17.08.2016 04.23
Pet 2-18-15-8291-012730
Pflegeversicherung
- Leistungen -
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 07.07.2016 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.
Begründung
Mit der Petition wird gefordert, dass bei der Begutachtung zur Feststellung von
Pflegebedürftigkeit auch das Inhalieren von Medikamenten z. B. bei chronisch
Lungenkranken als pflegerischer Hilfebedarf exakt miterfasst werden soll.
Zu den Einzelheiten des Vortrags der Petentin wird auf die von ihr eingereichten
Unterlagen verwiesen.
Die Eingabe war als öffentliche Petition auf der Internetseite des Deutschen
Bundestages eingestellt. Es gingen 62 Mitzeichnungen sowie sechs
Diskussionsbeiträge ein.
Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung stellt sich auf der Grundlage von
Stellungnahmen der Bundesregierung wie folgt dar:
Bei der in der Petition genannten Inhalation von Medikamenten handelt es sich um
eine gezielte Maßnahme zur Behandlung einer Erkrankung, die damit
leistungssystematisch dem Verantwortungsbereich der Krankenversicherung
zuzurechnen ist. Daher ist die Berücksichtigung der Inhalationszeiten als
pflegerischer Hilfebedarf für die Feststellung des Zeitaufwandes zur Klärung der
Pflegebedürftigkeit und der Einstufung in eine Pflegestufe nicht möglich.
Die Leistungsvoraussetzungen der Pflegeversicherung konzentrieren sich - sofern es
sich nicht um die Betreuungsleistungen für Menschen mit erheblich eingeschränkter
Alltagskompetenz nach § 45b SGB XI (Elftes Buch Sozialgesetzbuch) handelt -
bislang ausschließlich auf den Hilfebedarf bei der Grundpflege (Körperpflege,
Ernährung, Mobilität) und der hauswirtschaftlichen Versorgung nach § 14 SGB XI.
Zum 1. Januar 2017 werden ein neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff und ein neues
Begutachtungsinstrument wirksam. Damit erhalten erstmals alle Pflegebedürftigen
gleichberechtigten Zugang zu den Leistungen der Pflegeversicherung unabhängig
davon, ob sie von körperlichen oder psychischen Einschränkungen betroffen sind.
Mit dem neuen Begutachtungsinstrument können die Beeinträchtigungen und die
vorhandenen Fähigkeiten von Pflegebedürftigen genauer erfasst und die individuelle
Pflegesituation in neuen fünf Pflegegraden zielgenauer abgebildet werden. Dieses
Begutachtungsinstrument ist in sechs Bereiche gegliedert, die jeweils mehrere
Kriterien enthalten:
1. Mobilität (z.B. Fortbewegen innerhalb des Wohnbereichs);
2. Kognitive und kommunikative Fähigkeiten (z.B. Verstehen von Sachverhalten
und Informationen);
3. Verhaltensweisen und psychische Problemlagen (z.B. nächtliche Unruhe);
4. Selbstversorgung (z.B. Waschen des vorderen Oberkörpers);
5. Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder
therapiebedingten Anforderungen und Belastungen (z.B. Absaugen und
Sauerstoffgabe);
6. Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte (z.B. Gestaltung des
Tagesablaufs und Anpassung an Veränderungen).
Aufgrund einer Gesamtbewertung aller Fähigkeiten und Beeinträchtigungen in den
o.g. Bereichen erfolgt die Einstufung in einen der fünf Pflegegrade. In den einzelnen
Bereichen werden für jedes erhobene Kriterium je nach Schweregrad der
Beeinträchtigungen Punkte vergeben, zusammengezählt und gewichtet, da die
Bereiche unterschiedlich gewichtet in die Gesamtbewertung einfließen. Der Bereich
"Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten
Anforderungen und Belastungen" wird dabei mit 20% gewichtet.
Mit dem Zweiten Pflegestärkungsgesetz, das zum 1. Januar 2016 in Kraft getreten
ist, wurden die notwendigen gesetzlichen Regelungen für den neuen
Pflegebedürftigkeitsbegriff geschaffen. Das Jahr 2016 dient den Vorarbeiten zur
Einführung des neuen Begutachtungsinstruments in die Praxis der Begutachtung ab
dem 1. Januar 2017, u.a. durch die Anpassung der Richtlinien zur Begutachtung von
Pflegebedürftigkeit (Begutachtungs-Richtlinien) und durch Gutachterschulungen.
Die Begutachtungs-Richtlinien werden vom GKV-Spitzenverband aktualisiert und
2016 dem BMG zur Genehmigung vorgelegt. Darin werden die fachlichen Inhalte zu
den oben beschriebenen einzelnen Bereichen – auch zum Bereich "Bewältigung von
und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen
und Belastungen" – für die Gutachter der Medizinischen Dienste präzisiert und
konkretisiert. Hierzu gehören z.B. auch die Fragen der Berücksichtigung von
Maßnahmen zur Sekretelimination oder der selbständigen Bereitstellung eines
Inhalationsgerätes.
Die Begutachtungs-Richtlinien gelten für alle Anträge zur Feststellung von
Pflegebedürftigkeit, die ab 1. Januar 2017 gestellt werden und bilden die bundesweit
einheitliche Grundlage für alle Begutachtungen durch die Medizinischen Dienste
nach dem SGB XI.
Vor dem Hintergrund des Dargelegten vermag der Petitionsausschuss ein weiteres
Tätigwerden nicht in Aussicht zu stellen und empfiehlt daher, das Petitionsverfahren
abzuschließen.
Begründung (PDF)