14-05-2016 04:23
Pet 3-18-11-8233-022247
Rentenanpassung
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 28.04.2016 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.
Begründung
Der Petent möchte erreichen, dass die zum 1. Juli 2015 beschlossene
Rentenerhöhung überprüft und nach oben korrigiert wird.
Der Petent führt aus, dass die zum 1. Juli 2015 beschlossene Rentenerhöhung um
ca. 1 Prozent niedriger ausfalle, als ursprünglich prognostiziert worden sei. Grund
hierfür sei, dass in die Statistik Menschen mit niedrigem Lohn, so z. B. aus so
genannten 1- Euro-Jobs oder aus Jobs in Behindertenwerkstätten, mit eingeflossen
seien. Dies solle zwar im Jahr 2016 wieder ausgeglichen werden, doch ihm erschließe
sich dieses handeln nicht. Der normale Rentner fühle sich hierdurch betrogen. Auf die
weiteren Ausführungen des Petenten in seiner Eingabe wird verwiesen.
Es handelt sich um eine auf den Internetseiten des Deutschen Bundestages
veröffentlichte Petition, die innerhalb der Mitzeichnungsfrist von 203 Unterstützern
mitgezeichnet wurde und die zu 66 Diskussionsbeiträgen geführt hat.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Aspekte wie folgt
zusammenfassen:
Die Renten werden auf der Grundlage der gesetzlichen Rentenanpassungsformel
jährlich zum 1. Juli angepasst. Die Rentenanpassung orientiert sich dabei an der
Entwicklung der beitragspflichtigen Entgelte der Versicherten, d.h. an den Löhnen, die
auch tatsächlich in der Rentenversicherung verbeitragt werden. Diese Daten, die von
der Deutschen Rentenversicherung Bund ermittelt werden, liegen allerdings nicht
zeitnah vor und können daher erst mit einer Zeitverzögerung von zwei Jahren in der
Rentenanpassungsformel berücksichtigt werden. Um die Rentnerinnen und Rentner
jedoch zeitnah an der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung teilhaben zu lassen,
wird deshalb insbesondere auf die Daten des Statistischen Bundesamts zur
Entwicklung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer nach den
Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR), die zum Zeitpunkt der
Rentenanpassung bereits für das Vorjahr vorliegen, zurückgegriffen.
Das Statistische Bundesamt hat allerdings im Jahr 2014 eine Generalrevision der
Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR) durchgeführt. Generalrevisionen der
deutschen VGR finden etwa alle fünf Jahre statt, um die Berechnungen an neue
Methoden, Klassifikationen und Rahmenbedingungen anzupassen (zuletzt 1999, 2005
und 2011). Folge diese Generalrevision war, dass es zu Korrekturen der statistisch
ausgewiesenen Werte in den VGR rückwirkend über den gesamten Revisionszeitraum
ab 1991 kam.
In diesen Zusammenhang ist hervorzuheben, dass die Generalrevision 2014 in erster
Linie der Implementierung des neuen „Europäischen Systems Volkswirtschaftlicher
Gesamtrechnungen“ (ESVG 2010) diente. Das ESVG 2010 wurde mit der Verordnung
(EU) Nr. 549/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013
eingeführt und nimmt hinsichtlich der Definition der Erwerbstätigen und der
Arbeitnehmer auf die Entschließung der 13. Internationalen Konferenz der
Arbeitsstatistiker (ILO-Definition) Bezug.
Im Zuge der VGR-Generalrevision 2014 wurden u.a. auch die revidierten Ergebnisse
der Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit eingearbeitet, auf denen die
Erwerbstätigenrechnung des Statistischen Bundesamtes hauptsächlich basiert. Deren
neue Abgrenzung ist nun kompatibel zur Definition der Erwerbstätigkeit nach dem
Konzept der internationalen Arbeitsorganisation (ILO).
Durch die VGR-Revision infolge der Revision der Beschäftigungsstatistik vom
September 2014 werden verschiedene Personengruppen nun zusätzlich als
sozialversicherungspflichtig Beschäftigte erfasst. Dabei handelt es sich insbesondere
um behinderte Menschen in anerkannten Werkstätten oder gleichartigen
Einrichtungen sowie um Personen, die ein freiwilliges soziales Jahr, ein freiwilliges
ökologisches Jahr oder einen Bundesfreiwilligendienst leisten. Die Anzahl der
statistisch ausgewiesenen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten fällt dadurch nun
höher aus. Die zusätzlich erfassten Personen beziehen mehrheitlich
unterdurchschnittliche Entgelte, so dass die statistisch ausgewiesenen
durchschnittlichen Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer in den VGR durch die
Revision geringer ausfallen.
