Regelungen zur Altersrente - Altersrente mit 63 Jahren ohne Abschläge nach 49jährigem Arbeitsleben

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Deutschen Bundestag
536 Unterstützende 0 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

536 Unterstützende 0 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

  1. Gestartet 2010
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Beendet

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

08.06.2017, 13:01

Brigitte Grätz

Regelungen zur Altersrente

Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 24.11.2010 abschließend beraten und
beschlossen:

Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.

Begründung

Mit der Petition wird gefordert, dass Arbeitnehmer, die mit 63 Jahren ein 49-jähriges
Arbeitsleben hinter sich haben, ohne Abschläge in Rente gehen können.

Wer 65 Jahre alt ist, könne ohne Abschläge in Rente gehen. Ein Arbeitnehmer, der
49 Jahre für den Staat gearbeitet habe, hätte es ebenso verdient, ohne Abschläge in
Rente zu gehen.

Es handelt sich um eine öffentliche Petition, die innerhalb der sechswöchigen
Mitzeichnungsfrist von 536 Unterstützern mitgezeichnet wurde und die zu 49 Diskus-
sionsbeiträgen geführt hat. Dabei führte die Diskussion zu einer Reihe weiterer Vor-
schläge zur Frage der Weiterentwicklung des Rentenversicherungssystems, die je-
doch meist außerhalb des hier zu behandelnden Anliegens lagen.

Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung des auf ungeminderte Altersrente ab
63 Jahren nach einem 49-jährigen Arbeitsleben gerichteten Anliegens der Petentin
lässt sich unter Berücksichtigung einer Stellungnahme des Bundesministeriums für
Arbeit und Soziales wie folgt zusammenfassen:

In der gesetzlichen Rentenversicherung wurden die Zugangsvoraussetzungen für die
Altersrenten seit ihrem Bestehen an die gesellschaftliche Entwicklung angepasst und
speziell die Altersgrenzen immer wieder geändert. Insbesondere 1957 und 1972
wurden Regelungen eingeführt, die den Versicherten unter bestimmten Vorausset-

zungen die Möglichkeiten eröffneten, bereits vor der Vollendung des 65. Lebensjah-
res, der Altersgrenze für die so genannte Regelaltersrente, eine Altersrente in An-
spruch zu nehmen. So boten sich den Versicherten bis zur Rentenreform 1992 eine
Reihe von Möglichkeiten an, über so genannte vorgezogene Altersrenten bereits
zwischen der Vollendung des 60. und des 65. Lebensjahres in Rente zu gehen.
Seitdem wurden die Möglichkeiten zum frühen Renteneintritt vor dem Hintergrund
des absehbaren demographischen Wandels wieder eingeschränkt. Allerdings kann
bei Vorliegen bestimmter persönlicher und versicherungsrechtlicher Voraussetzun-
gen eine Altersrente weiterhin vor Vollendung des 65. Lebensjahres beansprucht
werden, sofern Rentenabschläge in Kauf genommen werden. Diese Abschläge be-
laufen sich von Vertrauensschutzregelungen abgesehen auf 0,3 % für jeden Mo-
nat der vorzeitigen Inanspruchnahme der Altersrente.

Im Rahmen der bereits beschlossenen und auch weitgehend umgesetzten Anhe-
bung der Altersgrenzen auf das 65. Lebensjahr bei den vorgezogenen Altersrenten
hat der Gesetzgeber eine Reihe von Vertrauensschutzregelungen vorgesehen, die in
bestimmten Fallkonstellationen die Beibehaltung der Möglichkeit eines vorzeitigen
Rentenbeginns ohne bzw. mit geminderten Rentenabschlägen vorsehen. Diese Re-
gelungen sind aber einerseits auf einen bestimmten Kreis von Versicherten und an-
dererseits auf eine begrenzte Geltungsdauer beschränkt. Es ist somit sichergestellt,
dass Ausnahmen von der angestrebten Regelung, wonach ein vorzeitiger Rentenbe-
ginn nur unter Inkaufnahme von Rentenabschlägen möglich sein soll, allenfalls in-
nerhalb eines begrenzten Übergangszeitraums und bei Vorliegen besonderer Ver-
trauenstatbestände bestehen sollen.

Die Untersuchung der bisherigen Rentenabschläge bei Inanspruchnahme einer Ren-
te vor Vollendung des 65. Lebensjahres haben gezeigt, dass die Rentenabschläge
bei vorzeitigem Rentenbeginn über die gesamte Rentenlaufzeit betrachtet relativ
genau jene Mehrbelastung ausgleichen, die der gesetzlichen Rentenversicherung
durch den vorzeitigen Rentenbeginn eines Versicherten entstehen. Die Rentenab-
schläge sind insoweit versicherungsmathematisch fair; sie sind also keinesfalls als
Bestrafung für den vorzeitigen Rentenbeginn anzusehen, sondern stellen nur sicher,
dass der vorzeitige Rentenbeginn einiger Versicherter nicht auf Kosten der Solidar-
gemeinschaft geht und letztlich durch alle übrigen Versicherten und Rentner finan-
ziert werden muss. Sie sind insoweit auch als Ausfluss des Grundsatzes der Bei-
tragsäquivalenz anzusehen. Mit den Rentenabschlägen wird verhindert, dass ein

Versicherter bei vorzeitigem Rentenbeginn mehr für jeden eingezahlten Beitragseuro
erhält als ein Versicherter, der seine Altersrente erst mit 65 Lebensjahren in An-
spruch nimmt.

