Arzneimittelwesen - Aussetzung der Festbetragsregelung für Medikamente

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Deutschen Bundestag
378 Unterstützende 378 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

378 Unterstützende 378 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

  1. Gestartet 2012
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Beendet

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

29.08.2017, 16:52

Pet 2-17-15-2120-034437Arzneimittelwesen
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 06.06.2013 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.
Begründung
Der Petent möchte erreichen, dass die Festbetragsregelungen für Medikamente
außer Kraft gesetzt werden.
Zur Begründung wird ausgeführt, durch die Festbetragsregelungen würden
patentgeschützte Arzneimittel mit angeblich wirkungsäquivalenten Generika oder
Wirkstoffen mit vermeintlich gleichwertiger Wirkung in eine Festbetragsgruppe
einsortiert. Hierdurch entstünden dem Patienten erhebliche Nachteile in der
Behandlungseffizienz sowie hinsichtlich veränderter Nebenwirkungsprofile. Die
Zuzahlungsdifferenz für Originalpräparate sei für den Großteil der Betroffenen im
Übrigen nicht bezahlbar.
Zu den Einzelheiten des Vortrags des Petenten wird auf die von ihm eingereichten
Unterlagen verwiesen.
Die Eingabe war als öffentliche Petition auf der Internetseite des Deutschen
Bundestages eingestellt. Es gingen 378 Mitzeichnungen sowie
33 Diskussionsbeiträge ein.
Zu diesem Thema liegt dem Petitionsausschuss eine weitere Eingabe mit verwandter
Zielsetzung vor, die wegen des Sachzusammenhangs einer gemeinsamen
parlamentarischen Prüfung zugeführt wird. Der Ausschuss bittet daher um
Verständnis, dass nicht auf alle vorgetragenen Gesichtspunkte eingegangen werden
kann.
Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung stellt sich auf der Grundlage einer
Stellungnahme des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) wie folgt dar:

Der Petitionsausschuss weist darauf hin, dass auf dem deutschen Arzneimittelmarkt
eine Vielzahl von Arzneimitteln in vergleichbarer Qualität, mit vergleichbarer Wirkung
und zum Teil auch identischer Zusammensetzung existiert, deren Preise sehr
unterschiedlich sind. Unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten ist es nicht vertretbar,
die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) mit den Kosten teurer Arzneimittel zu
belasten, wenn preisgünstige und qualitativ gleichwertige Präparate zur Verfügung
stehen. Daher gibt es seit 1989 Arzneimittelfestbeträge, die die
Versichertengemeinschaft vor überhöhten Arzneimittelpreisen schützen.
Festbeträge sind Höchstbeträge für die Erstattung von Arzneimittelpreisen durch die
gesetzlichen Krankenkassen. Dies bedeutet, dass die Krankenkassen nicht
automatisch jeden Preis, sondern nur den Festbetrag zahlen. Dieser wird für
Gruppen vergleichbarer Arzneimittel festgesetzt. So hat der Arzt, der ein Medikament
verschreiben will, die Wahl zwischen mehreren therapeutisch gleichwertigen
Präparaten, die er dem Patienten auf Kosten der Krankenkasse verschreiben kann.
Soweit ein Arzt dennoch ein Arzneimittel verordnet, dessen Preis über dem
Festbetrag liegt, muss der Patient diesen Differenzbetrag zusätzlichzur gesetzlichen
Zuzahlungentrichten; dies gilt auch für Patienten, die von der Zuzahlung befreit sind.
Der Arzt ist verpflichtet, den Patienten in diesem Fall vorher darüber zu informieren.
Versicherte können sich vom behandelnden Arzt darüber informieren lassen, welche
mehrkostenfreien Verordnungsmöglichkeiten bestehen.
Gruppen vergleichbarer Arzneimittel können nach unterschiedlichen Kriterien
gebildet werden, daher werden drei Stufen der Vergleichbarkeit unterschieden:
Festbetragsgruppen der Stufe 1 werden aus Arzneimitteln mit denselben Wirkstoffen
gebildet. Festbetragsgruppen der Stufe 2 werden aus Arzneimitteln gebildet, deren
Wirkstoffe pharmakologisch, insbesondere chemisch, und dabei gleichzeitig auch
hinsichtlich ihrer therapeutischen Wirkung vergleichbar sind. Festbetragsgruppen der
Stufe 3 werden aus Arzneimitteln gebildet, die nicht hinsichtlich ihrer Wirkstoffe, aber
hinsichtlich ihrer therapeutischen Wirkung vergleichbar sind.
Neue patentgeschützte Arzneimittel, die eine therapeutische Verbesserung
bedeuten, z. B. wegen geringerer Nebenwirkungen, sind von der Festbetragsbildung
ausgenommen. Arzneimittel, welche als Innovation patentiert werden, jedoch keinen
erkennbaren therapeutischen Fortschritt bringen, können in die Festbetragsstufe 2
einbezogen werden. Dies gilt auch für den Fall, dass alle Arzneimittel einer
Festbetragsgruppe patentgeschützt sind. Eine solche Gruppe muss mindestens drei

