Schuldrecht - Keine stillschweigende Vertragsverlängerung

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Deutschen Bundestag

262 Unterschriften

Der Petition wurde nicht entsprochen

262 Unterschriften

Der Petition wurde nicht entsprochen

  1. Gestartet 2015
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Beendet

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

Neuigkeiten

21.01.2017, 03:22

Pet 4-18-07-401-022656



Schuldrecht



Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 15.12.2016 abschließend beraten und

beschlossen:



Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen teilweise entsprochen

worden ist.

Begründung



Mit der Petition wird gefordert, dass es nicht mehr möglich ist, stillschweigend einen

Vertrag zu verlängern.

Zur Begründung trägt der Petent im Wesentlichen vor, dass der Verbraucher bei der

Vielzahl von Verträgen nicht mehr überblicken könne, wann er diese kündigen kann.

Durch diesen fehlenden Überblick über die Kündigungsfristen sei der Wettbewerb

zwischen den einzelnen Unternehmen gelähmt und der Verbraucher auf eine nicht

hinzunehmende Art und Weise benachteiligt. In anderen europäischen Ländern sei

es bereits üblich, vor Ablauf der Kündigungsfrist eine Mitteilung durch den

Unternehmer zu erhalten, welche auf eine Kündigungsmöglichkeit hinweist.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen wird auf die eingereichten

Unterlagen verwiesen.

Die Eingabe wurde als öffentliche Petition auf der Internetseite des Deutschen

Bundestages eingestellt und dort diskutiert. Sie wurde von 262 Mitzeichnern

unterstützt, und es gingen 55 Diskussionsbeiträge ein.

Zu diesem Thema liegen dem Petitionsausschuss mehrere Eingaben mit verwandter

Zielsetzung vor, die wegen des Sachzusammenhangs einer gemeinsamen

parlamentarischen Prüfung unterzogen werden. Es wird um Verständnis gebeten,

dass nicht auf alle der vorgetragenen Aspekte im Einzelnen eingegangen werden

kann.

Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung

zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich



unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten Aspekte wie folgt

zusammenfassen:

Ein auf bestimmte Zeit geschlossener Vertrag verlängert sich automatisch nur, wenn

die Vertragsparteien dies vereinbart haben. Keine Vertragspartei kann einseitig die

Verlängerung des Vertrags bestimmen. Es kann im Interesse beider Vertragsparteien

liegen, zunächst eine kurze Vertragslaufzeit zu vereinbaren, die sich verlängern soll,

wenn beide Vertragsparteien dann doch länger an dem Vertrag festhalten wollen. So

kann ein Lieferant nicht sicher wissen, ob er die angebotene Leistung über die

vereinbarte feste Laufzeit des Vertrages hinaus weiter erbringen kann, oder der

Kunde ist sich nicht sicher, wie lange er die Leistung benötigen wird. Dann ist es

zweckmäßig eine kurze Vertragslaufzeit mit einer Verlängerungsmöglichkeit zu

vereinbaren.

Bei individuell ausgehandelten Verträgen können deshalb die Vertragsparteien über

die Dauer des Vertrags in weitem Umfang selbst bestimmen und hierbei auch eine

stillschweigende Vertragsverlängerung um einen bestimmten Zeitraum vereinbaren.

Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass die Parteien grundsätzlich am besten

wissen, welche Vertragsdauer für sie angemessen ist. Ein generelles Verbot der

Möglichkeit, Verträge stillschweigend verlängern zu können, hält der Ausschuss für

nicht geboten.

Darüber hinaus besteht bereits ein besonderer Schutz für Verbraucher. Durch

vorformulierte Vertragsbedingungen können Unternehmer Verlängerungsklauseln für

Verträge mit Verbrauchern nur eingeschränkt vereinbaren. Nach § 309 Nummer 9

Buchstabe b Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) sind bei Verträgen mit Verbrauchern,

die die regelmäßige Erbringung von Waren oder Dienst- und Werkleistungen zum

Gegenstand haben, vorformulierte Klauseln unwirksam, die eine den Verbraucher

bindende stillschweigende Verlängerung des Vertragsverhältnisses um jeweils mehr

als ein Jahr vorsehen.

