Umsatzsteuer - Spezifische Regelung der Umsatzsteuer für Sachspenden an soziale Organisationen

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags

78 Unterschriften

Der Petition wurde teilweise entsprochen

78 Unterschriften

Der Petition wurde teilweise entsprochen

  1. Gestartet 2016
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Teilerfolg

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

Neuigkeiten

21.11.2019, 03:22

Pet 2-18-08-6120-030235 Umsatzsteuer

Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 24.10.2019 abschließend beraten und
beschlossen:

Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen teilweise entsprochen
worden ist.

Begründung

Mit der Petition wird gefordert, die Umsatzsteuer für Sachspenden an soziale
Organisationen entweder abzuschaffen, stark zu reduzieren oder zeitlich begrenzt
auszusetzen.

Zur Begründung wird ausgeführt, seit dem Einsetzen der starken Flüchtlingswelle im
September 2015 reichten die klassischen Container-Sammlungen für die sozial
bedürftigen Bürger und Asylbewerber nicht mehr aus. "Kleiderkammern", "Tafeln"
und Existenzhilfevereine seien gezwungen, Ressourcen aus Industrie und Handel zu
erschließen. Hilfsbedürftige Deutsche und Asylbewerber im Erstaufnahmelager
träten immer stärker zueinander in Konkurrenz.

Festzustellen sei hierbei, dass die Spendenbereitschaft der angesprochenen Firmen
ständig sinke, und zwar dies oft verbunden mit dem Hinweis auf die steuerrechtliche
Situation. Es sei für Unternehmen noch immer preiswerter, Kleidung, Nahrungsmittel,
Schuhe oder Kosmetik jährlich im Umfang von mehreren Milliarden Euro zu
vernichten, als sie zu spenden. Auch das BMF-Schreiben vom 22.09.2015 stelle
keine Hilfe in Aussicht. In diesem Schreiben werde die Ablehnung der Änderung der
Umsatzsteuer mit der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (MWStSystRL) der
Europäischen Union aus dem Jahre 2006 begründet. Hingegen wendeten andere
EU-Mitgliedstaaten reduzierte Umsatzsteuersätze für Sachspenden an.

Zu den Einzelheiten des Vorbringens wird auf die mit der Petition eingereichten
Unterlagen verwiesen.

Die Eingabe ist auf der Internetseite des Deutschen Bundestages veröffentlicht
worden. Es gingen 78 Mitzeichnungen sowie 15 Diskussionsbeiträge ein.
Zu diesem Thema liegen dem Petitionsausschuss zwei weitere Eingaben mit
verwandter Zielsetzung vor, die wegen des Sachzusammenhangs einer
gemeinsamen parlamentarischen Prüfung zugeführt werden. Der Ausschuss bittet
daher um Verständnis, dass nicht auf alle vorgetragenen Gesichtspunkte
eingegangen werden kann.

Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Gesichtspunkte
wie folgt zusammenfassen:

