Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung - Änderung des § 176 Abs. 1 und 5 Strafgesetzbuch (Sexueller Missbrauch von Kindern)

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags
137 Unterstützende 137 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

137 Unterstützende 137 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

  1. Gestartet 2018
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Beendet

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

29.05.2019, 04:26

Pet 4-19-07-4512-002830 Straftaten gegen die sexuelle
Selbstbestimmung

Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 11.04.2019 abschließend beraten und
beschlossen:

Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen teilweise entsprochen
worden ist.

Begründung

Mit der Petition werden härtere Strafen für sexuellen Missbrauch von Kindern
gefordert. Die zu erwartende Freiheitsstrafe soll nicht unter 5 Jahren betragen, es soll
Sicherungsverwahrung angeordnet werden können und ein Kontaktverbot
ausgesprochen werden sowie ein Verbot für Berufe, mit deren Ausübung ein Kontakt
mit Personen unter vierzehn Jahren verbunden ist.

Zur Begründung der Petition wird insbesondere ausgeführt, dass geständige Täter für
Taten nach § 176 Strafgesetzbuch (StGB) häufig lediglich eine Bewährungsstrafe von
2 Jahren erhielten. Was der Täter dem oder den missbrauchten Kindern angetan hätte,
würde dabei außer Acht gelassen. Die Wahrscheinlichkeit von Wiederholungstaten sei
sehr hoch. Das Strafsystem sei an dieser Stelle zu schwach.

Die Eingabe wurde als öffentliche Petition auf der Internetseite des
Petitionsausschusses eingestellt. Sie wurde von 136 Mitzeichnern unterstützt.
Außerdem gingen 8 Diskussionsbeiträge ein.

Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung
zu der Thematik darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter anderem unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten
Aspekte wie folgt zusammenfassen:

Der sexuelle Missbrauch von Kindern ist in § 176 Absatz 1 StGB mit einer
Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bedroht. In besonders schweren
Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr zu erkennen
(§ 176 Absatz 3 StGB). Ist die sexuelle Handlung mit einem Eindringen in den Körper
verbunden, stellt die Tat einen schweren sexuellen Missbrauch von Kindern dar,
welcher gemäß § 176a Absatz 2 Nummer 1 StGB mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei
Jahren bestraft wird. Wird das Kind bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
durch die Tat in die Gefahr des Todes gebracht, beträgt die Mindeststrafe
Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren (§ 176a Absatz 5 StGB). Verursacht der Täter
durch den sexuellen Missbrauch wenigstens leichtfertig den Tod des Kindes, so ist die
Strafe gemäß § 176b StGB lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter
10 Jahren.

In § 176 Absatz 5 StGB wird das Anbieten von Kindern zum Missbrauch und das
Verabreden zum Missbrauch unter Strafe gestellt. Die Norm sieht für die
Tathandlungen des Anbietens von Kindern (Variante 1), des Versprechens des
Nachweises (Variante 2) sowie des Verabredens zum Missbrauch (Variante 3) einen
Strafrahmen von drei Monaten bis zu fünf Jahren vor. Der gesetzliche Strafrahmen der
Norm bleibt damit konsequenterweise in geringem Umfang hinter dem Strafrahmen
des § 176 Absatz 1 StGB zurück, da hier eine Vorbereitungshandlung unter Strafe
gestellt wird und die konkrete Rechtsgutsverletzung noch nicht eingetreten ist.

Der Gesetzgeber hat den Strafgerichten nach Auffassung des Petitionsausschusses
mit den dargestellten Straftatbeständen ein strafrechtliches Instrumentarium zur
Verfügung gestellt, welches ihnen ermöglicht, die Täter abhängig vom konkreten
Einzelfall jeweils tat- und schuldangemessen zu bestrafen.