Arzneimittel enthalten. Sobald der Patentschutz für eines der Arzneimittel der Gruppe
ausläuft und zu diesem Arzneimittel preiswerte Generika verfügbar sind, können
diese ebenfalls in die Festbetragsgruppe einbezogen werden. Dies bedeutet, dass -
soweit vorhanden - auch preisgünstige Generika bei der Festsetzung der Höhe des
Festbetrags für Wirkstoffe berücksichtigt werden können.
Die Gleichwertigkeit von bioäquivalenten Generika hinsichtlich Behandlungseffizienz
und Nebenwirkungsprofil im Vergleich zum Originalprodukt wird nach Aussage des
BMG gegenüber dem Petitionsausschuss durch die Zulassung gewährleistet. Ein
Generikum ist ein Arzneimittel, das die gleiche qualitative und quantitative
Zusammensetzung aus Wirkstoffen und die gleiche Darreichungsform wie das
Referenzarzneimittel aufweist und dessen Bioäquivalenz bei eventuell
unterschiedlicher Galenik mit dem Referenzarzneimittel durch geeignete
Bioverfügbarkeitsstudien nachgewiesen wurde. Generika entsprechen in Qualität und
Wirksamkeit den Referenzpräparaten. Für die Zulassung des Arzneimittels wird dies
vom Generika-Hersteller nachgewiesen und durch die nationale oder europäische
Zulassungsbehörde nach anerkannten wissenschaftlichen Verfahren geprüft und
bestätigt.
Nach Aussage des BMG ist es nicht ausgeschlossen, dass Patienten subjektiv
unterschiedliche Erfahrungen mit der Verträglichkeit eines Generikums im Vergleich
zum Original-Arzneimittel haben. Nach Aussage des Bundesinstitutes für Arzneimittel
und Medizinprodukte (BfArM) gibt es keine Daten aus quantitativen Untersuchungen,
die belegen, dass mit der Anwendung eines Generikums häufiger oder andersartige
Wirkungen auftreten als bei der Anwendung des Original-Arzneimittels.
Nach § 12 (Wirtschaftlichkeitsgebot) Abs. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V)
erfüllt die Krankenkasse ihre Leistungspflicht für Arzneimittel, für die ein Festbetrag
festgesetzt ist, mit dem Festbetrag. Daraus folgt, dass die Krankenkasse eine
Leistung, die vom Festbetrag nicht in vollem Umfang gedeckt wird, in ihrem
überschießenden Teil nichterbringen darf. Es wäre nach Aussage des BMG nicht mit
dem Wirtschaftlichkeitsgebot vereinbar, die Beitragszahler mit den Kosten teurer
Arzneimittel zu belasten, wenn preisgünstigere und qualitativ gleichwertige Präparate
zur Verfügung stehen. Die Arzneimittel-Festbeträge begrenzen deshalb die
Leistungspflicht der Krankenkassen innerhalb der GKV. Sie stärken auch das
Interesse von Ärzten und Patienten an preisgünstigen Arzneimitteln; gleichzeitig wird
der Preiswettbewerb unter den Arzneimittelherstellern intensiviert, wenn die
Patienten von teuren Medikamenten hin zu preiswerteren, aber gleichwertigen

Arzneimitteln wechseln. Das Bundesverfassungsgericht und der Europäische
Gerichtshof haben die Rechtmäßigkeit der Festbetragsregelung und das Recht der
Selbstverwaltung auf die Bildung von Festbeträgen ohne Einschränkung bestätigt.
Vor dem Hintergrund des Dargelegten kann der Petitionsausschuss nicht in Aussicht
stellen, im Sinne des vorgetragenen Anliegens tätig zu werden. Er empfiehlt daher,
das Petitionsverfahren abzuschließen.

Begründung (PDF)


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