Nach geltendem Recht muss bei der Berechnung der Rentenanpassung stets auf die
Werte Bezug genommen werden, die bei der Rentenanpassung des Vorjahres
verwendet wurden. Bei der Rentenanpassung 2015 wird daher bei den VGR-Löhnen
der neu vorliegende revidierte Wert für das Jahr 2014 auf den alten – bereits in der
Vorjahresverordnung verwendeten – unrevidierten Wert für das Jahr 2013 bezogen.
Dieser „Revisionseffekt“ führt zu einer geringeren anpassungsrelevanten
Lohnentwicklung und damit geringeren Rentenanpassung im Umfang von
schätzungsweise rund einem Prozentpunkt. Weil sich die Rentenanpassung aber
– wenn auch zeitverzögert – an der Entwicklung der beitragspflichtigen Entgelte
orientiert, die von der VGR-Revision nicht beeinflusst sind, wird dieser Revisionseffekt
im Folgejahr – quasi „automatisch“ – wieder ausgeglichen. Die Rentenanpassung
2016 wird dadurch um schätzungsweise rund einen Prozentpunkt höher ausfallen.
Vor diesem Hintergrund teilt der Petitionsausschuss nicht die vom Petenten
vorgetragenen Kritik.
Unabhängig hiervon werden, um die aufgrund des demografischen Wandels
entstehenden Belastungen gerecht zwischen Jung und Alt zu verteilen, neben der
Lohnentwicklung noch zwei weitere wichtige Entwicklungen in die Berechnung der
Rentenanpassung einbezogen: Zum einen wird die Veränderung der Aufwendungen
der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beim Aufbau ihrer Altersvorsorge auf die
Anpassung der Renten übertragen (so genannter Faktor
Altersvorsorgeaufwendungen). Zum anderen wird durch den Nachhaltigkeitsfaktor die
Entwicklung des zahlenmäßigen Verhältnisses von Rentnerinnen und Rentnern zu
Beitragszahlerinnen und Beitragszahlern bei der Anpassung der Renten
berücksichtigt.
Der Faktor Altersvorsorgeaufwendungen wirkt sich in diesem Jahr nicht auf die
Rentenanpassung aus, da sich der Beitragssatz in der allgemeinen
Rentenversicherung des Jahres 2014 gegenüber dem 2013 mit 18,9 Prozent nicht
verändert hat und die so genannte „Riester-Treppe“ (Veränderung der Aufwendungen
für die geförderte private Altersvorsorge) bereits 2013 letztmalig zur Anwendung kam.
Der Nachhaltigkeitsfaktor wirkt bei der diesjährigen Rentenanpassung mit
0,01 Prozentpunkten leicht anpassungssteigernd. Darin spiegelt sich zum einen die
sehr erfreuliche wirtschaftliche Entwicklung, insbesondere der Anstieg der
Beschäftigung im vergangenen Jahr wider. Zum anderen sind die Rentenzugänge
gegenwärtig demografisch bedingt noch verhalten. Dies begünstigt das zahlenmäßige
Verhältnis von Rentnerinnen und Rentnern zu Beitragszahlerinnen und
Beitragszahlern.
Im Ergebnis ergibt sich damit zum 1. Juli 2015 in den alten Ländern ein aktueller
Rentenwert von 29,21 Euro. Dies entspricht einer Erhöhung des aktuellen
Rentenwertes um 2,10 Prozent. In den neuen Ländern ergibt sich zum 1. Juli 2015 ein
aktueller Rentenwert (Ost) von 27,05 Euro. Dies entspricht einem Anpassungssatz von
2,50 Prozent. Der aktuelle Rentenwert (Ost) beträgt damit rund 92,6 Prozent des für
die alten Länder maßgeblichen aktuellen Rentenwerts.
Der Petitionsausschuss sieht nach den vorangegangenen Ausführungen keine
Notwendigkeit, das vom Petenten vorgetragene Anliegen nach einer Korrektur der
Rentenanpassung zu unterstützen. Er empfiehlt deshalb, das Petitionsverfahren
abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden konnte.
Begründung (pdf)