21.07.2016, 04:22
Pet 1-18-06-26-023671Aufenthaltsrecht
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 07.07.2016 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.
Begründung
Mit der Petition fordert der Petent eine Verschärfung des Asyl- und Aufenthaltsrechtes
sowie eine Änderung der Finanzierungsgrundlagen.
Der Petent fordert eine klare Differenzierung zwischen Kriegs- und
Wirtschaftsflüchtlingen, weiterhin verpflichtenden Integrationsunterricht in den
Flüchtlingsunterkünften. Ferner solle eine Sicherung der Außengrenzen der
Bundesrepublik, einschließlich einer Personenprüfung, u. a. zur Gefahrenabwehr,
erfolgen, sowie eine EU-finanzierte Rückreise von Flüchtlingen nach Befriedung der
Herkunftsländer. Des Weiteren fordert der Petent eine sofortige Ablehnung von
Asylanträgen bei Straffälligkeit, eine europaweite Angleichung der Leistungsbezüge
für Flüchtlinge und eine Subventionierung von Gemeinden und Kommunen aus der
EU-Kasse.
Zu den Einzelheiten des Vortrags des Petenten wird auf die von ihm eingereichten
Unterlagen verwiesen.
Die Eingabe war als öffentliche Petition auf der Internetseite des Deutschen
Bundestages eingestellt. Es gingen 326 Mitzeichnungen sowie
56 Diskussionsbeiträge ein. Es gingen keine unterstützenden Unterschriften auf dem
Postweg ein.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Ansicht
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter der Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Aspekte wie
folgt zusammenfassen:
Einführend weist der Petitionsausschuss darauf hin, dass nach Artikel 16a des
Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland politisch Verfolgte Asylrecht
genießen. Das Asylrecht wird in Deutschland nicht nur – wie in vielen anderen Staaten
– auf Grund der völkerrechtlichen Verpflichtung aus der Genfer Flüchtlingskonvention
von 1951 gewährt, sondern hat als Grundrecht Verfassungsrang. Es ist das einzige
Grundrecht, das nur Ausländern zusteht.
Jeder Mensch, der politisch verfolgt ist oder vor Bürgerkrieg fliehen muss, hat in
Deutschland das Recht auf Asyl oder auf Anerkennung als Bürgerkriegsflüchtling. Der
erhebliche Anstieg der Asylbewerberzahlen stellt alle Beteiligten derzeit vor sehr große
Herausforderungen.
Zur Gewährleistung eines effektiven Grundrechtsschutzes muss allen Asylbewerbern
ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht in Deutschland mindestens so lange gewährt
werden, bis über ihren Antrag entschieden worden ist: Entsprechend den gesetzlichen
Vorgaben erfolgt grundsätzlich in jedem Asylverfahren durch das Bundesamt für
Migration und Flüchtlinge (BAMF) eine einzelfallbezogene Prüfung der individuellen
Fluchtgründe.
In diesem Rahmen weist der Petitionsausschuss aus, dass angesichts des
gegenwärtigen Flüchtlingsstroms weitreichende Maßnahmen ergriffen wurden, um die
Asylverfahren effizienter zu organisieren und somit in absehbarer Zeit die Zahl der
anhängigen Verfahren zu reduzieren:
Der Ausschuss weist darauf hin, dass Asylbewerber aus Ländern mit hohen Zugängen
und sehr schlechten Bleibeperspektiven, z. B. aus dem Westbalkan, nach einer
negativen Entscheidung des BAMF direkt aus den Erstaufnahmeeinrichtungen heraus
in die Herkunftsländer zurückgeführt werden. Durch Gesetz wurden dafür zahlreiche
Staaten zu sicheren Herkunftsstaaten bestimmt:
Seit 1993 sind Senegal und Ghana als sichere Herkunftsländer im Sinne von
Artikel 16a Absatz 3 Grundgesetz eingestuft, sowie seit dem 6. November 2014 die
Staaten Serbien, Mazedonien, Bosnien und Herzegowina. Weiterhin wurden mit
Gesetz vom 24. Oktober 2015 Albanien, Kosovo und Montenegro zusätzlich zu
sicheren Herkunftsstaaten bestimmt, um die Asylverfahren der Staatsangehörigen
dieser Länder weiter zu beschleunigen.
