21.01.2017, 03:22
Pet 4-18-07-401-022656
Schuldrecht
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 15.12.2016 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen teilweise entsprochen
worden ist.
Begründung
Mit der Petition wird gefordert, dass es nicht mehr möglich ist, stillschweigend einen
Vertrag zu verlängern.
Zur Begründung trägt der Petent im Wesentlichen vor, dass der Verbraucher bei der
Vielzahl von Verträgen nicht mehr überblicken könne, wann er diese kündigen kann.
Durch diesen fehlenden Überblick über die Kündigungsfristen sei der Wettbewerb
zwischen den einzelnen Unternehmen gelähmt und der Verbraucher auf eine nicht
hinzunehmende Art und Weise benachteiligt. In anderen europäischen Ländern sei
es bereits üblich, vor Ablauf der Kündigungsfrist eine Mitteilung durch den
Unternehmer zu erhalten, welche auf eine Kündigungsmöglichkeit hinweist.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen wird auf die eingereichten
Unterlagen verwiesen.
Die Eingabe wurde als öffentliche Petition auf der Internetseite des Deutschen
Bundestages eingestellt und dort diskutiert. Sie wurde von 262 Mitzeichnern
unterstützt, und es gingen 55 Diskussionsbeiträge ein.
Zu diesem Thema liegen dem Petitionsausschuss mehrere Eingaben mit verwandter
Zielsetzung vor, die wegen des Sachzusammenhangs einer gemeinsamen
parlamentarischen Prüfung unterzogen werden. Es wird um Verständnis gebeten,
dass nicht auf alle der vorgetragenen Aspekte im Einzelnen eingegangen werden
kann.
Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Aspekte wie folgt
zusammenfassen:
Ein auf bestimmte Zeit geschlossener Vertrag verlängert sich automatisch nur, wenn
die Vertragsparteien dies vereinbart haben. Keine Vertragspartei kann einseitig die
Verlängerung des Vertrags bestimmen. Es kann im Interesse beider Vertragsparteien
liegen, zunächst eine kurze Vertragslaufzeit zu vereinbaren, die sich verlängern soll,
wenn beide Vertragsparteien dann doch länger an dem Vertrag festhalten wollen. So
kann ein Lieferant nicht sicher wissen, ob er die angebotene Leistung über die
vereinbarte feste Laufzeit des Vertrages hinaus weiter erbringen kann, oder der
Kunde ist sich nicht sicher, wie lange er die Leistung benötigen wird. Dann ist es
zweckmäßig eine kurze Vertragslaufzeit mit einer Verlängerungsmöglichkeit zu
vereinbaren.
Bei individuell ausgehandelten Verträgen können deshalb die Vertragsparteien über
die Dauer des Vertrags in weitem Umfang selbst bestimmen und hierbei auch eine
stillschweigende Vertragsverlängerung um einen bestimmten Zeitraum vereinbaren.
Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass die Parteien grundsätzlich am besten
wissen, welche Vertragsdauer für sie angemessen ist. Ein generelles Verbot der
Möglichkeit, Verträge stillschweigend verlängern zu können, hält der Ausschuss für
nicht geboten.
Darüber hinaus besteht bereits ein besonderer Schutz für Verbraucher. Durch
vorformulierte Vertragsbedingungen können Unternehmer Verlängerungsklauseln für
Verträge mit Verbrauchern nur eingeschränkt vereinbaren. Nach § 309 Nummer 9
Buchstabe b Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) sind bei Verträgen mit Verbrauchern,
die die regelmäßige Erbringung von Waren oder Dienst- und Werkleistungen zum
Gegenstand haben, vorformulierte Klauseln unwirksam, die eine den Verbraucher
bindende stillschweigende Verlängerung des Vertragsverhältnisses um jeweils mehr
als ein Jahr vorsehen.
Hinsichtlich der Kündigungsfristen regelt § 309 Nummer 9 Buchstabe c BGB, dass
die Vereinbarung einer längeren als dreimonatigen Kündigungsfrist vor Ablauf der
zunächst vorgesehenen oder stillschweigend verlängerten Vertragsdauer in
vorformulierten Vertragsbedingungen unwirksam ist. Bei der Festlegung dieser
Fristen durch den Gesetzgeber wurden sowohl die Interessen der Verbraucher als
auch die der Unternehmen berücksichtigt.