Die vom Petenten geforderte Sicherungsverwahrung von Tätern, die sich wegen
sexuellen Missbrauchs von Kindern gemäß § 176 StGB strafbar gemacht haben, ist
bereits nach geltendem Recht möglich. So gehört § 176 StGB zu den Straftaten gegen
die sexuelle Selbstbestimmung, die grundsätzlich taugliche Vor- und Anlasstaten für
die Anordnung der Sicherungsverwahrung sind (vgl. § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1
Buchstabe a StGB), wobei bereits zwei Taten für eine solche Anordnung ausreichend
sein können (vgl. § 66 Absatz 3 StGB). Bei besonders schweren Verbrechen, die zu
einer Verurteilung von mindestens fünf Jahren Freiheitsstrafe führen, kann darüber
hinaus schon bei einem Ersttäter die Anordnung des Vorbehalts der
Sicherungsverwahrung in Betracht kommen (vgl. § 66a Absatz 2 StGB). In allen Fällen
ist aber - zu Recht - die Feststellung notwendig, dass der Täter infolge eines Hanges
zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch
oder körperlich schwer geschädigt werden, für die Allgemeinheit gefährlich ist oder
- beim Vorbehalt - dies zumindest wahrscheinlich ist (vgl. § 66 Absatz 1 Satz 1
Nummer 4, § 66a Absatz 2 Nummer 3 StGB). Dieses gesetzliche Instrumentarium ist
ausreichend, um einen angemessenen Schutz der Allgemeinheit vor gefährlichen
Wiederholungstätern auch dann zu ermöglichen, wenn diese ihre Freiheitsstrafe
bereits vollständig verbüßt haben.

Insoweit wird dem Anliegen also bereits durch die geltende Rechtslage entsprochen.

Entsprechend dem vom Petent vorgebrachten Begehren besteht nach geltendem
Recht auch die Möglichkeit der Verhängung gerichtlicher Kontaktverbote.

Im Rahmen der Führungsaufsicht kann das Gericht gemäß § 68b Absatz 1
Satz 1 Nummer 3 StGB für die Dauer der Führungsaufsicht oder eine kürzere Zeit den
Verurteilten anweisen, zur verletzten Person keinen Kontakt aufzunehmen. Dabei tritt
die Führungsaufsicht nach § 68f Absatz 1 StGB bereits kraft Gesetzes bei jedem
Verurteilten ein, der wegen einer Sexualstraftat wie § 176 StGB eine Freiheitsstrafe
von mindestens einem Jahr vollständig verbüßt hat. Darüber hinaus kann das Gericht
bei einer solchen Straftat bereits ab einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs
Monaten im Urteil Führungsaufsicht anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass der
Verurteilte zukünftig weitere Straftaten begehen wird (§ 68 Absatz 1 in Verbindung mit
§ 181b StGB).

§ 56c Absatz 2 Nummer 3 StGB sieht die Verhängung eines entsprechenden
Kontaktverbotes im Rahmen des Bewährungsbeschlusses vor.

Auch insoweit wird dem Anliegen daher bereits durch die geltende Rechtslage
entsprochen.

Zudem kann das Opfer unter den in § 1 des Gewaltschutzgesetzes (GewSchG)
genannten Voraussetzungen beim Familiengericht eine zivilrechtliche
Schutzanordnung gegen den Täter selbst beantragen. Das Familiengericht ordnet die
im Einzelfall erforderlichen Maßnahmen an und kann dabei insbesondere
Näherungs- und Kontaktverbote aussprechen. Handelt der Täter einer
familiengerichtlichen Anordnung zuwider, kann er sich nach § 4 GewSchG strafbar
machen.