Die Aufnahme dieser Staaten in die Liste der sicheren Herkunftsstaaten hat zur Folge,
dass für diese Staaten kraft Gesetzes vermutet wird, dass aufgrund der Rechtslage,
der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse dort keine
politische Verfolgung droht. Die gesetzliche Vermutung der Verfolgungsfreiheit ist
widerlegbar, jeder Asylbewerber hat daher die Chance darzulegen, dass er
„abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat“ mit Verfolgung rechnen
muss. Daher muss nach wie vor jeder Einzelfall individuell geprüft werden, die
Asylverfahren einschließlich der gerichtlichen Verfahren können jedoch zügig
abgeschlossen werden. Gemäß § 29a Absatz 1 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG)
werden die Asylanträge von Angehörigen dieser Staaten als offensichtlich
unbegründet abgelehnt. Dadurch verkürzt sich die Ausreisefrist auf eine Woche (§ 36
Absatz 1 AsylVfG), eine Klage hat keine aufschiebende Wirkung (§ 75 Satz 1
AsylVfG), das heißt, trotz Klageeinreichung läuft diese Frist fort. Dieses hat zur Folge,
dass der Anreiz für eine Asylbeantragung aus wirtschaftlichen Gründen deutlich
verringert wird.
Das BAMF bearbeitet derzeit Verfahren von Antragstellern dieser Staaten bevorzugt,
um deren Verfahren innerhalb kurzer Zeit zu entscheiden und damit auch ein
deutliches Signal an potentielle Asylsuchende dieser Herkunftsländer zu senden.
Antragsteller aus Serbien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Albanien, Mazedonien und
Montenegro (rd. 82.000 im ersten Halbjahr 2015) haben fast keine Aussicht auf Asyl
in Deutschland. 99,8 Prozent der Asylanträge aus diesen Ländern werden vom BAMF
abgelehnt. Weitere Maßnahmen, um aussichtslose Asylanträge aus dem Westbalkan
zu reduzieren, sind Informationskampagnen in diesen Herkunftsländern, die
Verkürzung der Bearbeitungszeiten für entsprechende Asylanträge,
Wiedereinreisesperren sowie das Bemühen, abgelehnte und ausreisepflichtige
Asylbewerber zur freiwilligen Ausreise zu bewegen. Darüber hinaus hat das
Bundesministerium des Innern den Ländern die Unterstützung der Bundespolizei bei
der Rückführung, insbesondere bei der Planung und Organisation von
Sammelrückführungen in die neuen sicheren Herkunftsstaaten, zugesagt.
Der Ausschuss weist ferner darauf hin, dass mit zahlreichen Gesetzesänderungen
vom 24. Oktober 2015 außerdem Fehlanreize für unberechtigte Asylanträge beseitigt
werden (vgl. dazu www.bmi.bund.de/SharedDocs/Kurzmeldungen/DE/2015/
09/kabinett-beschliesst-asylverfahrensbeschleunigungsgesetz.html?nn=3315850):
Der bisher mit dem "Taschengeld" abgedeckte Bedarf soll künftig, sofern mit
vertretbarem Verwaltungsaufwand möglich, in Erstaufnahmeeinrichtungen in Form
von Sachleistungen (auch Wertgutscheine) erbracht werden. In anderen
Gemeinschaftsunterkünften kann ebenso verfahren werden.
Geldleistungen werden höchstens einen Monat im Voraus ausgezahlt.
Für vollziehbar Ausreisepflichtige, die unter keinen Umständen für ein Bleiberecht
in Betracht kommen und deren Ausreisedatum und Reisemöglichkeit feststehen, ist
die Leistungsgewährung auf die Zeit bis zu diesem Datum zu befristen. Nimmt der
vollziehbar Ausreisepflichtige schuldhaft die Ausreisemöglichkeit nicht wahr, erhält
er fortan grundsätzlich nur noch Leistungen zur Deckung seines Bedarfs an
Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie an Mitteln zur Körper- und
Gesundheitspflege.
Für Asylbewerber aus sicheren Herkunftsstaaten, die ab dem 1. September 2015
einen Asylantrag gestellt haben, wird ein Beschäftigungsverbot eingeführt. Dies gilt
während des Asylverfahrens und wenn der Asylantrag abgelehnt ist.
