18.11.2016, 03:23
Pet 1-18-12-9204-012017
Straßenpersonenverkehr
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 10.11.2016 abschließend beraten und
beschlossen:
Die Petition
1. der Bundesregierung – dem Bundesministerium für Verkehr und digitale
Infrastruktur – als Material zu überweisen, soweit es um die flächendeckende
Einführung digitaler Kontrollgeräte geht,
2. das Petitionsverfahren im Übrigen abzuschließen.
Begründung
Mit der Petition wird vorgeschlagen, alle Busse mit digitalen Kontrollgeräten
auszustatten und die Fahrer zu verpflichten, während der Lenktätigkeit ihre
Fahrerkarte zu stecken.
Zu dieser Petition, die auf der Internetseite des Deutschen Bundestages
veröffentlicht wurde, liegen dem Petitionsausschuss 69 Mitzeichnungen und fünf
Diskussionsbeiträge vor. Es wird um Verständnis gebeten, dass nicht auf jeden
Aspekt gesondert eingegangen werden kann.
Zur Begründung des Anliegens wird im Wesentlichen ausgeführt, in der aktuellen
Debatte über Fernlinienbusse werde oft darauf hingewiesen, dass Busfahrer nicht
ausgeruht seien. Tatsächlich könne es sein, dass ein Busfahrer an zwei Tagen auf
einem Linienbus fahre und er dabei seine Fahrerkarte nicht zu stecken brauche.
Fahre er am darauffolgenden Tag einen Fernbus, weise seine Fahrerkarte
unzutreffenderweise eine ausreichende Ruhezeit auf. Um einen Missbrauch der
Sozialvorschriften zu vermeiden und die Verkehrssicherheit zu erhöhen, sollten
daher auch Busse zur Fahrgastbeförderung mit digitalen Kontrollgeräten für die
Nutzung der Fahrerkarte ausgerüstet werden. Darüber hinaus sollten im Frontbereich
der Busse drei farbige LED-Leuchten für mehr Sicherheit montiert werden. Mit einer
grünen Leuchte solle gezeigt werden, dass die Arbeitszeit/Lenkzeit des Fahrers in
Ordnung sei, mit gelb leuchtenden, dass der Fahrer nach eine Warnung des digitalen
Kontrollgerätes innerhalb der nächsten Viertelstunde seine vorgeschriebene Pause
zu machen habe und ein rotes Licht solle schließlich anzeigen, dass der Fahrer seine
Lenkzeit überschritten habe. Entsprechend sollten diese drei farbigen Außenleuchten
an allen gewerblichen Fahrzeugen auch an Front und Heck angebracht werden, so
dass schnelle Kontrollen der Lenkzeiten möglich wären.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen und zur Vermeidung von
Wiederholungen wird auf die eingereichten Unterlagen verwiesen.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Ansicht
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Aspekte wie folgt
zusammenfassen:
Der Petitionsausschuss weist zunächst darauf hin, dass Fahrer von Fahrzeugen zur
Beförderung von mehr als neun Personen einschließlich des Fahrers Lenkzeiten,
Fahrtunterbrechungen und Ruhezeiten nach den Bestimmungen der Artikel 5 bis 9
der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 einhalten müssen, sofern sie nicht im
Linienverkehr bis 50 km Linienlänge verwendet werden. Für die Aufzeichnung der
genannten Zeiten sind Kontrollgeräte nach Anhang I (analoge Kontrollgeräte) oder
Anhang I B (digitale Kontrollgeräte) der Verordnung (EWG) 3821/85 zu verwenden.
Wenn ein Fahrer ein Fahrzeug lenken will, das mit einem digitalen Kontrollgerät
ausgestattet ist, muss er im Besitz einer auf ihn ausgestellten Fahrerkarte sein und
diese vorschriftsmäßig benutzen. Fahrer, die Fahrzeuge fahren, die mit einem
analogen Kontrollgerät ausgestattet sind, müssen zur Aufzeichnung ihrer Lenk- und
Ruhezeiten Schaublätter („Tachoscheiben") benutzen und diese bei Kontrollen für
die vorausgegangenen 28 Tage vorlegen. Da ein Abgleich beider Systeme nicht
stattfindet, ist das Problem einer Überschreitung der Ruhezeiten aus Sicht des
Ausschusses daher durchaus möglich.
Im Linienverkehr bis 50 km verwendete Fahrzeuge sind häufig bereits vom Hersteller
mit einem Kontrollgerät nach Anhang I oder Anhang I B der Verordnung (EWG)
Nr. 3821/85 ausgerüstet. In diesen Fällen hat der Fahrer auch bei einem solchen
Fahrzeug die Einhaltung seiner Lenk- und Ruhezeiten sowie Fahrtunterbrechungen
mittels Schaublättern oder Fahrerkarte aufzuzeichnen und bei Kontrollen
nachzuweisen.