Verbraucher sollten vor zu langen vertraglichen Bindungen geschützt werden, die
ihre Dispositionsfreiheit und finanziellen Spielräume einschränken. Unternehmern
sollten aber weiterhin auch längere vertragliche Bindungen ermöglicht werden, damit
sie auch längerfristig disponieren und kalkulieren können.
Vom Unternehmer vorformulierte Vertragsbedingungen werden nach § 305 Absatz 2
BGB nur Bestandteil eines Vertrages mit einem Verbraucher, wenn der Unternehmer
den Verbraucher ausdrücklich auf die vorformulierten Vertragsbedingungen hinweist
und der Verbraucher die Möglichkeit hat, diese zur Kenntnis zu nehmen. Die
vorformulierten Vertragsbedingungen sind einem Verbraucher regelmäßig
auszuhändigen oder zu übersenden, damit er von diesen Kenntnis nehmen kann.
Außerdem bestehen gegenüber Verbrauchern zusätzliche Informationspflichten
speziell zur Vertragslaufzeit.
Anbieter von öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdiensten müssen dem
Verbraucher nach § 43a Absatz 1 Satz 1 Nummer 7 und 8 des
Telekommunikationsgesetzes (TKG) im Vertrag auch Informationen zur
Vertragslaufzeit sowie zur Verlängerung und Beendigung des Vertragsverhältnisses
zur Verfügung stellen.
Bei einem Verbrauchervertrag, der eine automatische Verlängerungsklausel enthält,
hat der Unternehmer den Verbraucher vor Vertragsschluss ausdrücklich über die
Mindestlaufzeiten sowie die Verlängerungs- und Kündigungsmodalitäten zu
informieren, §§ 312, 312a, 312d BGB, Artikel 246 Absatz 1 Nummer 6, Artikel 246a
§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 11 Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche
(EGBGB).
Wird der Vertrag außerhalb von Geschäftsräumen oder im Fernabsatz geschlossen,
ist gemäß § 312f BGB der Unternehmer zudem verpflichtet, dem Verbraucher eine
Bestätigung des Vertrags, in welcher der Vertragsinhalt wiedergegeben ist, in Papier-
form bzw. auf einem dauerhaften Datenträger zu überlassen. Damit ist auch in
diesen Fällen sichergestellt, dass der Kunde die Vertragsunterlagen zur eigenen
Verfügung hat und sich jederzeit vergewissern kann, wie lange sein Vertrag läuft
bzw. bis zu welchem Zeitpunkt er gekündigt werden kann.
Der Deutsche Bundestag hat am 1. Dezember 2016 der Verordnung der
Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen
zur Förderung der Transparenz auf dem Telekommunikationsmarkt (BT-Drs. 18/8804
und 18/10508) zugestimmt, durch die die Telekommunikationsunternehmen
verpflichtet werden, Verbraucher in den Rechnungen über die Laufzeit des Vertrags
und den nächstmöglichen Kündigungstermin zu informieren.
Insoweit ist dem Anliegen entsprochen worden.
Der Petitionsausschuss hält nunmehr die geltende Rechtslage für sachgerecht und
vermag sich darüber hinaus nicht für eine Gesetzesänderung im Sinne der Petition
auszusprechen.
Der Petitionsausschuss empfiehlt daher, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil
dem Anliegen teilweise entsprochen worden ist.
Der von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gestellte Antrag, die Petition der
Bundesregierung – dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie – als Material
zu überweisen, und den Fraktionen des Deutschen Bundestages zur Kenntnis zu
geben, soweit es um eine Verpflichtung für Telekommunikationsunternehmen geht,
Verbraucher über die Vertragslaufzeit und den nächstmöglichen Kündigungstermin
zu informieren, und das Petitionsverfahren im Übrigen abzuschließen, ist
mehrheitlich abgelehnt worden.
Begründung (PDF)