Der Ausschuss weist darüber hinaus darauf hin, dass das BAMF Ende letztes und
Anfang dieses Jahres bereits 650 neue Mitarbeiter eingestellt hat. Bis Ende 2015
werden weitere 1.000 Mitarbeiter folgen. Seit Inkrafttreten des Nachtragshaushaltes
Anfang Juli arbeitet das BAMF mit Hochdruck daran, die neu geschaffenen Stellen zu
besetzen. Das BAMF hatte bis zum 1. Juni 2015 bundesweit 29 Außenstellen und 2
sogenannte Dienststellen in Betrieb und voraussichtlich 17 weitere sollen bis
Jahresende eingerichtet werden.
Zudem hat das BAMF im Oktober vergangenen Jahres ein beschleunigtes Verfahren
für Asylbewerber eingeführt, die nachweislich aus den Bürgerkriegsregionen Syrien
und Nord-Irak stammen, seit Juli 2015 gilt dies auch für Eritrea. Alle diese Maßnahmen
beginnen auch zu wirken. So hat das BAMF bis Ende Juli 2015 so viele
Asylentscheidungen getroffen wie im gesamten vergangenen Jahr und bis Ende 2015
sind deutlich mehr als 200.000 Entscheidungen (2014 – fast
129.000 Entscheidungen).
Der Ausschuss weist darauf hin, dass sich die Bundesregierung darüber hinaus auf
Ebene der Europäischen Union (EU) darum bemüht, zu einer gerechteren und
ausgeglicheneren Verteilung der Asylbewerber innerhalb der Union zu kommen, damit
nicht nur wenige Staaten, darunter auch Deutschland, überproportional belastet
werden. In diesem Rahmen werden auch Anstrengungen unternommen, um die
Behandlung der Flüchtlinge insgesamt einer europaweiten Angleichung zuzuführen.
Gerade in Hinblick auf die vom Petenten geforderten EU-Finanzierungen ist dabei
jedoch anzumerken, dass eine solche Reform des EU-Asylsystems sich nicht auf
einen Schlag umsetzen lässt. Einige jetzt geplante Maßnahmen gehen jedoch schon
jetzt in die Richtung einer gerechteren Verteilung der Belastungen der einzelnen
Mitgliedstaaten. So will die EU an ihren Außengrenzen Hotspots betreiben, die die
Erstversorgung und Registrierung der Asylsuchenden organisieren und diese bei
fehlender Erfolgsaussicht des Asylantrags auch umgehend ins Heimatland
zurückführen. Falls Flüchtlinge in der EU umverteilt werden, soll das Aufnahmeland
pro Flüchtling 6.000 Euro erhalten. Die Bundesregierung setzt sich für eine ständige
Weiterentwicklung dieser europaweiten Zusammenarbeit ein.
Der Ausschuss weist weiterhin aus, dass zum Anliegen des Petenten, einen
verpflichtenden Integrationsunterricht einzuführen, bereits folgende Maßnahmen
getroffen wurde: Ebenfalls durch Gesetz vom 24. Oktober 2015 öffnet der Bund die
Integrationskurse für Asylbewerber mit guter Bleibeperspektive und stockt die hierfür
vorgesehenen Mittel entsprechend dem gestiegenen Bedarf auf. Darüber hinaus wird
eine verstärkte Vernetzung zwischen Integrationskursen und berufsbezogenen
Sprachkursen hergestellt, unter verstärkter Einbeziehung der Bundesagentur für
Arbeit. Kurzfristig sollen auch im Rahmen des Arbeitsförderungsrechts Maßnahmen
zur Vermittlung erster Kenntnisse der deutschen Sprache gefördert werden. Personen
mit guter Bleibeperspektive werden künftig bereits frühzeitig die für die Eingliederung
in den Arbeitsmarkt erforderlichen vermittlungsunterstützenden Leistungen der aktiven
Arbeitsförderung erhalten können.