Im Übrigen müssen Fahrer nach § 20 Fahrpersonalverordnung bei einer Kontrolle für
den Zeitraum der vorangegangenen 28 Tage Nachweise über die Tage vorlegen, an
denen sie erkrankt waren, sich im Urlaub befanden, aus anderen Gründen kein
Fahrzeug gelenkt oder ein Fahrzeug gelenkt haben, bei dem eine Nachweispflicht
nicht besteht. Insofern ist diesem mit der Petition vorgetragenem Anliegen bereits
entsprochen worden.
Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) teilte dem
Ausschuss mit, dass es mit Ausnahme weniger theoretischer Einzelfälle
ausgeschlossen ist, dass ein Fahrer unter der Woche einen Linienbus lenkt, ohne
seine Fahrtätigkeit in irgendeiner Art aufzeichnen zu müssen, und am Wochenende
einen Fernverkehrsbus fährt, obwohl er stattdessen eine Ruhezeit einlegen müsste.
Zum weiteren Vorschlag, zur Kontrolle der Lenk- und Ruhezeiten durch Fahrgäste
bzw. durch Kontrollpersonal, von außen sowohl im Innenraum als auch an Front und
Heck des Fahrzeugs farbige Leuchten anzubringen, stellt der Ausschuss Folgendes
fest:
Die Anbauvorschriften zur Fahrzeugbeleuchtung werden international harmonisiert in
Genf erarbeitet und sind in der UN-Regelung Nr. 48 zu finden. Diese werden von der
Europäischen Kommission übernommen und müssen von allen EU-Mitgliedstaaten
angewandt werden. Demzufolge ist ein deutscher Alleingang bei lichttechnischen
Fahrzeugvorschriften nicht möglich. Einem einheitlichen Erscheinungsbild wird dabei
eine hohe Bedeutung beigemessen. Demnach wurde grundsätzlich festgelegt, dass
in der Regel weiß nach vorne, gelb zur Seite und rot nach hinten ausgestrahlt wird.
Zur nachträglichen Ausrüstung mit lichttechnischen Einrichtungen an Fahrzeugen
enthält die Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) die rechtlichen
Grundlagen in § 49a und § 30. Danach dürfen nur bauartgenehmigte Leuchten
angebaut werden und die Innenbeleuchtung darf die Sicht des Fahrzeugführers wie
auch die Sicht auf die Instrumente nicht beeinträchtigen. Sie ist so anzuordnen, dass
kein direktes Licht nach außen dringen kann. Dringt trotzdem Licht nach außen,
dürfen die vorgeschriebenen lichttechnischen Einrichtungen und der
Begegnungsverkehr nicht beeinträchtigt werden. Auf keinen Fall darf weißes Licht
nach hinten abgestrahlt werden.
Vor diesem Hintergrund und um mögliche Verwechslungen mit anderen Lichtzeichen
im Straßenverkehr in jedem Falle zu vermeiden, ist die vorgeschlagene
Kontrollvorrichtung außen am Fahrzeug nach Einschätzung des
Petitionsausschusses nicht geeignet, die Straßenverkehrssicherheit zu erhöhen.
Auch eine im Inneren des Fahrzeugs angebrachte Vorrichtung erscheint dem
Ausschusses nicht sinnvoll, da dem Fahrer bereits jetzt durch das digitale
Kontrollgerät mit einem akustischen oder optischen Hinweis signalisiert wird, dass es
Zeit zur Einlegung einer Fahrtunterbrechung oder einer Ruhezeit ist.
Bei beiden Vorschlägen ergeben sich außerdem weitere Fragen: Zum einen ließe
sich kaum begründen, warum Leuchten zur Überwachung von Lenk- und Ruhezeiten
sinnvoll sein sollen. Es ist auch nicht sicher, ob sie bei verschiedenen
Lichtverhältnissen effektiv wirken. Zum anderen ist nicht absehbar, welche
Auswirkungen das Aufleuchten der gelben oder roten Leuchten im Hinblick auf
Handlungspflichten (von Passagieren und anderen Verkehrsteilnehmern),
Haftungsfragen, grenzüberschreitenden Verkehr etc. hat.
Abschließend stellt der Ausschuss fest, dass durch die derzeit verwendeten
Kontrollgeräte nicht nur eine im konkreten Moment begangene Verletzung der Lenk-
und Ruhezeiten angezeigt wird. Sie ermöglichen auch, die Einhaltung der Lenk- und
Ruhezeiten für die vorangegangenen 28 Tage zu kontrollieren und ggf. festgestellte
Verstöße gerichtsfest zu ahnden. Da jedoch ein Abgleich der analogen und digitalen
Kontrollsysteme nicht stattfindet, ist das Problem einer Überschreitung der
Ruhezeiten aus Sicht des Ausschusses durchaus möglich.
Vor diesem Hintergrund empfiehlt der Petitionsausschuss daher, die Petition der
Bundesregierung – dem BMVI – als Material zu überweisen, soweit es um die
flächendeckende Einführung digitaler Kontrollgeräte geht, und das Petitionsverfahren
im Übrigen abzuschließen.
Begründung (PDF)