12.11.2018, 11:11
…Sie übersandten eine Legislativeingabe, mit der Sie die Einführung der Popularklage in
Rheinland-Pfalz nach bayerischem Vorbild begehren.
Bei der Petition handelt es sich um eine öffentliche Petition. Die Mitzeichnungsfrist, in der
weitere 11 Personen mitzeichneten, endete am 6. September 2012.
Der Petitionsausschuss hat in seiner 14. Sitzung am 27. November 2012 über die
Legislativeingabe beraten und beschlossen, diese zunächst zurückzustellen, bis der politische
Willensbildungsprozess abgeschlossen ist. Dies wurde Ihnen mit Schreiben vom 12. Dezember
2012 mitgeteilt.
Nunmehr empfiehlt die Enquete-Kommission 16/2 „Aktive Bürgerbeteiligung für eine starke
Demokratie“ in ihrem Abschlussbericht u. a. unter Punkt 6.3 Folgendes: „Des Weiteren empfiehlt
die Enquete-Kommission, die Einführung der Popularklage zu prüfen. Mit der Einführung dieser
Möglichkeit wird den Bürgerinnen und Bürgern die Gelegenheit gegeben, nicht nur individuelle
Abwehrrechte vor Gericht geltend zu machen, also nicht nur für die eigene Person zu streiten,
sondern auch gesetzliche Regelungen auf ihre Verfassungsmäßigkeit überprüfen zu lassen.“
Der Petitionsausschuss bat vor diesem Hintergrund das fachlich zuständige Ministerium der
Justiz und für Verbraucherschutz um eine abschließende Stellungnahme.
Das Ministerium hat mit Schreiben vom 9. März 2015 folgende Stellungnahme abgegeben:
„Meine Amtsvorgängerin hat in ihrem Schreiben vom 10. November 2012 bereits dargelegt, dass
die Einführung einer Popularklage in Rheinland-Pfalz eine Aufwertung der demokratischen
Mitwirkungsrechte des Volkes bedeuten kann, wenn Bürgerinnen und Bürger auch ohne
persönliche Betroffenheit Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit von Regelung geltend machen
können. An dieser Auffassung hat sich nach der vom Petitionsausschuss gewünschten
abschließenden Prüfung nichts geändert.
Artikel 19 Abs. 4 GG und der diesem entsprechende Artikel 124 der Verfassung für Rheinland-
Pfalz (LV) haben zwar mit der Formulierung ‚in seinen Rechten verletzt‘ eine
Systementscheidung für den lndividualrechtsschutz getroffen. Das schließt aber Popularklagen
nicht gänzlich aus. Die Rechtsschutzgarantie des Artikels 19 Abs. 4 GG (bzw. des Artikels 124
LV) stellt lediglich Mindestanforderungen an den Gesetzgeber. Diesem steht es grundsätzlich
offen, zusätzliche Kontrollmöglichkeiten einzuführen. Popularklagen, bei denen kein subjektives
Interesse am Verfahrensgegenstand geltend gemacht werden muss, können daher ebenso wie
‚altruistische‘ Verbandsklagen, mit denen ein Verband die Interessen seiner Mitglieder oder
öffentliche Interessen einklagt, auch durch einfaches Recht eingerichtet werden. Sie sind
verfassungsrechtlich unbedenklich, solange nicht der Zuwachs an Aufgaben objektiver
Verwaltungskontrolle den von Artikel 19 Abs. 4 GG geforderten lndividualrechtsschutz
denaturiert (Krebs, in: von Münch/Kunig, Grundgesetzkommentar, 6. Aufl. 2012, Art. 19 Rn. 64).
Dem entsprechend wurde in dem oben genannten Schreiben unter Hinweis auf eine
Stellungnahme des Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs ausgeführt, es erscheine
verfassungsrechtlich keineswegs zwingend, dass die Popularklage unmittelbar in der
Verfassung für Rheinland-Pfalz verankert werden müsste. Dies könne, wie bei der Einführung
der Verfassungsbeschwerde im Jahr 1992, zunächst auch im Landesgesetz über den
Verfassungsgerichtshof geschehen. Einer ein fach gesetzlichen Regelung im Landesgesetz
über den Verfassungsgerichtshof sollte daher im Falle einer grundsätzlichen politischen
Bereitschaft, die Popularklage einzuführen, zunächst der Vorzug vor einer Verankerung in der
Verfassung für Rheinland-Pfalz gegeben werden.
Auch sollte die Popularklagemöglichkeit, anders als in Bayern, wo jede Norm des bayerischen
Landesrechts mit der Popularklage zur Überprüfung gestellt werden kann, nicht auf
untergesetzliche Normen erstreckt werden. Denn die Oberprüfung von Rechtsverordnungen und
Satzungen erscheint auf der Ebene der Verwaltungsgerichte zutreffender angesiedelt.“
Vor dem Hintergrund der Empfehlung der Enquete-Kommission 16/2 „Aktive Bürgerbeteiligung
für eine starke Demokratie“, die Einführung der Popularklage zu prüfen, und der im Rahmen des
Petitionsverfahrens abgegebenen Stellungnahmen der Landesregierung, die Popularklage
jedenfalls auf der Ebene der einfachgesetzlichen Regelung in Betracht zu ziehen, hat der
Petitionsausschuss in seiner 33. Sitzung am 12. Mai 2015 Ihre Legislativeingabe als Material an
die Landesregierung überwiesen, da er dem Anliegen grundsätzlich folgen und sich einer
einfachgesetzlichen Regelung der Popularklage unter Ausschluss der Möglichkeit des
Beklagens untergesetzlicher Regelungen anschließen kann.
Das Petitionsverfahren ist hiermit abgeschlossen.
Dieser Bescheid wird gemäß Nummer 12 der Verfahrensgrundsätze für die Behandlung von
öffentlichen Petitionen im Internet veröffentlicht.
Begründung (PDF)