10/27/2016, 04:23
Pet 1-18-09-742-012188
Kontrolle von Kriegswaffen und
sonstigen Rüstungsgütern
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 20.10.2016 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.
Begründung
Mit der Petition wird gefordert, dass ausschließlich Verteidigungswaffen, die weder
tödlich sind noch zu schweren Verletzungen führen, exportiert werden dürfen.
Zu der auf der Internetseite des Deutschen Bundestages veröffentlichten Eingabe
liegen 69 Mitzeichnungen und 13 Diskussionsbeiträge vor. Zudem gingen mehrere
sachgleiche Petitionen ein. Sie werden aufgrund der inhaltlichen Übereinstimmung
einer gemeinsamen parlamentarischen Beratung zugeführt. Es wird um Verständnis
gebeten, dass nicht auf alle der vorgetragenen Aspekte im Einzelnen eingegangen
werden kann.
Zur Begründung des Anliegens wird im Wesentlichen ausgeführt, dass tödliche
Waffen zur Eskalation von Gewalt und Hass beitrügen. Waffen, die an Länder ohne
kriegerische Auseinandersetzungen geliefert würden, gelangten immer wieder in
Krieg führende Länder. Der Einsatz von Verteidigungswaffen ohne „wesentliches“
Gefährdungspotential, wie dies zum Beispiel bei Betäubungswaffen für den
Nahkampf oder bei Raketenabwehrsystemen der Fall sei, bedeute eine neue
technische und strategische Herausforderung. Dieser müsse sich die deutsche
Gesellschaft stellen, wenn sie sich weiterhin an den Werten der Allgemeinen
Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1948
messen lassen wolle. Die Ethikkommision des Deutschen Bundestages könne
darüber entscheiden, welche möglichen leichten Körperverletzungen beim Einsatz
dieser Verteidigungswaffen vertretbar seien.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen und zur Vermeidung von
Wiederholungen wird auf die eingereichten Unterlagen verwiesen.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Ansicht
zu der Eingabe darzulegen. Zudem hat der Ausschuss gemäß § 109 Absatz 1 Satz 2
der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (GOBT) eine Stellungnahme des
Ausschusses für Wirtschaft und Energie des Deutschen Bundestages eingeholt, dem
ein Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, “Eckpunkte für ein
Rüstungskontrollgesetz“ (Bundestagsdrucksache 18/4940), zu diesem Thema vorlag.
Der Deutsche Bundestag hat über den Antrag beraten. Das dazugehörige
Plenarprotokoll 18/109 und die Beschlussempfehlung des Ausschusses
(Bundestagsdrucksache 18/7030) können unter www.bundestag.de eingesehen
werden. Weiterhin liegen in der 18. Legislaturperiode bislang folgende Anträge zu
dem Thema Waffen-/Rüstungsexportverbot vor: Der Antrag der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD „Mehr Transparenz bei Rüstungsexportentscheidungen
sicherstellen“ (Bundestagsdrucksache 18/1334), der Antrag der Fraktion DIE LINKE.
„Waffenexporte in die Golfregion verbieten“ (Bundestagsdrucksache 18/768) sowie
die Anträge der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Keine Rüstungsexporte nach
Saudi-Arabien“ und „Echte Transparenz und parlamentarische Beteiligung bei
Rüstungsexportentscheidungen herstellen“ (Bundestagsdrucksachen 18/576 und
18/1360). Alle genannten Drucksachen sowie die dazugehörigen Plenarprotokolle
sind ebenfalls unter dem o. g. Link einsehbar.
Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich unter Einbeziehung der
seitens der Bundesregierung und der des Wirtschaftsausschusses angeführten
Gesichtspunkte wie folgt zusammenfassen:
Der Petitionsausschuss weist zunächst darauf hin, dass Deutschland eine
zurückhaltende und verantwortungsvolle Rüstungsexportpolitik betreibt, indem es
keine Waffen an Länder liefert, in denen Bürgerkrieg herrscht. Auch Unrechtsregime
erhalten keine Waffen, die zu internen Repressionen gegen die eigene Bevölkerung
eingesetzt werden könnten.
Zu der Forderung, dass nur Verteidigungswaffen exportiert werden dürfen, führt der
Ausschuss aus, ob eine Lieferung von Verteidigungswaffen ohne wesentliches
Gefährdungspotential für Leib und Leben umsetzbar ist, ist schwer zu beantworten.
