Energiewirtschaft - Überregionaler Tarif für Wärmestrom durch Energieunternehmen

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Deutschen Bundestag
53 Unterstützende 53 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

53 Unterstützende 53 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

  1. Gestartet 2014
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Beendet

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

29.08.2017, 16:57

Pet 1-18-09-751-008524

Energiewirtschaft


Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 12.11.2015 abschließend beraten und
beschlossen:

Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.

Begründung

Mit der Petition wird gefordert, alle überregionalen Stromlieferanten zu verpflichten,
einen Tarif für Heizstrom anzubieten.
Zu dieser Petition, die auf der Internetseite des Deutschen Bundestages
veröffentlicht wurde, liegen dem Petitionsausschuss 53 Mitzeichnungen und sieben
Diskussionsbeiträge vor. Es wird um Verständnis gebeten, dass nicht auf jeden
Aspekt gesondert eingegangen werden kann.
Zur Begründung des Anliegens wird im Wesentlichen ausgeführt, dass Haushalte
mit Nachtstromheizungen an den Grundversorger ihres Wohnortes "gefesselt“ seien.
Das Bundeskartellamt (BKartA) sei bereits im Jahr 2010 in der Studie
"Sektoruntersuchung Heizstrom" zu dem Schluss gekommen, dass ein Wettbewerb
so fast ausgehebelt sei. Mit der Petition werde gefordert dagegen vorzugehen, da
dieser Zustand sicher nicht mit dem europäischen Wettbewerbsrecht vereinbar sei.
Zwar habe sich das BKartA mit vorübergehenden Preisnachlässen
zufriedenzugeben, die Ursache des Problems sei dadurch aber nicht angegangen
worden. Dabei wäre es die Aufgabe staatlicher Organe gewesen, die
wirtschaftlichen, sozialen und finanziellen Rahmenbedingungen der sogenannten
Energiewende unter technisch-naturwissenschaftlichen Gesichtspunkten neu zu
bewerten und ggf. Konsequenzen aus dieser Neubewertung zu ziehen.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter anderem unter Einbeziehung seitens der Bundesregierung und des
Ausschusses für Wirtschaft und Energie angeführter Aspekte wie folgt
zusammenfassen:

Der Ausschuss weist darauf hin, dass Stromanbieter wie auch Unternehmen aus
anderen Branchen im Rahmen der marktwirtschaftlichen Wirtschaftsordnung in ihrer
Preissetzung im Grundsatz frei sind. In Deutschland gibt es keine allgemeine,
gesetzlich angeordnete Preishöhenkontrolle für Endverbraucherpreise, denn die
Stromlieferanten stehen im Wettbewerb zueinander und Stromverbraucher können
ggf. zu einem günstigeren Lieferanten wechseln. Soweit eine marktbeherrschende
Stellung vorliegt, gelten die kartellrechtlichen Vorschriften zur
Preismissbrauchsaufsicht über marktbeherrschende Unternehmen. Die Strompreise
sollen sich im Grundsatz auf einem für Wettbewerb offenen Markt bilden und nicht
durch staatliche Vorgaben geprägt sein.
Die Stromanbieter sind im Grundsatz ebenfalls frei, wie sie im Rahmen der
wettbewerblich organisierten Strukturen ihr Beschaffungsportfolio gestalten und
welche Produkte sie im Markt anbieten. Auch die Vorgabe von Produkt- bzw.
Tarifstrukturen für im Wettbewerb tätige Stromlieferanten, wie mit der Petition
vorgeschlagen, wäre eine Regulierung, die auf den für Wettbewerb geöffneten
Strommarkt einwirkt. Vor diesem Hintergrund bedarf es unter anderem einer
kritischen Prüfung, ob solche staatliche Vorgaben tatsächlich erforderlich und
geeignet wären oder sich Angebotsdifferenzierungen, die ggf. auch auf
unterschiedliche Kundenbedürfnisse eingehen, in geeigneterer Weise im Markt
selbst ergeben.
Der Strompreis für Haushaltskunden bildet sich aus verschiedenen
Kostenbestandteilen, die die Haushalte über ihre Stromrechnung bezahlen.
Grundsätzlich sind drei Gruppen von Preisbestandteilen unterscheidbar: der auf
Stromerzeugung und Vertrieb entfallende Anteil, die regulierten Netzentgelte und die
sog. staatlich veranlassten Preisbestandteile (Steuern, Wegenutzungsentgelte,
Umlagen nach EEG, KWK-Gesetz, Offshore-Haftungs-Umlage und § 19 StromNEV).
Nach dem Monitoringbericht 2013 der Bundesnetzagentur (BNetzA) und des BKartA
setzte sich zum Stichtag 1. April 2013 ein durchschnittlicher Endpreis von ca.
20,3 Cent/kWh für die Heizstrombelieferung von Haushaltskunden aus folgenden
Preisbestandteilen zusammen:
• Energiebeschaffung- und Vertriebskosten 29%,
• Netzentgelte einschließlich Messung (geht im Regelfall an Netzbetreiber) 15 %,
• EEG-Umlage 26 %,
• Umlage nach Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz 0,6 %,

