14/05/2016, 04:23
Pet 4-18-07-401-021008
Schuldrecht
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 28.04.2016 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.
Begründung
Der Petent fordert, dass ein Darlehensnehmer in jedem Fall nach Ablauf von fünf (oder
weniger) Jahren anstelle von zehn Jahren einen Darlehensvertrag mit gebundenem
Sollzinssatz kündigen kann.
Zur Begründung trägt der Petent im Wesentlichen vor, der Abschluss eines
Darlehensvertrags zur Finanzierung einer Immobilie binde viele Darlehensnehmer
langfristig. Um die Planungssicherheit hierbei zu erhöhen, entschlössen sich viele
Verbraucher für langfristig laufende Darlehen mit gebundenem Sollzinssatz. Durch die
derzeitige Rechtslage, die eine ordentliche Kündigung erst nach zehn Jahren
ermögliche, würden vor allem Darlehensgeber geschützt. Verbraucher hingegen
kämen, wie z.B. im Rahmen der Entwicklung seit 2010, nicht in den Genuss deutlich
gesunkener Zinsen. Das benachteilige die vor Abschluss eines solchen Vertrags meist
unerfahrenen Verbraucher gegenüber Darlehensgebern.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen wird auf die eingereichten
Unterlagen verwiesen.
Die Eingabe wurde als öffentliche Petition auf der Internetseite des Deutschen
Bundestages eingestellt und dort diskutiert. Sie wurde von 73 Mitzeichnern unterstützt,
und es gingen 16 Diskussionsbeiträge ein.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter anderem unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten
Aspekte wie folgt zusammenfassen:
Gemäß § 489 Absatz 1 Satz Nummer 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) kann ein
Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz in jedem Fall nach Ablauf von zehn
Jahren nach vollständigem Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs
Monaten ganz oder teilweise gekündigt werden. Darüber hinaus besteht gemäß
§ 490 Absatz 2 Satz 1 BGB ein außerordentliches Kündigungsrecht, das dem
Darlehensnehmer unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 3 Monaten die
Kündigung eines Darlehensvertrags ermöglicht, bei dem der Sollzinssatz gebunden ist
und das Darlehen durch ein Grund- oder Schiffspfandrecht gesichert ist.
Voraussetzung ist, dass seit dem vollständigen Empfang des Darlehens sechs Monate
abgelaufen sind und es die berechtigten Interessen des Darlehensnehmers gebieten,
den Darlehensvertrag vorzeitig zu kündigen. In den Fällen des § 490 Absatz 2 Satz 1
BGB ist der Darlehensnehmer verpflichtet, dem Darlehensgeber denjenigen Schaden
zu ersetzen, der diesem aus der vorzeitigen Kündigung entsteht
(Vorfälligkeitsentschädigung).
Die Regelungen in § 489 Absatz 1 Nummer 2 und § 490 Absatz 2 Satz 1 BGB führen
dazu, dass Darlehen mit einem gebundenen Festzins von mehr als zehn Jahren vor
dem Ablauf von zehn Jahren und sechs Monaten nur außerordentlich gekündigt
werden können. Eine ordentliche Kündigung vor diesem Zeitpunkt scheidet aus. Um
außerordentlich kündigen zu können, muss dies zudem ein berechtigtes Interesse des
Darlehensnehmers gebieten. Hierfür reicht es jedoch nach einheitlich vertretener
Auffassung nicht aus, dass der Darlehensnehmer nach Abschluss des Vertrages die
Möglichkeit hat, das Darlehen zu günstigeren Konditionen abzuschließen. Diese
Regelungen sind Ausdruck des Grundsatzes der Vertragstreue „pacta sunt servanda“
(„Verträge sind einzuhalten“). Eine weitergehende als die bisher durch die §§ 489
Absatz 1 Nummer 2 und 490 Absatz 2 Satz 1 BGB normierte Abweichung von dem
Grundsatz erscheint nicht geboten.
Die gesetzliche Normierung einer ordentlichen Kündigungsmöglichkeit nach fünf
Jahren erscheint insbesondere deshalb nicht geboten, da sich dies negativ auf das
Angebot von Festzinskrediten mit einer längeren Laufzeit als fünf Jahre auswirken
könnte. Denn Änderungen im Regelungsbereich der ordentlichen Kündigung eines
Kredits mit gebundenen Sollzinssatz oder den hiermit ebenfalls zusammenhängenden
Regelungsbereich der Vorfälligkeitsentschädigung bergen die Gefahr, dass Banken
ihr Angebot an solchen Festzinskrediten reduzieren könnten. Vielen Verbrauchern ist
aber aus Gründen der Planungssicherheit daran gelegen, längere Zinsbindungen
zu vereinbaren.
Verbraucher, die sich nicht so lange binden wollen, finden auf dem deutschen Markt
für Immobilienfinanzierung eine Vielzahl alternativer Darlehensformen vor. So werden
u.a. Darlehen mit variablen Zinssätzen, mit kürzeren Sollzinsbindungsfristen
(z.B. 5 Jahren) oder mit der Möglichkeit, den Kredit teilweise oder vollständig vorzeitig
abzulösen, angeboten. Hiermit kann sich ein Darlehensnehmer vertraglich die
Möglichkeit sichern, nach Ablauf der kürzeren Sollzinsbindungsphase einen neuen
Sollzinssatz zu verhandeln oder sich aus dem Vertrag dadurch zu lösen, dass er seine
Zahlungspflichten aus dem alten Vertrag durch vorzeitige Rückzahlung ohne
Vorfälligkeitsentschädigung erfüllt. Die Preise für diese Produkte unterscheiden sich
jedoch zumeist von langfristigen Festzinskrediten ohne die Möglichkeit der vorzeitigen
Rückzahlung. Festzinskredite mit der Möglichkeit der vorzeitigen Rückzahlung sind
z. B. in der Regel teurer, die vereinbarte vorzeitige Rückzahlung ist dann jedoch
– soweit vertraglich vereinbart – ohne berechtigtes Interesse und
Vorfälligkeitsentschädigung möglich. Es obliegt daher dem Darlehensnehmer vor dem
Abschluss eines Immobiliar-Verbraucherdarlehens genau zu prüfen, welcher Typ
Kredits für ihn voraussichtlich am besten geeignet ist.
Abschließend ist noch darauf hinzuweisen, dass Festzinskredite die Banken nicht
einseitig begünstigen. Denn sie binden beide Vertragsparteien für die vereinbarte
Vertragsdauer. Dies ist auch sachgerecht, weil sich die Darlehensgeber regelmäßig
fristenkongruent refinanziert haben und ihrerseits an diese Refinanzierungsverträge
gebunden sind.
Der Ausschuss hält die geltende Rechtslage für sachgerecht und vermag sich nicht für
eine Gesetzesänderung im Sinne der Petition auszusprechen.
Der Petitionsausschuss empfiehlt daher, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil
dem Anliegen nicht entsprochen werden konnte.
Begründung (pdf)