18.10.2016 04.23
Pet 1-18-12-9204-019930
Straßenpersonenverkehr
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 22.09.2016 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.
Begründung
Mit der Petition wird gefordert, die geplante Infrastrukturabgabe nicht einzuführen und
stattdessen den Zugang zum Öffentlichen Personennahverkehr mit günstigen Tarifen
zu ermöglichen.
Zu dieser Petition, die auf der Internetseite des Deutschen Bundestages veröffentlicht
wurde, liegen dem Petitionsausschuss 159 Mitzeichnungen und
26 Diskussionsbeiträge vor. Es wird um Verständnis gebeten, dass nicht auf jeden
Gesichtspunkt gesondert eingegangen werden kann.
Zur Begründung des Anliegens wird im Wesentlichen vorgetragen, dass mit der
geplanten Infrastrukturabgabe weiterhin der Straßenbau gefördert werde, nicht jedoch
der Ausbau des Schienennetzes und des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV).
In Anbetracht des Klimawandels, der zukünftigen Ölknappheit sowie dem hohen
Verkehrsaufkommen sei dies der falsche Weg. Daher werde gefordert, die Infrastruktur
des öffentlichen Verkehrs nachhaltig zu verbessern. Durch den Ausbau des Schienen-
und Busverkehrs würden vor allem ländliche Gegenden mobiler und attraktiver
gestaltet werden. Den Bürgerinnen und Bürger sollten günstige Tickets zur Nutzung
des ÖPNV sowie sämtlicher Mobilitätssysteme wie Fahrradstationen oder Car-Sharing
angeboten werden. Dadurch könnten die Kosten für Ticketautomaten und Kontrolleure
eingespart werden. Die freigewordenen Parkplätze könnten zu Grünflächen
umgewandelt werden. Andere Länder, wie beispielsweise die Schweiz, hätten solche
Bürgertickets bereits erfolgreich eingeführt.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Gesichtspunkte wie
folgt zusammenfassen:
Der Petitionsausschuss hält zunächst fest, dass der ÖPNV ein lokales und regionales
Geschäft ist. Nutzen und Realisierbarkeit alternativer Tarifmodelle, wie etwa die
Einführung eines günstigen „Bürgertickets“, sollten dementsprechend grundsätzlich
bei den Ländern und Kommunen bewertet werden.
Ungeachtet dessen weist der Ausschuss darauf hin, dass die Nutzung des ÖPNV
mittels günstiger „Bürgertickets“ eine Abkehr von der Nutzerfinanzierung darstellen
würde, dies könnte den ohnehin schon strukturell unterfinanzierten ÖPNV zusätzlich
schwächen. Vielmehr erscheint es sinnvoller, die Einnahmen aus dem Verkauf der
Fahrscheine zur Deckung der laufenden Kosten zu verwenden und darüber hinaus in
neue Strecken und Verknüpfungen zu investieren, damit der ÖPNV noch
kundenorientierter wird und eine immer bessere Qualität bietet. Solch ein
„Bürgerticket“ könnte auch dem originären ökonomischen Anreiz der
Verkehrsunternehmen zuwiderlaufen, Fahrgäste zu befördern und zufriedenzustellen.
Zu den angesprochenen Mobilitätssystemen ergänzt der Ausschuss, dass das Car-
Sharing in der Regel ein von Wirtschaftsunternehmen im Wettbewerb erbrachtes
Mobilitätsangebot ist, das die öffentliche Hand nicht selbst erbringt und daher auch
nicht günstig zur Verfügung stellen kann. Auch die vermehrt in Städten und
Gemeinden entstehenden Fahrradstationen sind zumeist von Wirtschaftsunternehmen
angebotene Leistungen. Sie ergänzen kommunale Strukturen und verbreitern das
Angebot im Nahverkehrsbereich.
Im Übrigen gelten die für den ÖPNV genannten Argumente sowohl für das Car-Sharing
als auch für die Fahrradstationen.
Das Gesetz zur Einführung einer Infrastrukturabgabe für die Benutzung von
Bundesfernstraßen beinhaltet die Einführung einer Pkw-Maut in Form einer
Infrastrukturabgabe, die Halter von im Inland zugelassenen Pkw und Wohnmobilen für
die Nutzung von BAB und Bundesstraßen zu entrichten haben. Das Gesetz ist am
12. Juni 2015 in Kraft getreten. Aufgrund der Eröffnung eines
Vertragsverletzungsverfahrens durch die EU-Kommission verzögert sich die
Umsetzung der Infrastrukturabgabe.
Vorsorglich weist der Ausschuss daraufhin, dass der Rechtsstreit eine geraume Zeit
in Anspruch nehmen kann. Erst nach Klärung des Rechtsstreits mit der EU-
Kommission wird es zur Ausschreibung und Vergabe des Infrastrukturabgabesystems
kommen. Beides wird derzeit vorbereitet, um danach zügig mit der Implementierung
beginnen zu können.
Die Ausweitung der Nutzerfinanzierung in Form einer Infrastrukturabgabe ist ein Schritt
im Rahmen der Investitionsoffensive des Bundesverkehrsministeriums zur
Modernisierung der Verkehrsinfrastruktur. Deshalb sieht das
Infrastrukturabgabegesetz vor, dass die Einnahmen aus der Infrastrukturabgabe nach
Abzug der Systemkosten, dem Verkehrshaushalt zugeführt und in vollem Umfang
zweckgebunden für die Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur verwendet werden.
Hierdurch wird eine größere Unabhängigkeit vom Bundeshaushalt erreicht und mehr
Planungssicherheit für die Finanzierung von dringend erforderlichen
Verkehrsinfrastrukturinvestitionen geschaffen.
Bei der Festlegung der Höhe der Infrastrukturabgabe wurde dem Schadstoffausstoß
mit Blick auf den Umweltschutz der als notwendig erachtete Stellenwert eingeräumt.
In diesem Sinne tragen z. B. die höheren Infrastrukturabgabensätze für
Dieselfahrzeuge den höheren Umweltkosten der Dieselmotoren Rechnung, die im
Vergleich zu Benzinfahrzeugen einen deutlich höheren Ausstoß an Stickoxiden und
Rußpartikeln aufweisen. Daher sind auch besonders schadstoffarme Elektrofahrzeuge
von der Pflicht zur Zahlung der Abgabe befreit. Dementsprechend werden Anreize zum
Fahren schadstoffarmer Fahrzeuge geschaffen.
Der Petitionsausschuss empfiehlt vor dem Hintergrund seiner Ausführungen, das
Petitionsverfahren abzuschließen, da dem Anliegen nicht entsprochen werden konnte.
Der von den Fraktionen DIE LINKE. und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gestellte
Antrag, die Petition der Bundesregierung zur Berücksichtigung zu überweisen, ist
mehrheitlich abgelehnt worden.
Begründung (PDF)