Dies wird bei einem Vergleich von zwei Versicherten deutlich, die jeweils 45 Jahre
durchschnittlich verdient haben und entsprechend rentenversichert waren. Während
der eine bereits im Alter von 63 Jahren in Rente geht, beantragt der andere erst mit
65. Lebensjahren seine Altersrente. Aufgrund der identischen Beitragszahlung erhal-
ten beide Versicherte ohne Berücksichtigung etwaiger Rentenabschläge eine gleich
hohe Monatsrente (nach aktuellen Werten) von rd. 1.200 EUR. Allerdings bezieht der
Versicherte, der bereits mit 63. Lebensjahren in den Ruhestand getreten ist, diese
monatliche Rente - bei gleicher durchschnittlicher Lebenserwartung - zwei Jahre län-
ger als der andere. Insgesamt erhält er damit für die gleiche Einzahlung rd. 28.800
EUR mehr Rente als der Versicherte, der seine Altersrente erst mit 65 Lebensjahren
in Anspruch nimmt.

Dieses Mehr an Rentenzahlungen ist letztlich von allen Beitragszahlern zu finanzie-
ren, d. h., insbesondere auch von jenen, die selbst - z.B. wegen einer längeren Aus-
bildung oder aufgrund von Erwerbsunterbrechungen - keine 45 Versicherungsjahre
aufweisen und deshalb diese zusätzliche Rentenzahlung nicht erhalten können.
Durch die Rentenabschläge wird dagegen sichergestellt, dass die Versicherten un-
abhängig davon, in welchem Alter sie ihre Rente beanspruchen, bei gleicher Versi-
cherungsbiographie - d.h. grundsätzlich gleichen Beitragszahlungen - über die ge-
samte Rentenlaufzeit betrachtet auch eine vergleichbare Rentenzahlung bekommen.
Die Abschläge bei vorzeitigem Rentenbeginn sind insoweit Ausdruck des Grundsat-
zes der Lohn- und Beitragsäquivalenz. Letztlich wird eine lange Beitragsdauer durch
eine entsprechend hohe Rentenzahlung honoriert.

Im Ergebnis zeigt sich somit, dass die Einführung der Möglichkeit eines abschlags-
freien vorzeitigen Rentenzugangs vor Vollendung des 65. Lebensjahres mit Umver-
teilungseffekten verbunden wäre, die sozialpolitisch nicht zu legitimieren wären. Zu-
dem ergäben sich bei Umsetzung entsprechender Vorschläge mittel- und langfristig
erhebliche Mehrausgaben für die gesetzliche Rentenversicherung, die von den Bei-
tragszahlern oder aber von den Rentnern - in Form einer Minderung der übrigen
Renten - finanziert werden müssten.

Von der Einführung einer entsprechenden Regelung als dauerhafte Vorschrift des
Rentenversicherungsrechts wurde aus diesen Gründen im Rahmen der Anhebung
der Altersgrenze für vorgezogene Altersrenten vom 60. auf das 65. Lebensjahr nach
den damaligen Reformgesetzen abgesehen.

Hiervon zu unterscheiden ist die Anhebung der Regelaltersgrenze vom 65. auf das
67. Lebensjahr nach dem Gesetz zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die de-
mografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetz-
lichen Rentenversicherung (RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz). Danach wird die
allgemeine Regelaltersgrenze zwischen 2012 und 2029 auf 67 Jahre angehoben.
Das RV - Altersgrenzenanpassungsgesetz enthält jedoch eine Ausnahmeregelung
für besonders langjährig Versicherte. Wer mindestens 45 Jahre Pflichtbeiträge aus
Beschäftigung, selbständiger Tätigkeit und Pflege sowie aus Zeiten der Kindererzie-
hung bis zum 10. Lebensjahr nachweist, kann wie bisher mit 65 Jahren abschlagsfrei
in Rente gehen. Die Abweichung vom Grundsatz der Lohn- und Beitragsäquivalenz
ist hier sozialpolitisch vertretbar.

Der Petitionsausschuss erkennt an, dass die mit den Regelungen über die Anhe-
bung der Altersgrenzen verbundenen Abschläge bei vorzeitiger Inanspruchnahme
der Altersrenten für die Betroffenen einen Einschnitt in der Altersversorgung darstel-
len und daher auf Ablehnung stoßen. Gleichwohl kann für die Erhaltung des Renten-
versicherungssystems, insbesondere unter Berücksichtigung der demografischen
Veränderungen in der Gesellschaft, derzeit keine Alternative zu diesen Regelungen
gesehen werden. Eine Regelung innerhalb der Rentenversicherung, die nach einer
bestimmten Anzahl von Beitragsjahren auf Dauer den abschlagsfreien Bezug einer
Altersrente vor Vollendung des 65. Lebensjahres ermöglichen würde, kann daher bei
allem Verständnis für dieses Anliegen nicht in Betracht gezogen werden.

Nach den vorangegangenen Ausführungen sieht der Petitionsausschuss keine Mög-
lichkeit, das Anliegen der Petentin zu unterstützen. Er empfiehlt deshalb, das Petiti-
onsverfahren abzuschließen.


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