• Umlage nach § 19 Stronnnetzentgeltverordnung 1,6 %,
• Offshore-Haftungs-Umlage 1,2 %
• Wegenutzungsentgelte an Kommunen 0,5 %,
• Stromsteuer 10 %,
• Mehrwertsteuer 16 %.
Dies bedeutet, dass sich der Heizstrompreis für Haushaltskunden im allgemeinen
Durchschnitt zu mehr als zwei Dritteln aus Preisbestandteilen zusammensetzt, die
nicht zur Disposition des Lieferanten stehen.
Nach dem Monitoringbericht erfolgt die Belieferung von unterbrechbaren
Verbrauchseinrichtungen noch zu knapp 98 % durch den jeweiligen Grundversorger.
Der Anteil von Haushalten, die hier einen anderen Lieferanten als den örtlichen
Grundversorger gewählt haben, ist von 2012 auf 2013 jedenfalls von 1,7 % auf gut
2 % angestiegen. Im Vergleich mit dem Jahr 2009 (0,46 %) hat sich der Anteil auf
niedrigem Niveau vervierfacht.
Aufgrund der geringeren Anzahl von Heizstrom-Haushalten und damit verbundener
relativ höherer Transaktionskosten für die Belieferung der einzelnen Haushalte (z. B.
gesonderte Lastprofile) sowie angesichts der generell relativ niedrigen Umsatzanteile
der Lieferanten am Endpreis scheint der Markteintritt in diesem Sektor weniger
attraktiv als im allgemeinen Haushaltsstrommarkt.
Wettbewerbsdämpfend dürfte auch wirken, dass scheinbar noch zahlreiche etablierte
Stromversorger mit Heizstrom negative Margen erzielen. Für Wettbewerber ist die
Erschließung solcher Märkte auf Grund des herrschenden niedrigen Preisniveaus in
der Regel wenig attraktiv.
Daher ist der Wechsel des Nachtstromanbieters zwar theoretisch möglich, aber
praktisch in nur geringerem Maße. Nach BKartA gibt es kartellrechtlich weiterhin
sachlich eigenständige Heizstrommärkte, die in räumlicher Hinsicht nach den
etablierten Versorgungsgebieten der Heizstrom anbietenden
Energievertriebsunternehmen abzugrenzen sind. Dies ist in der Regel das
Netzgebiet des mit dem jeweiligen Stromvertriebsunternehmen verbundenen
Netzbetreibers, in dem das Vertriebsunternehmen die Stellung des Grundversorgers
nach § 36 EnWG innehat und Heizstrom anbietet. Das BKartA hat von September
2009 bis Herbst 2010 eine Reihe kartellrechtlicher Missbrauchsverfahren gegen
Versorger von Heizstrom zum Betrieb von Nachtspeicherheizungen und

Wärmepumpen geführt. Um auch den Heizstrommarkt für neue Anbieter attraktiver
zu machen und die Wettbewerbssituation zu verbessern, haben sich im Ergebnis der
abgeschlossenen Missbrauchsverfahren die betroffenen Unternehmen sowie eine
Vielzahl weiterer Heizstromversorger dem BKartA gegenüber zu marktöffnenden
Maßnahmen verpflichtet. Zugesagt wurden die Veröffentlichung von Heizstromtarifen
im Internet, die Ermittlung temperaturabhängiger Lastprofile und deren
Veröffentlichung im Internet durch den Netzbetreiber. Die betroffenen Unternehmen
hatten sich weiterhin verpflichtet, für Heizstromlieferungen nur die niedrige
Konzessionsabgabe für Sondervertragslieferungen von derzeit 0,11 Ct/kWh zu
erheben.
Ausweislich des Monitoringberichts 2013 bieten mittlerweile einige
Internetvergleichsportale auch Vergleiche für Heizstrompreise an, so dass Tarifwahl
und -wechsel für Heizstrom-Haushalte erheblich erleichtert werden. Der
Monitoringbericht führt hier insbesondere www.verivox.de und
www.strompreisvergleich.de an.
Vor dem Hintergrund der Ausführungen vermag der Petitionsausschuss keinen
parlamentarischen Handlungsbedarf zu erkennen. Er empfiehlt daher, das
Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.

Begründung (PDF)


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