant für ein konfliktfreies Verhältnis
zwischen Staat und Religionsgemeinschaften.

Eine Änderung des Staatskirchenrechts in Deutschland in Richtung auf ein laizisti-
sches Religionsverfassungsrecht ist daher auch heute nicht aktuell und kann vom
Petitionsausschuss verfassungspolitisch nicht unterstützt werden. Zudem würde eine
entsprechende Änderung des Grundgesetzes, wie sie in der öffentlichen Petition ge-
fordert wird, Mehrheiten von zwei Dritteln der Mitglieder des Bundestages und zwei
Dritteln der Stimmen des Bundesrates (Artikel 79 Abs. 2 GG) erfordern, die derzeit
nicht ersichtlich sind.

Der Petitionsausschuss sieht vor diesem Hintergrund keinen Anlass, das mit der öf-
fentlichen Petition verfolgte Anliegen zu unterstützen. Er empfiehlt daher, das Petiti-
onsverfahren abzuschließen.


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