12.05.2016 04.23
Pet 3-18-30-221-022684
Wissenschaft und Forschung
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 28.04.2016 abschließend beraten und
beschlossen:
1. Die Petition der Bundesregierung – dem Bundesministerium für Bildung und
Forschung – zu überweisen, soweit gefordert wird, Publikationen, die aus
Steuermitteln finanziert wurden, öffentlichen Institutionen kostenfrei zugänglich
zu machen,
2. das Petitionsverfahren im Übrigen abzuschließen.
Begründung
Mit der Petition wird gefordert, eine staatliche Stelle einzurichten, die das Ziel hat,
wissenschaftliche Publikationen, die mit öffentlichen Mitteln finanziert wurden, zu
sammeln, zu archivieren und öffentlichen Institutionen (z. B. staatlichen Hochschulen
und Forschungseinrichtungen) kostenfrei zur Verfügung zu stellen. Weiterhin soll die
Verpflichtung geschaffen werden, Publikationen, die mit steuerlichen Mitteln finanziert
wurden, dieser Stelle zur Verfügung stellen zu müssen.
Zur Begründung der Petition wird ausgeführt, dass aus staatlich geförderter Forschung
in der Bundesrepublik Deutschland und in der Europäischen Union zahllose
wissenschaftliche Publikationen entstehen. Diese Publikationen werden im Regelfall
an privatwirtschaftliche Wissenschaftsverlage übergeben. Staatliche Institutionen
seien dazu gezwungen, diese mit öffentlichen Mitteln finanzierten Publikationen mit
Einzel- oder Mehrfachlizenzen zurückzukaufen, um diese dann einsehen zu können.
Dies bedeute, dass der Steuerzahler hierfür doppelt bezahlen müsse. Nämlich einmal
für die Entstehung bzw. Forschung und dann noch einmal für die Verwendung in Lehre
und Forschung. Diese Steuergelder, die von Hochschulen und
Forschungseinrichtungen hierfür aufgebracht werden müssten, wären an anderer
Stelle besser aufgehoben. In der heutigen Zeit sei ein Druck von wissenschaftlichen
Publikationen nicht mehr zwingend erforderlich. Ein Abruf könne als Download über
das Internet erfolgen. Jedenfalls werde mit der Petition die Schaffung einer staatlichen
Stelle gefordert, die auf einer Online-Plattform wissenschaftliche Publikationen, die
aus öffentlich geförderter Forschung hervorgehen, kostenlos bereitstellt. Auf die
weiteren Ausführungen in der Petition wird verwiesen.
Es handelt sich um eine Petition, die auf den Internetseiten des Deutschen
Bundestages veröffentlicht wurde und zur Diskussion bereitstand. Der Petition
schlossen sich 147 Mitzeichnende an und es gingen 18 Diskussionsbeiträge ein.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Aspekte wie folgt
zusammenfassen:
Die Verbesserung der wissenschaftlichen Informationsversorgung durch einen
effektiven und dauerhaften Zugang zu öffentlich finanzierten Publikationen und Daten
ist ein Vorhaben aus der Digitalen Agenda 2014 - 2017 der Bundesregierung.
Der in diesen Zusammenhang verwendete Begriff Open Access bedeutet dabei, den
Zugang zu wissenschaftlichen Erkenntnissen zu erleichtern und
Forschungsergebnisse besser sichtbar zu machen. Wissenschaftliche Informationen,
die im Rahmen der öffentlich geförderten Forschung entstehen, sollen über das
Internet für jeden Nutzer ohne finanzielle, technische oder rechtliche Hürden
zugänglich und nachnutzbar sein. Bei Open Acces geht es nicht nur um den Zugang
zu qualitätsgesicherten Textpublikationen, sondern auch zu anderen digitalen
Objekten wie zum Beispiel Forschungsdaten. Ein Ansatz, der dabei verfolgt wird, ist
der sogenannte Grüne Weg. Beim Grünen Weg wird eine bereits erschienene
Verlagspublikation zusätzlich im Internet zugänglich gemacht, indem der Artikel auch
in einem sogenannten Repositorium, das heißt auf einem Dokumentenserver der
Hochschule oder Forschungseinrichtung, eingestellt wird. Im Unterschied dazu wird
beim Goldenen Weg der Artikel unmittelbar in einem digitalen Medium publiziert, zum
Beispiel in einer Online erscheinenden Open Access-Zeitschrift.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat mitgeteilt, dass es
derzeit eine Open Access-Strategie entwickelt, die eine Reihe von Maßnahmen
umfassen wird, um die Rahmenbedingungen für Open Access-Publikationen zu
verbessern und Anreize hierfür zu setzen. Dabei erscheint es vorzugswürdig, Open
Access-Klauseln in die Regeln für die Vergabe von Fördermitteln aufzunehmen, die
die Wissenschaftler auffordern, ihre Publikation Open Access zugänglich zu machen.
