11.01.2017, 03:22
Pet 1-18-09-7451-024814
Handelspolitik
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 15.12.2016 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.
Begründung
Mit der Petition werden ein nationales und ein europäisches Exportverbot von Fleisch
und Fleischerzeugnissen in Entwicklungsländer gefordert.
Zu der auf der Internetseite des Deutschen Bundestages veröffentlichten Eingabe
liegen 156 Mitzeichnungen und 7 Diskussionsbeiträge vor. Es wird um Verständnis
gebeten, dass nicht auf alle der vorgetragenen Gesichtspunkte im Einzelnen
eingegangen werden kann.
Zur Begründung des Anliegens wird im Wesentlichen ausgeführt, dass Ausnahmen
des geforderten Exportverbotes nur in begründeten Ausnahmefällen
(Naturkatastrophen oder Versorgungsengpässen) oder auf Wunsch des
Entwicklungslandes gelten sollten. Außerdem sollten Länder, die Schutzzölle für ihre
heimische Landwirtschaft einführen möchten, politisch unterstützt werden. Der
Export von Fleisch in Entwicklungsländer könne die lokale landwirtschaftliche
Produktion empfindlich stören. Außerdem verhinderten solche Exporte die
landwirtschaftliche Entwicklung in den betroffenen Ländern und könne zudem zu
einem Verlust von Arbeitsplätzen führen. Als Beispiel könne auf den Export von
Hühnerfleisch nach Ghana verwiesen werden, der zu einem Niedergang der
ghanaischen Geflügelbauern geführt habe. Hinzu käme, dass in diesen Ländern oft
keine funktionierende Kühlkette gewährleistet werden könne.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen wird auf die eingereichten
Unterlagen verwiesen.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Ansicht
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Gesichtspunkte
wie folgt zusammenfassen:
Der Petitionsausschuss führt zunächst an, dass das angeregte Exportverbot für
Fleisch und Fleischerzeugnisse in Entwicklungsländer eine Regelung zur
Beschränkung der Ausfuhr bestimmter Produkte aus der Bundesrepublik
Deutschland wäre. Für ein derartiges Gesetz hat die Bundesrepublik Deutschland als
Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU) keine Regelungskompetenz. Die
Zuständigkeit für die Handelspolitik liegt bei der EU.
Allerdings sind Exportverbote aus Sicht des Ausschusses kein geeignetes Mittel der
Entwicklungshilfe. Im Gegenteil bieten gerade offene Märkte und die Teilnahme am
Welthandel erhebliche Entwicklungschancen auch für Entwicklungsländer. Aus
gutem Grund lässt das Welthandelsrecht Exportverbote nur dann zu, wenn Exporte
zu einem kritischen Mangel an Lebensmitteln für die Versorgung der eigenen
Bevölkerung führen würden. Selbst solche Exportverbote stehen international stark in
der Kritik, da sie die Weltmarktpreise verteuern und damit gerade für ärmere Länder
notwendige Importe vom Weltmarkt behindern.
Deutschland und die EU setzen sich allerdings für eine Abschaffung aller Formen
von handelsverzerrenden Exportsubventionen im Agrarbereich ein, um Effekte, wie
sie mit der Petition beschrieben werden, zu vermeiden.
Weitgehende Schutzklauseln und die asymmetrische Ausgestaltung der
Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA) der EU und ihrer Mitgliedstaaten mit den
Staaten Afrikas, der Karibik und des Pazifik – darunter auch Ghana – ermöglichen es
diesen Staaten, sensible Produkte und Industrien zu schützen. Eine große Anzahl
der Agrarexporte aus der EU – z.B. in die Märkte der westafrikanischen Länder – ist
von der Liberalisierung ausgeschlossen. Das WPA mit diesen Ländern enthält
ergänzend Schutzinstrumente, welche die westafrikanischen Staaten einsetzen
können, um die lokale Nahrungsmittelproduktion und Nahrungsmittelindustrie zu
schützen. Diese Instrumente sind u. a. anwendbar, wenn Agrarimporte aus der EU
die Nahrungsmittelproduktion und Nahrungsmittelindustrie in Westafrika stören, zu
schädigen drohen oder schädigen. Die Instrumente erlauben beispielsweise eine
Anhebung des Zolltarifs der jeweiligen Produktgruppe bis zu dem geltenden
Meistbegünstigungszollsatz oder die Einführung von Zollkontingenten. Gleichzeitig
verpflichtet sich die EU, keine Subventionen für die Ausfuhr landwirtschaftlicher
Erzeugnisse nach Westafrika zu gewähren.
Darüber hinaus können Entwicklungsländer die handelspolitischen
Schutzinstrumente der WTO einsetzen. D. h. sie können bei Vorliegen der WTO-
rechtlichen Voraussetzungen beispielsweise Antidumping-, Ausgleichs- oder
Schutzzölle erlassen, wenn ihre eigene Wirtschaft durch Import gefährdet oder einem
unlauteren Wettbewerb ausgesetzt wird. Diese werden dann zusätzlich zu den
vorgenannten Zollsätzen erhoben. So hat beispielsweise Südafrika
Antidumpingmaßnahmen bei gefrorenem Geflügelfleisch gegenüber der EU in Kraft
gesetzt.
Wichtig ist, dass die Entscheidung darüber, ob ein Schutzzoll notwendig ist oder
nicht, von der Regierung im Importland getroffen wird und nicht vom Exportland. Nur
das Importland kann vor Ort sachgerecht abwägen, ob der Agrarsektor durch
Schutzzölle höhere Preise, oder ob die arme städtische Bevölkerung preiswerte
Importnahrungsmittel erhalten soll. Es ist auch die Aufgabe der Regierungen vor Ort,
über notwendige Hygienemaßnahmen zu entscheiden.
In all diesen Fällen ist entscheidend, dass die entsprechenden Instrumente im
Einklang mit den bestehenden Rechtsvorschriften eingesetzt werden.
Vor diesem Hintergrund empfiehlt der Petitionsausschuss nach umfassender Prüfung
der Sach- und Rechtslage, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen
nicht entsprochen werden konnte.
Begründung (PDF)