Die Forderung des Petenten, ein Berufsverbot zu verhängen, ist ebenfalls bereits nach
geltender Rechtslage gemäß § 70 StGB unter folgenden Voraussetzungen möglich:
Zum einen muss es sich um eine Tat handeln, die der Betroffene unter Missbrauch
seines Berufs oder Gewerbes oder unter grober Verletzung der mit ihnen verbundenen
Pflichten begangen hat. Zum anderen muss eine Gesamtwürdigung des Täters und
seiner Tat die Gefahr erkennen lassen, dass er bei weiterer Ausübung des Berufs,
Berufszweiges, Gewerbes oder Gewerbezweiges erhebliche rechtswidrige Taten der
bezeichneten Art begehen wird. Das Berufsverbot kann für die Dauer von einem Jahr
bis zu fünf Jahren ausgesprochen werden. Ist zu erwarten, dass die gesetzliche
Höchstfrist zur Abwehr der von dem Täter drohenden Gefahr nicht ausreicht, kann das
Berufsverbot für immer angeordnet werden (§ 70 Absatz 1 Satz 2 StGB). Solange es
wirksam ist, darf der Täter den Beruf, den Berufszweig, das Gewerbe oder den
Gewerbezweig auch nicht für einen anderen ausüben oder durch eine von seinen
Weisungen abhängige Person für sich ausüben lassen.

Darüber hinaus ist es möglich, wegen Kindesmissbrauch verurteilten Straftätern im
Rahmen der Bewährungsüberwachung und der Führungsaufsicht die erneute
Kontaktaufnahme mit Kindern und Jugendlichen zu untersagen.

Auch insoweit wird dem Anliegen daher bereits durch die geltende Rechtslage
entsprochen.

§ 72a des Achten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VIII) verbietet im Übrigen den
Trägern der öffentlichen Jugendhilfe, für die Wahrnehmung der Aufgaben in der
Kinder- und Jugendhilfe Personen zu beschäftigen oder zu vermitteln, die rechtskräftig
wegen einer Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung, wegen Verletzung der
Fürsorge- und Erziehungspflicht, Misshandlung von Schutzbefohlenen und
verschiedener Straftaten gegen die persönliche Freiheit verurteilt worden sind. Zu
diesem Zweck sollen sie sich bei der Einstellung oder Vermittlung und in regelmäßigen
Abständen von den betroffenen Personen ein Führungszeugnis nach dem
Bundeszentralregistergesetz vorlegen lassen. Zudem sollen die Träger der
öffentlichen Jugendhilfe sicherstellen, dass unter ihrer Verantwortung auch keine
derartige Person neben- oder ehrenamtlich in Wahrnehmung von Aufgaben der
Kinder- und Jugendhilfe Kinder oder Jugendliche beaufsichtigt, betreut, erzieht oder
ausbildet oder einen vergleichbaren Kontakt hat. Insbesondere sollen die Träger der
öffentlichen Jugendhilfe durch Vereinbarungen mit den Trägern der freien Jugendhilfe
entsprechend sicherstellen, dass diese keine derartigen Straftäter beschäftigen.
Schließlich ermöglicht es die Regelung in § 30a Bundeszentralregistergesetz
Einrichtungen bzw. Privatpersonen auch außerhalb der Jugendhilfe, von ihren
haupt- oder ehrenamtlichen Mitarbeitern bzw. Angestellten, die im Rahmen ihrer
Tätigkeit Kontakt zu Minderjährigen haben (z.B. Trainer in Sportvereinen,
Tagesmutter), vor Aufnahme der Tätigkeit ein erweitertes Führungszeugnis zu
verlangen.

Vor dem Hintergrund des Dargelegten kann der Petitionsausschuss ein weiteres
Tätigwerden nicht in Aussicht stellen.

Der Petitionsausschuss empfiehlt daher, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil
dem Anliegen teilweise entsprochen worden ist.

Der von der Fraktion der AfD gestellte Antrag, die Petition der Bundesregierung – dem
Bundesministerium für Arbeit und Soziales – als Material zu überweisen, soweit es um
die Einheitlichkeit der Rechtsprechung bei der Bewertung sozialen oder hier
strafrechtlich relevanten Verhaltens geht, und das Petitionsverfahren im Übrigen
abzuschließen, ist mehrheitlich abgelehnt worden.

Begründung (PDF)


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