Viele deutsche Forschungsförderer (insbesondere die Deutsche
Forschungsgemeinschaft) haben bereits Open Access-Klauseln in ihre
Förderbestimmungen integriert. So können bereits jetzt bei geförderten
Forschungsprojekten die notwendigen Mittel für die Publikation in Open Access-
Zeitschriften mitbeantragt werden.
Der Petitionsausschuss hebt hervor, dass bereits zum 01.01.2014 das unabdingbare
Zweitveröffentlichungsrecht für wissenschaftliche Veröffentlichungen‘ in das
Urhebergesetz (UrhG) eingefügt wurde. Der Autor eines Zeitschriftenaufsatzes, der im
Rahmen einer mindestens zur Hälfte mit öffentlichen Mitteln geförderten
Forschungstätigkeit entstanden ist, hat nunmehr das unabdingbare Recht, seinen
Aufsatz 12 Monate nach Erstveröffentlichung zu nicht gewerblichen Zwecken im
Internet der Allgemeinheit bereitzustellen. Dies stellt eine Stärkung des sogenannten
Grünen Weges, also der Open Access-Sekundärpublikation wissenschaftlicher
Aufsätze, dar.
Zu dem Vorschlag des Petenten, eine staatliche Stelle einzurichten, die
wissenschaftliche Publikationen sammeln, archivieren und zugänglich machen soll, ist
Folgendes anzumerken: Viele deutsche Universitäten und Forschungseinrichtungen
betreiben bereits eigene Repositorien, in die Publikationen eingestellt werden können,
so dass sie der Allgemeinheit zur Verfügung stehen. Es erscheint in der Tat sinnvoll,
wissenschaftliche Informationsinfrastrukturen zu stärken und zu vernetzen. Mit dieser
Aufgabe beschäftigt sich seit 2014 in Deutschland unter anderen der Rat für
Informationsinfrastrukturen, der die Selbstorganisationsprozesse in der Wissenschaft
stärken, neue Handlungsfelder und mögliche Synergiepotenziale frühzeitig
identifizieren und die Entwicklung von Verfahren zur Weiterentwicklung der
wissenschaftlichen Informationsinfrastrukturen koordiniert vorantreiben soll. Eine
zentrale Stelle, an die alle mit öffentlichen Mitteln geförderten Publikationen abgeliefert
werden, dürfte einem selbstorganisatorischen und vernetzten Ansatz allerdings
zuwider laufen. Insbesondere begegnet die vom Petenten vorgeschlagene gesetzliche
Verpflichtung der Wissenschaft zur Ablieferung ihrer mit öffentlichen Mitteln
finanzierten Publikationen an eine öffentliche Stelle durch den Bund erheblichen
Bedenken. Nach Auffassung des Petitionsausschusses wäre eine solche
Verpflichtung zum einen in Bezug auf die Kompetenzverteilung zwischen Bund und
Ländern problematisch und zum anderen in Bezug auf die grundgesetzlich geschützte
Freiheit der Wissenschaft (Artikel 5 Abs. 3 des Grundgesetzes).
Der Petitionsausschuss weist darauf hin, dass nach dem zwischen der CDU/CSU und
SPD geschlossenen Koalitionsvertrag für die 18. Legislaturperiode es Ziel ist, den Auf-
und Ausbau und die koordinierte nationale, europäische und internationale Vernetzung
von offenen (Forschungs-)Datenbanken, Repositorien und Open-Access-Zeitschriften
der Forschungseinrichtungen und der Hochschulen zu fördern. Für den
Petitionsausschuss ist es ein wichtiges Anliegen, die wissenschaftliche
Informationsversorgung durch einen effektiven und dauerhaften Zugang zu öffentlich
finanzierten Publikationen und Daten zu verbessern. Er empfiehlt deshalb, die Petition
der Bundesregierung – dem Bundesministerium für Bildung und Forschung – zu
überweisen, soweit gefordert wird, Publikationen, die aus Steuermitteln finanziert
wurden, öffentlichen Institutionen kostenfrei zugänglich zu machen und das
Petitionsverfahren im Übrigen abzuschließen.
Begründung (pdf)