2016. 10. 20. 4:22
Pet 1-18-12-9213-025575
Straßenverkehrs-Ordnung
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 29.09.2016 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen entsprochen worden ist.
Begründung
Mit der Petition werden zeitlich befristete Rollstuhlplaketten für Personen, die
vorübergehend auf die Nutzung eines Rollstuhls angewiesen sind, gefordert.
Zu der auf der Internetseite des Deutschen Bundestages veröffentlichten Eingabe
liegen dem Petitionsausschuss 92 Mitzeichnungen und 10 Diskussionsbeiträge vor.
Es wird um Verständnis gebeten, dass nicht auf alle der vorgetragenen
Gesichtspunkte im Einzelnen eingegangen werden kann.
Zur Begründung des Anliegens wird im Wesentlichen ausgeführt, in Fällen, in denen
eine Person durch einem Unfall für einige Wochen bzw. Monate an den Rollstuhl
gefesselt sei, könne sie keine Rollstuhlplakette erhalten und dürfe die
Behindertenparkplätze nicht nutzen. Die Plakette gelte erst bei einer Behinderung
von mehr als sechs Monaten. So sei es beispielsweise bei einem komplizierten
Beinbruch schwierig, mit einem gestreckt eingegipsten Bein auf einem regulären
Parkplatz zurechtzukommen.
Um Wiederholungen zu vermeiden, wird im Hinblick auf die weiteren Einzelheiten zu
dem Anliegen auf die eingereichten Unterlagen verwiesen.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Ansicht
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Gesichtspunkte
wie folgt zusammenfassen:
Zunächst hält der Ausschuss fest, dass Behindertenparkplätze auf der Grundlage der
Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) in der Regel durch die Richtzeichen 314 (Parken)
oder 315 (Parken auf Gehwegen) mit dem Zusatzzeichen „Rollstuhlfahrersymbol"
angeordnet werden. Sie dürfen grundsätzlich nur von schwerbehinderten Menschen
mit außergewöhnlicher Gehbehinderung, blinden Menschen (Merkzeichen „aG" bzw.
„Bl" im Schwerbehindertenausweis), Menschen mit beidseitiger Amelie oder
Phokomelie oder mit vergleichbaren Funktionseinschränkungen benutzt werden.
Nach § 1 des Neunten Sozialgesetzbuchens (SGB IX) sind Menschen behindert,
wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit
hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter
typischen Zustand abweicht und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft
beeinträchtigt ist.
Der Grad der Behinderung wird durch das zuständige Versorgungsamt festgestellt.
Bei Vorliegen der o. g. Voraussetzungen kann von der zuständigen örtlichen
Straßenverkehrsbehörde der einheitliche (blaue) Europäische Parkausweis erteilt
werden, der zur Nutzung von Behindertenparkplätzen berechtigt.
Vorübergehende Krankheiten, wie das mit der Petition angesprochene „Gipsbein",
sind keine derartigen Behinderungen. Der Wunsch zur Nutzung von
Behindertenparkplätzen durch bestimmte Personengruppen wurde bereits mehrfach
an den Petitionsausschuss herangetragen. So etwa von gehbehinderten Menschen
(Merkzeichen „G"), einseitig oberschenkelamputierten Menschen, Menschen, die auf
die Nutzung von Rollatoren angewiesen sind, Schwangeren etc.
Der Ausschuss muss jedoch darauf hinweisen, dass die StVO grundsätzlich
privilegienfeindlich (Artikel 3 Grundgesetz – GG)ist. Besondere Bevorrechtigungen
von Personen können nur zum Zweck des Nachteilausgleichs aufgenommen
werden. So beispielsweise im Fall der Gewährung von Parksonderrechten für
Schwerbehinderte. Würde man allen Personengruppen, die ein Interesse an der
Nutzung von Behindertenparkplätzen vorweisen können, die Benutzung von
Behindertenparkplätzen ebenfalls zubilligen, würde sich der Kreis der Berechtigten
um ein Vielfaches erhöhen. Die Konsequenz wäre, dass das Parkraumangebot zu
Lasten derjenigen, die am dringendsten auf die Nutzung von Behindertenparkplätzen
angewiesen sind, verringert würde.
Abschließend weist der Petitionsausschuss darauf hin, dass die Durchführung der
StVO wegen der im GG verankerten Kompetenzverteilung in die Zuständigkeit der
Landesbehörden fällt, die diese Aufgabe als eigene Angelegenheit wahrnehmen
(Artikel 83, 84 GG). Nach § 46 Absatz 1 Nummer 11 StVO können die
Straßenverkehrsbehörden der Länder in bestimmten Einzelfällen bereits Ausnahmen
von mit Richtzeichen angeordneten Verkehrsverboten genehmigen.
Die mit der Petition geforderte gesetzliche Möglichkeit, Behindertenparkplätze bei
Erkrankung nutzen zu dürfen, ist in der StVO durch die Möglichkeit der Erteilung
einer Ausnahmegenehmigung also bereits enthalten.
Vor diesem Hintergrund empfiehlt der Petitionsausschuss, das Petitionsverfahren im
abzuschließen, weil dem Anliegen entsprochen worden ist.
Begründung (PDF)