06.07.2016 12:17
Pet 1-18-12-9204-010691
Straßenpersonenverkehr
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 09.06.2016 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.
Begründung
Mit der Petition wird gefordert, dass keine Maut auf Straßen im grenznahen Raum
eingeführt wird.
Zu dieser Petition, die auf der Internetseite des Deutschen Bundestages
veröffentlicht wurde, liegen 71 Mitzeichnungen und 31 Diskussionsbeiträge vor.
Darüber hinaus liegen dem Petitionsausschuss weitere sachgleiche Eingaben vor.
Sie werden einer gemeinsamen parlamentarischen Prüfung unterzogen. Es wird um
Verständnis gebeten, dass nicht auf alle der vorgetragenen Gesichtspunkte im
Einzelnen eingegangen werden kann.
Zur Begründung des Anliegens wird im Wesentlichen angeführt, dass der grenznahe
Raum seit jeher strukturschwächer sei als andere Regionen. Durch die Einführung
der Pkw-Maut würde der Grenzverkehr stark abnehmen und damit Einkäufer aus
Nachbarländern sowie Tagestouristen ausbleiben. Die Maut würde eine weitere
Schwächung des grenznahen Raumes bedeuten. Zudem wirke die Maut entgegen
des Grundgedankens eines freien Europas und behindere den Austausch unter den
Nationen. Daher solle über Ausnahmen in den Grenzregionen oder über die
Einführung einer europäischen Maut nachgedacht werden.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen und zur Vermeidung von
Wiederholungen wird auf die eingereichten Unterlagen verwiesen.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Ansicht
zu der Eingabe darzulegen. Zudem hat der Ausschuss gemäß § 109 Absatz 1 Satz 2
der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (GOBT) eine Stellungnahme des
Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur des Deutschen Bundestages
eingeholt, dem ein Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur
Einführung einer Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bundesfernstraßen
(Bundestagsdrucksachen 18/3990 und 18/4455) und ein Antrag der Fraktion
DIE LINKE. – Keine Einführung einer Pkw-Maut in Deutschland –
(Bundestagsdrucksache 18/806), vorlagen. Alle Drucksachen sowie die
dazugehörigen Protokolle der Plenardebatten des Deutschen Bundestages
(Bundestagsdrucksachen 18/88 und 18/98) können unter www.bundestag.de
eingesehen werden. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich unter
Einbeziehung der seitens der Bundesregierung und der des Verkehrsausschusses
angeführten Gesichtspunkte wie folgt zusammenfassen:
Der Petitionsausschuss weist einführend auf Folgendes hin: In Deutschland muss
wesentlich mehr in den Erhalt sowie in den Aus- und Neubau der Verkehrswege
investiert werden, um den hohen Standard des deutschen Infrastrukturnetzes
aufrechtzuerhalten und den prognostizierten Verkehrszuwachs im Personen- und
Güterverkehr bewältigen zu können. Durch die Ausweitung der Nutzerfinanzierung
können größere Unabhängigkeit von der Haushaltslage des Bundes und mehr
Planungssicherheit für die Finanzierung von dringend erforderlichen Investitionen in
die Verkehrsinfrastruktur erlangt werden.
Das Gesetz zur Einführung einer Infrastrukturabgabe für die Benutzung von
Bundesfernstraßen beinhaltet die Einführung einer Pkw-Maut in Form einer
Infrastrukturabgabe, die Halter von im Inland zugelassenen Pkw und Wohnmobilen
für die Nutzung von Bundesautobahnen und Bundesstraßen zu entrichten haben.
Das Gesetz ist am 12. Juni 2015 in Kraft getreten. Aufgrund der Eröffnung eines
Vertragsverletzungsverfahrens durch die EU-Kommission verzögert sich die
Umsetzung der Infrastrukturabgabe.
Vorsorglich weist der Ausschuss daraufhin, dass der Rechtsstreit eine geraume Zeit
in Anspruch nehmen kann. Erst nach Klärung des Rechtsstreits mit der EU-
Kommission (KOM) wird es zur Ausschreibung und Vergabe des
Infrastrukturabgabesystems kommen. Beides wird derzeit vorbereitet, um danach
zügig mit der Implementierung beginnen zu können.
Zu der Forderung des Petenten, grenznahe Gebiete von der Pflicht zur
Infrastrukturabgabe zu befreien, weist der Petitionsausschuss darauf hin, dass Halter
von nicht in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Pkw und Wohnmobilen
nur auf der BAB abgabepflichtig sind. Sie können zwischen einer Vignette für zehn
Tage, zwei Monate oder einem Jahr wählen und sie über das Internet buchen.
Zusätzlich ist die Einbuchung an Vertriebsstellen, z. B. an Tankstellen, möglich. Die
Nutzer können den Vignettenkauf somit ihrem jeweiligen Nutzungsverhalten
anpassen und haben dabei faire Wahlmöglichkeiten.
Der Ausschuss ergänzt, dass gerade in den Grenzregionen die Jahresvignetten eine
verhältnismäßig günstige Alternative darstellt, was die Erfahrungen in deutschen
Grenzgemeinden zu Österreich und der Schweiz zeigen. Die wirtschaftlichen,
kulturellen und alltäglichen Beziehungen werden nur in geringem Umfang
beeinträchtigt werden. Hierfür sprechen auch die geplanten moderaten Preise für die
Vignetten, wonach die Jahresvignette im Schnitt etwa so teuer sein wird wie in
Österreich und anderen Nachbarländern. Im Vergleich zu anderen Streckennetzen
ist die in Deutschland geplante Infrastrukturabgabe für einige Fahrzeughalter sogar
deutlich günstiger bei einem wesentlich größeren Streckennetz. Der Besitzer eines
nach 2009 zugelassenen Kleinwagens mit Benzinmotor und 1,2 Litern Hubraum
müsste beispielsweise nur 24 Euro als Infrastrukturabgabe zahlen. In Österreich
kann vergleichsweise zu diesem Preis eine Zweimonats-Vignette erworben werden.
Zu der Forderung, eine europäische Lösung anzustreben, weist der Ausschuss
darauf hin, dass es aktuell keine konkreten Pläne der KOM für die Einführung einer
europäischen Maut gibt.
Allerdings gibt es innerhalb der KOM Bestrebungen, zukünftig eine einheitliche
europaweite Maut für Lkw und Pkw einzuführen. Ausgangspunkt dieser
Überlegungen ist der unterschiedliche Umgang mit Straßenbenutzungsgebühren und
die Uneinheitlichkeit von bestehenden Mautsystemen in den EU-Ländern. Die
abstrakten Pläne sehen eine streckenbezogene Erhebung vor und es soll den
Mitgliedsstaaten frei stehen, ob die Abgaben tatsächlich eingetrieben werden, oder
ob darauf verzichtet wird. Der Ausschuss weist darauf hin, dass diese Pläne
unabhängig von dem Gesetz zur Einführung einer Infrastrukturabgabe für die
Benutzung von Bundesfernstraßen in der Bundesrepublik Deutschland bestehen.
Vor dem Hintergrund der Ausführungen empfiehlt der Petitionsausschuss im
Ergebnis seiner Prüfung, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen
nicht entsprochen werden konnte.
Begründung (pdf)