2017. 01. 19. 3:22
Pet 2-18-08-610-023673
Steuerrecht
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 15.12.2016 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.
Begründung
Die Petentin fordert die Einführung einer 1-Euro-Steuer für Kunst und Kultur.
Zur Begründung wird ausgeführt, die Einführung einer derartigen Steuer erscheine
als geboten, um das Ausbluten von Tanz-, Theater-, Opernhäusern sowie
Musikhochschulen und Museen zu verhindern. Kunst benötige Unterstützung nicht
nur von der Politik, sondern von der Bevölkerung. Die Kultur – die die Kunst mit
einschließe – werde praktisch alltäglich von jedem genutzt und habe aus dieser Sicht
eine wichtige soziale Funktion. Sie vereine Menschen unterschiedlicher Provenienz,
spiegele gesellschaftliche Themen und Probleme wieder und schärfe die
Wahrnehmungsfähigkeit.
Neben der Kirchensteuer weist die Petentin auf die Parallele zum Rundfunkbeitrag
hin. Medien würden von der Mehrheit getragen, weil sie Einrichtungen seien, die für
fast alle Menschen der Gesellschaft einen Nutzen darstellten. Angesichts dessen
könne es nicht hingenommen werden, dass viele kulturelle Einrichtungen vor dem
finanziellen Aus stünden. Angesichts dessen sei eine Ein-Euro-Kunststeuer ein
Symbol und ein wesentliches Signal dafür, dass immer mehr Menschen für die Kunst
sensibilisiert würden. Mit dieser Steuer würde sowohl die Teilhabe am kulturellen
Geschehen steigen wie auch die Überlebenschance des Kunstbetriebs verbessert.
Zu den Einzelheiten des Vortrages wird auf die mit der Petition eingereichten
Unterlagen verwiesen.
Die Eingabe ist auf der Internetseite des Deutschen Bundestages veröffentlicht
worden. Es gingen 26 Mitzeichnungen sowie 34 Diskussionsbeiträge ein.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung genannten Gesichtspunkte wie
folgt zusammenfassen:
Mit Bezug auf das Petitum einer Einführung einer neuen Steuer stellt der
Petitionsausschuss grundlegend fest, dass der Gesetzgeber bei der Einführung
neuer Steuern an die verfassungsrechtlichen Vorgaben gebunden ist. Danach ist die
Einführung einer neuen Steuer nur dann zulässig, soweit sich dieser einer in Artikel
106 Grundgesetz (GG) aufgeführten Steuerart zuordnen lässt, da anderenfalls das
dort geregelte verfassungsrechtliche Ertragsverteilungssystem unterlaufen würde. Ist
dies nicht der Fall, würde die gesetzliche Einführung einer solchen Steuer eine
Änderung des Grundgesetzes erfordern, der eine Klärung über die Zuweisung und
der Gesetzgebungs-, Ertrags- und Verwaltungskompetenz vorausgehen müsste.
Gemäß den Darlegungen der Petentin soll die von ihr geforderte Kunststeuer das
"Ausbluten" von kunstbezogenen Einrichtungen verhindern. Mithin geht es der
Petentin nicht darum, an den Konsum von Kunst und Kultur aus Ausdruck
wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit anzuknüpfen, sondern um die Schaffung einer
zusätzlichen Abgabe in Höhe von 1,00 Euro, die als Symbol gedacht sein soll und
deren Aufkommen ausschließlich für die Förderung von "Kunst und Kultur"
verwendet werden soll. Der Petitionsausschuss stellt fest, dass die im Grundgesetz
aufgeführten Steuerarten für eine Umsetzung dieses Anliegens keinen geeigneten
Anknüpfungspunkt bieten.
