Petition richtet sich an:
Deutscher Bundestag Petitionsausschuss
Das Bundesministerium für Gesundheit hat vor einigen Tagen sein Eckpunktepapier zu den geplanten Gesetzesänderungen der neuen Pflegereform 2021 herausgegeben. Eine der größten Änderungen: das Budget zur Nutzung der Tagespflege soll halbiert werden.
Und das, nachdem es vor kurzer Zeit erst erweitert wurde, um mehr Tagespflegeangebote zu schaffen und pflegebedürftigen Menschen die Möglichkeit zu geben, länger zu Hause zu leben. Viele Pflegedienste sind diesem Aufruf gefolgt und haben Tagespflegeplätze geschaffen, nun sollen sie dafür bestraft werden. Das ist ein harter Schlag vor allem für die Tagesgäste und die Versorgungslandschaft in Deutschland.
Der Gesetzgebungsprozess ist in vollem Gange, das Bundesgesundheitsministerium möchte den Gesetzesentwurf noch im Februar vorlegen!
Wir fordern Sie auf, Herr Spahn, die Kürzung des Tagespflegebudgets aus dem Gesetzentwurf zu streichen!
Begründung
Für viele Pflegebedürftige wäre durch die angedachte Halbierung des Tagespflegebudgets eine Versorgung in den eigenen vier Wänden nicht mehr möglich. Für die pflegenden Angehörigen bleibt dann nur noch die Konsequenz den geliebten demenzkranken Ehepartner oder die eigene Mutter ins Pflegeheim zu geben.
Da ist zum Beispiel Frau F. Sie ist 94 Jahre alt und pflegebedürftig mit Pflegegrad 2. Sie leidet an Demenz und nutzt die Tagespflege an 5 Tagen pro Woche. Frau F. isst und trinkt nichts, wenn sie allein ist - selbst vorbereitete Mahlzeiten lässt sie einfach stehen. Sie lebt bei ihrer Tochter, die auch überwiegend die Betreuung und Pflege übernimmt. Die Tochter ist voll berufstätig im Einzelhandel. Durch die Berufstätigkeit der Tochter ist die Tagesbetreuung in einer Tagespflege der einzige Weg, wie das Wohnen zuhause für Frau F. überhaupt möglich ist. Reduziert sich nun das Budget für die Tagespflege, stellt sich für Mutter und Tochter die Wahl: Pflegeheim oder Aufgabe des Berufs. Beide Optionen sind sicherlich nicht im Sinne der Gesetzgebung.
Ein weiteres Beispiel ist Herr W. Er ist 71 Jahre alt und stark dement mit Pflegegrad 4. Seine Frau ist deutlich jünger und arbeitet noch. Herr W. kann aufgrund seiner Erkrankung nicht allein zu Hause bleiben. Er kann nicht allein zur Toilette gehen oder sich etwas zu essen machen. Herr W. besucht die Tagespflege an 5 Tagen die Woche. Eine Halbierung der Tagespflegetage würde für das Ehepaar W. bedeuten, dass Herr W. ausziehen und in einem Heim versorgt werden müsste. Auch diese Perspektive kann nicht gewollt sein.
Die Beispiele zeigen, dass die Budgetkürzung nicht nur für die betroffenen Pflegebedürftigen ein herber Schlag wäre. Es wäre auch ein gesellschaftspolitischer Rückschritt, wenn Angehörige hierdurch in Teilzeit gingen oder ihren Arbeitsplatz aufgeben müssten, weil sie sich die Zuzahlungen für die Tagespflege nicht mehr leisten könnten. Darüber hinaus ist der volkswirtschaftliche Nutzen fraglich, weil den angestrebten Einsparungen der Ausfall an Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen entgegenstünde.
Insbesondere würden gerade kleinere Tagespflege-Betreiber mit der geplanten 180°-Wende die wirtschaftliche Grundlage entzogen und die durchaus erwünschte Diversifizierung der Angebote in Wohnortnähe zugunsten großer Einrichtungen abgebaut. Es würden nicht nur Existenzen vernichtet, sondern auch Einrichtungen mit eher familiärem Charakter aufgegeben.
Das kann nicht das Ziel der Politik sein. Anpassungen des Reformvorhabens sind daher dringend notwendig, um die negativen Auswirkungen zu vermeiden: Für Pflegebedürftige, die in der eigenen Häuslichkeit leben und eine Tagespflege zur Unterstützung nutzen, muss das Tagespflegebudget in Höhe von 100% unbedingt erhalten bleiben. (Textpassagen t.w.mit Zuarbeit von bpa AG Tagespflege erstellt)