Hinsichtlich der Kündigungsfristen regelt § 309 Nummer 9 Buchstabe c BGB, dass

die Vereinbarung einer längeren als dreimonatigen Kündigungsfrist vor Ablauf der

zunächst vorgesehenen oder stillschweigend verlängerten Vertragsdauer in

vorformulierten Vertragsbedingungen unwirksam ist. Bei der Festlegung dieser

Fristen durch den Gesetzgeber wurden sowohl die Interessen der Verbraucher als

auch die der Unternehmen berücksichtigt.



Verbraucher sollten vor zu langen vertraglichen Bindungen geschützt werden, die

ihre Dispositionsfreiheit und finanziellen Spielräume einschränken. Unternehmern

sollten aber weiterhin auch längere vertragliche Bindungen ermöglicht werden, damit

sie auch längerfristig disponieren und kalkulieren können.

Vom Unternehmer vorformulierte Vertragsbedingungen werden nach § 305 Absatz 2

BGB nur Bestandteil eines Vertrages mit einem Verbraucher, wenn der Unternehmer

den Verbraucher ausdrücklich auf die vorformulierten Vertragsbedingungen hinweist

und der Verbraucher die Möglichkeit hat, diese zur Kenntnis zu nehmen. Die

vorformulierten Vertragsbedingungen sind einem Verbraucher regelmäßig

auszuhändigen oder zu übersenden, damit er von diesen Kenntnis nehmen kann.

Außerdem bestehen gegenüber Verbrauchern zusätzliche Informationspflichten

speziell zur Vertragslaufzeit.

Anbieter von öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdiensten müssen dem

Verbraucher nach § 43a Absatz 1 Satz 1 Nummer 7 und 8 des

Telekommunikationsgesetzes (TKG) im Vertrag auch Informationen zur

Vertragslaufzeit sowie zur Verlängerung und Beendigung des Vertragsverhältnisses

zur Verfügung stellen.

Bei einem Verbrauchervertrag, der eine automatische Verlängerungsklausel enthält,

hat der Unternehmer den Verbraucher vor Vertragsschluss ausdrücklich über die

Mindestlaufzeiten sowie die Verlängerungs- und Kündigungsmodalitäten zu

informieren, §§ 312, 312a, 312d BGB, Artikel 246 Absatz 1 Nummer 6, Artikel 246a

§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 11 Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche

(EGBGB).

Wird der Vertrag außerhalb von Geschäftsräumen oder im Fernabsatz geschlossen,

ist gemäß § 312f BGB der Unternehmer zudem verpflichtet, dem Verbraucher eine

Bestätigung des Vertrags, in welcher der Vertragsinhalt wiedergegeben ist, in Papier-

form bzw. auf einem dauerhaften Datenträger zu überlassen. Damit ist auch in

diesen Fällen sichergestellt, dass der Kunde die Vertragsunterlagen zur eigenen

Verfügung hat und sich jederzeit vergewissern kann, wie lange sein Vertrag läuft

bzw. bis zu welchem Zeitpunkt er gekündigt werden kann.

Der Deutsche Bundestag hat am 1. Dezember 2016 der Verordnung der

Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen

zur Förderung der Transparenz auf dem Telekommunikationsmarkt (BT-Drs. 18/8804

und 18/10508) zugestimmt, durch die die Telekommunikationsunternehmen



verpflichtet werden, Verbraucher in den Rechnungen über die Laufzeit des Vertrags

und den nächstmöglichen Kündigungstermin zu informieren.

Insoweit ist dem Anliegen entsprochen worden.

Der Petitionsausschuss hält nunmehr die geltende Rechtslage für sachgerecht und

vermag sich darüber hinaus nicht für eine Gesetzesänderung im Sinne der Petition

auszusprechen.

Der Petitionsausschuss empfiehlt daher, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil

dem Anliegen teilweise entsprochen worden ist.

Der von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gestellte Antrag, die Petition der

Bundesregierung – dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie – als Material

zu überweisen, und den Fraktionen des Deutschen Bundestages zur Kenntnis zu

geben, soweit es um eine Verpflichtung für Telekommunikationsunternehmen geht,

Verbraucher über die Vertragslaufzeit und den nächstmöglichen Kündigungstermin

zu informieren, und das Petitionsverfahren im Übrigen abzuschließen, ist

mehrheitlich abgelehnt worden.

Begründung (PDF)


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