20/07/2016 4:23
Pet 4-18-07-31051-023323Pfändungsschutz
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 07.07.2016 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.
Begründung
Der Petent fordert, dass bei einer Gehaltspfändung vorrangig die Kontopfändung
genutzt wird und nicht die Pfändung direkt beim Arbeitgeber.
Zur Begründung trägt der Petent im Wesentlichen vor, dies vermeide zusätzlichen und
unnötigen Arbeitsaufwand beim Arbeitgeber und stärke den Datenschutz zugunsten
von Arbeitnehmern.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen wird auf die eingereichten
Unterlagen verwiesen.
Die Eingabe wurde als öffentliche Petition auf der Internetseite des Deutschen
Bundestages eingestellt und dort diskutiert. Sie wurde von 62 Mitzeichnern unterstützt,
und es gingen 29 Diskussionsbeiträge ein.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter anderem unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten
Aspekte wie folgt zusammenfassen:
Zwangsvollstreckung ist Verfahrensrecht zur Durchsetzung des materiellen Anspruchs
eines Gläubigers mit staatlichem Zwang. Der Gläubiger muss sich zur zwangsweisen
Durchsetzung seines Anspruchs staatlicher Hilfe bedienen, weil dem Staat das
Zwangsmonopol zusteht. Da der Anspruchsinhaber zur Verwirklichung seines Rechts
auf die Mitwirkung des Staates angewiesen ist, hat er bei Vorliegen der erforderlichen
Voraussetzungen einen geschützten Anspruch gegen den Staat auf Vollstreckung.
Die Zwangsvollstreckung wegen einer Geldforderung ist möglich in das bewegliche
und in das unbewegliche Vermögen. Zum beweglichen Vermögen gehören körperliche
Sachen, Forderungen (z. B. die Forderung gegen den Arbeitgeber oder die Forderung
gegen die Bank) und andere Vermögensrechte. Das Verfahren ist durch die
Parteiherrschaft des Gläubigers geprägt, die sich aus dem Grundsatz der
Dispositionsmaxime ergibt. Der Gläubiger ist grundsätzlich frei, über
Vollstreckungsbeginn, Vollstreckungsart und die Gegenstände, in die vollstreckt
werden soll, zu bestimmen. Sofern sich aus dem vollstreckbaren Titel keine
Einschränkungen ergeben, ist der Gläubiger berechtigt, in das gesamte Vermögen des
Schuldners zu vollstrecken. Es gibt keine Reihenfolge der Vollstreckungs-
möglichkeiten für einen Gläubiger.
Wird eine Forderung des Vollstreckungsschuldners gepfändet, ist der Schuldner dieser
Forderung als sogenannter Drittschuldner am Vollstreckungsverfahren beteiligt. Bei
der Pfändung des Arbeitseinkommens ist der Arbeitgeber Drittschuldner; bei der
Pfändung des Girokontos ist die Bank oder Sparkasse der Drittschuldner. Es ist
unvermeidlich, dass bei einer Pfändung derjenige, der die Geldforderung zu leisten hat
(Drittschuldner), Kenntnis von der Pfändung und damit auch einer Schuldnerstellung
des Vollstreckungsschuldners erhält. Bis zu einer Pfändung kann der Schuldner weiter
über die Forderung verfügen, diese z. B. abtreten oder verpfänden. Erst die Pfändung
bewirkt das Verbot an den Drittschuldner, an den Schuldner zu zahlen und das Gebot
an den Schuldner, sich jeder Verfügung über die Forderung zu enthalten, § 829
Absatz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO).
Hinzuweisen ist auch auf die Rangfolge bei Pfändungen durch mehrere Gläubiger.
Hier gilt der Prioritätsgrundsatz, d. h. die zeitlich als erste zugestellte Pfändung geht
den übrigen vor, § 804 Absatz 3 ZPO. Durch die zügige Pfändung beim Arbeitgeber
sichert sich der Gläubiger also den Vorrang vor anderen Gläubigern.
Jede (weitere) Einschränkung der Pfändbarkeit von Arbeitseinkommen über
§§ 850 ff. ZPO hinaus hat zu berücksichtigen, dass für den Gläubiger diese
Vollstreckungsmöglichkeit oftmals in Ermangelung pfändbarer Sach- oder
Kontenwerte die einzige Aussicht darstellt, seinen Anspruch durchsetzen zu können.
Das Interesse des Schuldners, die in Lohnabrechnungen enthaltenen, sein
Arbeitsverhältnis betreffenden persönlichen Daten gegenüber Dritten nicht zu
offenbaren, überwiegt grundsätzlich nicht das Vollstreckungsinteresse des Gläubigers
(dazu BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2012 – Az.: VII ZB 50/11). Daher kann auch
das Interesse, gerade dem Arbeitgeber eine Pfändungssituation nicht offenbaren zu
müssen, nicht das Vollstreckungsinteresse des Gläubigers überwiegen.
Der Ausschuss hält die geltende Rechtslage für sachgerecht und vermag sich nicht für
eine Gesetzesänderung im Sinne der Petition auszusprechen.
Der Petitionsausschuss empfiehlt daher, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil
dem Anliegen nicht entsprochen werden konnte.
Begründung (PDF)