Soweit die Petentin auf die Kirchensteuer Bezug nimmt, stellt diese eine auf das
Anliegen nicht übertragbare verfassungsrechtliche Sonderregelung dar. Die
Kirchensteuer findet ihre Grundlage in Artikel 140 GG in Verbindung mit Artikel 137
Abs. 6 Weimarer Reichsverfassung (WRV) und betrifft einen historisch begründeten
Ausnahmetatbestand einer eigenständigen Steuererhebungskompetenz der als
Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannten Religionsgemeinschaften
ausschließlich gegenüber ihren Mitgliedern. Soweit die Petentin weiterhin den
Rundfunkbeitrag als Parallele anführt, unterstreicht der Petitionsausschuss, dass
dieser zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erhoben wird und für
diesen eine Gegenleistung (Programmangebot) erbracht wird. Daher stellt der
Rundfunkbeitrag keine Steuer, sondern eine Vorzugslast dar.
Der Petitionsausschuss weist weiterhin darauf hin, dass die von der Petentin
vorgeschlagene Zweckbindung einer sogenannten Kunststeuer aus grundsätzlichen
Erwägungen kritisch zu betrachten ist. Generell sind Steuern das wichtigste
Finanzierungsinstrument des Staates zur Wahrnehmung seiner hoheitlichen
Aufgaben. Nach § 7 Haushaltsgrundsätzegesetz (HGrG) und § 8
Bundeshaushaltsordung (BHO) gilt für die Verwendung von Steuereinnahmen
vielmehr der sogenannte Grundsatz der Gesamtdeckung (die Gesamtheit aller
Einnahmen des Staates dient zur Finanzierung sämtlicher Ausgaben unseres
Gemeinwesens). Dazu zählen insbesondere die Ausgaben für die soziale Sicherung,
die innere und die äußere Sicherheit, aber auch die Finanzierung von Bildung,
Gesundheit und Verkehrsinfrastruktur. Steuern sind Beiträge zum Gemeinwesen.
Eine Zweckbindung von Steuern kommt daher grundsätzlich nicht in Betracht.
Des Weiteren weist der Petitionsausschuss darauf hin, dass die Förderung der Kultur
nach der verfassungsmäßigen Aufgabeverteilung gemäß Artikel 30 GG grundsätzlich
eine Angelegenheit der Länder ist. Der Bund kann hier nur unter besonderen
eingeschränkten Voraussetzungen ergänzend tätig werden. Unter dieser Prämisse
steht die Förderung von Kunst und Kultur durchaus im Mittelpunkt der Kulturpolitik
des Bundes. Durch die Unterstützung zahlreicher Einrichtungen und Projekte sichert
die Bundesregierung den Erhalt des kulturellen Erbes und sorgt mit dafür, dass
Kunst und Kultur sich entfalten können. Die steuerliche Förderung kultureller Zwecke
unterstützt diese Zielsetzungen. Sie leistet ihren Beitrag dazu, gemeinnützige
Einrichtungen und Organisationen zu fördern, Kunstschaffende zu unterstützen und
möglichst vielen Menschen Zugang zu allen Formen von Kunst und Kultur zu
ermöglichen.
In einer Vielzahl von Steuergesetzen sind steuerliche Sonderregelungen und
Erleichterungen zur Förderung von Kunst und Kultur vorgesehen. Die
Vergünstigungen und Befreiungen gelten unter bestimmten Voraussetzungen sowohl
für Einrichtungen, die zum Wohle der Allgemeinheit wirken, als auch für Spender und
Förderer. Aber auch Mitwirkende und Nutzer werden begünstigt. Zielsetzung aller
Regelungen ist es, den Menschen einen möglichst breiten Zugang zu allen Formen
von Kunst und Kultur zu ermöglichen. Dieser Grundgedanke spiegelt sich in den
jeweiligen Sonderregelungen wieder. Exemplarisch sei hier auf das
Umsatzsteuerrecht verwiesen, in dem sich kulturpolitische Zielsetzungen in Form von
Steuerbefreiungen und Steuerermäßigungen widerspiegeln.
Nach dem Dargelegten kann der Petitionsausschuss insgesamt nicht in Aussicht
stellen, im Sinne des von der Petentin vorgetragenen Petitums zur Einführung einer
Kunststeuer tätig zu werden. Er empfiehlt daher, das Petitionsverfahren
abzuschließen.
Begründung (PDF)