Schon heute werden aber sogenannte nicht-letale Waffen, wo dies möglich ist,
eingesetzt. Ein generelles Verbot anderer Waffen erscheint zurzeit angesichts der
unterschiedlichen Bedrohungsszenarien nicht umsetzbar.
Darüber hinaus fügt der Ausschuss zu dem Thema Rüstungsexporte folgende
Ausführungen hinzu:
Die verfassungsrechtliche Zuständigkeit für die Genehmigung von Rüstungsexporten
liegt gemäß Artikel 26 Absatz 2 Satz 1 Grundgesetz (GG) bei der Bundesregierung.
Dem Deutschen Bundestag steht in diesem Zusammenhang jedoch ein Frage- und
Informationsrecht gegenüber der Bundesregierung zu, das für die Realisierung der
parlamentarischen Kontrolle der Regierung von großer Bedeutung ist. So muss die
Bundesregierung auf Anfrage grundsätzlich mitteilen, ob ein bestimmtes
Kriegswaffenexportgeschäft genehmigt oder nicht genehmigt worden ist. Darüber
hinausgehende Angaben, etwa zu den Gründen der Entscheidung, sind
verfassungsrechtlich allerdings nicht geboten.
Die Notwendigkeit dieser Begrenzung des Informationsanspruchs ergibt sich aus
dem Gewaltenteilungsprinzip (Artikel 20 Absatz 2 Satz 2 GG) sowie aus Gründen
des Staatswohls und Grundrechten Dritter.
Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Urteil vom
21. Oktober 2014 – 2BvE 5/11) würde die Auskunft über Inhalt und Beratungen im
Bundessicherheitsrat einen erheblichen Eingriff in den Kernbereich der exekutiven
Eigenverantwortung darstellen, so dass insoweit eine parlamentarische Kontrolle
nicht mit Verfassungsrecht vereinbar wäre. Das Bekanntwerden
geheimhaltungsbedürftiger Informationen könnte zudem die außenpolitische
Handlungsfähigkeit der Bundesregierung beeinträchtigen und damit das Staatswohl
gefährden. Die Auskunft der Bundesregierung zu sensiblen Rüstungsexporten stellt
durch die Offenlegung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen der jeweiligen
Rüstungsunternehmen auch einen Eingriff in die Berufsfreiheit des Artikels 12
Absatz 1 GG dar. Dieser Eingriff ist nur insoweit gerechtfertigt, wie die
Bundesregierung Auskunft über die Genehmigungsentscheidung des
Bundessicherheitsrates und die Grunddaten des Kriegswaffenausfuhrgeschäfts gibt.
Aus den genannten Gründen ist die parlamentarische Kontrolle auf bereits
abgeschlossene Genehmigungsentscheidungen beschränkt. Weitergehende
Befugnisse des Deutschen Bundestages wären mit der verfassungsrechtlichen
Zuständigkeitszuweisung nicht vereinbar.
Der Petitionsausschuss betont jedoch, dass die Bundesregierung für die
18. Legislaturperiode festgelegt hat, dass im Hinblick auf Rüstungsexporte mehr
Transparenz gegenüber dem Deutschen Bundestag und damit auch der
Öffentlichkeit geschaffen werden soll, so dass bei abschließenden
Genehmigungsentscheidungen im Vorbereitungsausschuss des
Bundessicherheitsrates sowie im Bundessicherheitsrat künftig eine zeitnahe
Unterrichtung des Deutschen Bundestages gewährleistet sein wird. Über mögliche
Voranfragen, wie auch die Frage, ob ein Antrag auf Genehmigung gestellt worden
ist, informiert die Bundesregierung demgegenüber nicht, da alle Beratungen zu
Rüstungsexporten vor einer abschließenden Genehmigungsentscheidung
Gegenstand der internen Willensbildung der Bundesregierung sind und als solche
dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung unterfallen. Genehmigungen für
Rüstungsgüter, die zu Menschenrechtsverletzungen oder interner Repression
eingesetzt werden können, werden nicht erteilt. Es erfolgt in jedem Fall eine strenge
Einzelfallprüfung.
Vor dem Hintergrund der Ausführungen empfiehlt der Petitionsausschuss, das
Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.
Begründung (PDF)