Hinsichtlich der Anregung des Petenten, die Sicherung der Außengrenzen
Deutschlands mit direkten Personenprüfungen an den Grenzen zu verbinden, auch
zur Erkennung möglicher Terroristen, ist auf Folgendes hinzuweisen:
Beim Überschreiten der Schengen-Binnengrenzen gilt der Grundsatz der
Kontrollfreiheit. Die temporäre Wiedereinführung von Grenzkontrollen an
Binnengrenzen ist als „Ultima Ratio“ an strenge Kriterien geknüpft und kommt
grundsätzlich nur in außergewöhnlichen Umständen in Betracht. Solche Umstände
können z. B. eine ernsthafte Bedrohung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung oder
eine Gefährdung des Funktionierens des Schengenraums durch anhaltend
schwerwiegende Mängel beim Schutz der Außengrenzen sein. Hinsichtlich einer
Gefährdung des Funktionierens des Schengenraums sind zunächst unterstützende
Maßnahmen gegenüber dem betreffenden Schengenstaat, u. a. durch FRONTEX, in
Betracht zu ziehen.
Darüber hinaus liegen keine belastbaren Erkenntnisse vor, dass jihadistische
Gruppierungen die Flüchtlingsströme zielgerichtet zur Infiltration des Bundesgebietes
durch Einzeltäter oder Gruppen genutzt haben. Es muss angesichts des immensen
Zustroms und der unvollständigen Erkenntnisse und Hintergründe zu irregulär
einreisenden Personen allerdings berücksichtigt werden, dass das Lage- und
Erkenntnisbild derzeit unvollständig ist und Lücken aufweist. Die Sicherheitsbehörden
von Bund und Ländern stehen deshalb zu der weiteren Entwicklung und in Bezug auf
Verdachtsfälle untereinander und mit europäischen und internationalen Partnern in
engem Austausch. Sie sind im Rahmen des Asylverfahrens eng eingebunden.
Weiterhin ist zu der Forderung des Petenten nach einer Rückführung der Flüchtlinge
nach Befriedung ihrer Herkunftsländer Folgendes anzumerken:
Auch bei Zuerkennung eines Schutzstatus wird dieser widerrufen, wenn seine
Bedingungen nicht mehr gegeben sind. Die Prüfung, ob die Voraussetzungen eines
Widerrufs oder einer Rücknahme vorliegen, findet im Rahmen der
Regelüberprüfungszeit spätestens nach drei Jahren statt. Auch wenn anlässlich der
Regelüberprüfung kein Widerruf erfolgt ist, ist ein späterer Widerruf nicht
ausgeschlossen. Dies ist möglich, wenn die Bedingungen für den Schutzstatus
weggefallen sind. Das ist der Fall, wenn sich beispielsweise die Verfolgungssituation
geändert hat bzw. nicht mehr besteht.
Ferner weist der Ausschuss gemäß der Forderung des Petenten darauf hin, dass die
Begehung einer Straftat nicht grundsätzlich zur Ablehnung eines Asylantrags führt
bzw. führen kann. Dies liegt daran, dass nicht jede Begehung einer Straftat die nötige
Schwere aufweist, um einer Person den Schutz zu versagen, den sie im Falle des
Vorliegens schwerwiegender Fluchtgründe verdient. Im Asylverfahren gibt es jedoch
verschiedene Ausschlussklauseln, bei deren Vorliegen die Gewährung von Asyl,
Flüchtlingsschutz oder subsidiärem Schutz ausscheidet. Vor diesem Hintergrund sind
auch Gerichtsverfahren beziehungsweise strafrechtliche Verurteilungen zu bewerten.
Nach § 3 des Asylverfahrensgesetzes ist dies u. a. der Fall, wenn aus
schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Ausländer vor
seiner Aufnahme als Flüchtling Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen,
ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder eine schwere nichtpolitische Straftat
außerhalb des Bundesgebietes begangen hat. Die Flüchtlingsanerkennung ist
außerdem ausgeschlossen, wenn die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 des
Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) vorliegen, also der Ausländer aus schwerwiegenden
Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland
anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines
Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer
Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist.
Vor dem Hintergrund des Dargelegten vermag der Petitionsausschuss ein weiteres
Tätigwerden nicht in Aussicht zu stellen und empfiehlt daher, das Petitionsverfahren
abzuschließen,weil dem Anliegen nicht entsprochen werden konnte.
Begründung (PDF)