Der Deutsche Bundestag möge beschließen den Paragraphen § 169 des Gerichtsverfassungsgesetz dahingehend zu klarzustellen, dass bei Prozessen mit sehr großem öffentlichen Interesse und nicht adäquater räumlicher Ausstattung des zuständigen Gerichts die direkte Übertragung in einen anderen Gerichtssaal o.ä. ermöglicht wird.
Razones.
Aktueller Wortlaut des Paragrafen:Die Verhandlung vor dem erkennenden Gericht einschließlich der Verkündung der Urteile und Beschlüsse ist öffentlich. Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen zum Zwecke der öffentlichen Vorführung oder Veröffentlichung ihres Inhalts sind unzulässig.Beim aktuell anstehenden Prozess gegen die NSU wurde deutlich, dass hier dringender Handlungsbedarf besteht. Das OLG München hat in seiner Begründung zur Nichtübertragung folgendes geschrieben (Pressemitteilung Strafsachen vom 26. März 2013 des OLG München):Die Übertragung der laufenden Hauptverhandlung in einen anderen Raum kann aus Rechtsgründen nach deutschem Recht nicht umgesetzt werden. Eine derartige Übertragung würde eindeutig gegen § 169 Satz 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes verstoßen, worauf der Präsident des Oberlandesgerichts München in seinem Statement vom 15.03.2013 bereits ausdrücklich hingewiesen hat.Der Paragraf geht um Ton- und Fernsehaufnahmen der Medien, nicht eine Direktübertragung in einen Nachbarraum bei akutem Platzmangel. Da dies von Richterseite augenscheinlich nicht so ausgelegt wird, und bei dem angesprochenen Prozess durch die sehr eingeschränkte Auslegung des Paragrafen schwerer Schaden am Bild der bundesdeutschen Justiz angerichtet wurde, ist der Text klar so zu formulieren, dass die Erweiterung des Zuschauerraumes in einen Nachbarraum durch eine Direktübertragung zweifelsfrei gestattet ist.Die genaue Formulierung dieses Satzes überlasse ich lieber Juristen, damit nicht auch künftige Richter wieder falsch handeln können.Es kann gerne eine Formulierung aufgenommen werden, die eine Mitzeichnung untersagt, und das intendierte Verbot eines Gerichts-TV kann auch gerne beibehalten werden, aber eine solche abgrundtiefe Peinlichkeit wie gerade beim OLG München darf nicht wieder passieren.
Pet 4-17-07-300-050255Gerichtsverfassung
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 22.05.2014 abschließend beraten und
beschlossen:
Die Petition
a) der Bundesregierung – dem Bundesministerium der Justiz und für
Verbraucherschutz – als Material zu überweisen,
b) den Fraktionen des Deutschen Bundestages zur Kenntnis zu geben.
Begründung
Mit der Petition wird gefordert, den Paragraphen 169 des
Gerichtsverfassungsgesetzes dahingehend klarzustellen, dass bei Prozessen mit
sehr großem öffentlichen Interesse und nicht adäquater räumlicher Ausstattung des
zuständigen Gerichts die direkte Übertragung in einen anderen Gerichtssaal o. ä.
ermöglicht wird.
Die Petition steht im Zusammenhang mit dem sogenannten „NSU-Verfahren“ vor
dem Oberlandesgericht München. Der Petent kritisiert, dass die anfängliche
Nichtberücksichtigung ausländischer Pressevertreter in dem vom Gericht zur
Vergabe ständiger Zuschauerplätze angewandten Akkreditierungsverfahren der
Reputation der deutschen Justiz erheblich geschadet habe.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen wird auf die vom Petenten
eingereichten Unterlagen verwiesen.
Die Eingabe wurde als öffentliche Petition auf der Internetseite des
Petitionsausschusses eingestellt. Sie wurde von 338 Mitzeichnern unterstützt.
Außerdem gingen 137 Diskussionsbeiträge ein.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter anderem unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten
Aspekte wie folgt zusammenfassen:
Eine Änderung des § 169 GVG wirft erhebliche rechtliche und tatsächliche Fragen
auf, die derzeit sorgfältig fachlich geprüft und mit den betroffenen Kreisen und der
Wissenschaft diskutiert werden. Die Möglichkeiten einer entsprechenden
gesetzlichen Klarstellung waren auch Thema der 84. Konferenz der
Justizministerinnen und Justizminister am 12. und 13. Juni 2013. Ob und ggf. welche
gesetzgeberische Maßnahmen vorgeschlagen werden sollen, wird vom Ergebnis der
weiteren fachlichen Prüfung abhängen.
In Anbetracht der zahlreichen Forderungen, eine Simultanübertragung von
Gerichtsverhandlungen gesetzlich zuzulassen, empfiehlt der Petitionsausschuss
daher, die Eingabe der Bundesregierung – dem BMJV – als Material zuzuleiten,
damit sie bei zukünftiger Gesetzgebung in die Überlegungen mit einbezogen wird,
und die Petition den Fraktionen des Deutschen Bundestages zur Kenntnis zu geben,
da sie als Anregung für eine parlamentarische Initiative geeignet erscheint.Begründung (pdf)