Die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder haben sich bei der Frage
der umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von Lebensmittelspenden an Tafeln und
vergleichbare Organisationen auf eine Lösung im Billigkeitswege verständigt.
Demzufolge wird es seitens der Finanzverwaltung nicht beanstandet, wenn bei der
unentgeltlichen Abgabe von Lebensmitteln kurz vor Ablauf des
Mindesthaltbarkeitsdatums oder der Verkaufsfähigkeit als Frischware, die aus
mildtätigen Gründen erfolgt, von einer Umsatzbesteuerung abgesehen wird.
Voraussetzung ist, dass hierfür keine Zuwendungsbestätigung für Spendenzwecke
ausgestellt wird. Die Regelung ist in allen offenen Fällen anzuwenden. Mit dieser
bundeseinheitlichen Regelung wird dem vor allem aus dem politischen Raum an die
Bundesregierung herangetragenen Petitum entsprochen, die Spendenbereitschaft
weiterhin zu fördern und damit das gemeinnützige Handeln verschiedener mildtätiger
Organisationen auch zukünftig zu unterstützen. Die gefundene Regelung steht im
Einklang mit den unionsrechtlichen Bestimmungen. Die Bemessungsgrundlage im
Fall einer unentgeltlichen Wertabgabe bemisst sich entsprechend den Vorgaben
nach Art. 74 MWStSystRL nach dem (insoweit fiktiven) Einkaufspreis zum Zeitpunkt
des Umsatzes (Hingabe der Spende). Dieser fiktive Einkaufspreis entspricht damit in
der Regel dem Wiederbeschaffungspreis zum Zeitpunkt der Spende, wobei
entsprechende Wertentwicklungen im Zeitraum zwischen Herstellung (bzw.
Anschaffung) und Spende zu berücksichtigen sind. Handelt es sich bei den
gespendeten Gegenständen um Produkte, welche vernichtet werden müssten oder
aufgrund von erheblichen Materialfehlern nur schwer zu verkaufen wären, ist ein
entsprechend geringerer Marktpreis als Bemessungsgrundlage zugrunde zu legen.
Auch die Europäische Kommission weist in ihrer EU-Leitlinie für
Lebensmittelspenden darauf hin, dass die Spenden von Lebensmitteln an
Lebensmittelbanken und andere Wohltätigkeitsorganisationen nicht durch steuerliche
Barrieren gehindert werden sollten und empfiehlt, bei der Festlegung des
Mehrwertsteuersatzes für Lebensmittelspenden den Wert der Waren je nach
Umständen und je nach Zustand zum Zeitpunkt der Spende anzupassen.

Anders ist die umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Sachspenden zu beurteilen,
die – anders als in der Regel Lebensmittelspenden – im Zeitpunkt der Abgabe noch
werthaltig sind. Eine generelle Umsatzsteuerbefreiung würde im Ergebnis auf eine
Steuerbefreiung vor Steuerabzug hinauslaufen: auf der Endstufe würde nicht
besteuert werden, der Vorsteuerabzug aber bliebe erhalten. Ein solcher Ansatz ist
ohne eine Änderung der MWStSystRL nicht möglich, da diese für die Mitgliedstaaten
verpflichtend ist. Es ist nicht bekannt, dass die Europäische Kommission plant, von
ihrem alleinigen Initiativrecht Gebrauch zu machen und einen entsprechenden
Richtlinienänderungsvorschlag vorzulegen, dem der Rat einstimmig zustimmen
müsste.

Die Besteuerung soll dazu dienen, den Unternehmer mit einem Endverbraucher
gleichzusetzen. So bleiben Privatpersonen, die Sachspenden leisten, bei einer
Spende mit Umsatzsteuer "belastet", da sie einen Gegenstand spenden, den sie in
der Regel mit Umsatzsteuer erworben haben. Dem Unternehmer steht hingegen bei
der Anschaffung des Gegenstandes grundsätzlich der Vorsteuerabzug zu, wodurch
dieser effektiv nur mit dem Netto-Einkaufspreis belastet wird. In Bezug auf
Sachspenden kompensiert damit die Besteuerung als unentgeltliche Wertabgabe
lediglich den vorher geltend gemachten Vorsteuerabzug und führt im Vergleich zum
Endverbraucher zu keiner steuerlichen Mehrbelastung.

Angesichts dessen ist ein genereller Verzicht auf die Besteuerung von
Sach-/Warenspenden von Unternehmen angesichts der eindeutigen gesetzlichen
Vorgaben nicht möglich. Auf den vom Spender verfolgten Zweck kommt es bei der
Beurteilung einer möglicherweise bestehenden Besteuerungspflicht grundsätzlich
nicht an. Wie sich ein Unternehmer angesichts des gesetzlich vorgegebenen
Rahmens im konkreten Fall entscheidet (vernichten oder spenden), obliegt allein
seiner gesamtgesellschaftlichen Verantwortung.

Vor diesem Hintergrund empfiehlt der Ausschuss, das Petitionsverfahren
abzuschließen, weil dem Anliegen teilweise entsprochen worden ist.

Begründung (PDF)


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