Erfolg

Sozialrecht - Wohnsitzverlagerung ins Ausland

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Deutschen Bundestag
94 Unterstützende 0 in Deutschland

Der Petition wurde entsprochen

94 Unterstützende 0 in Deutschland

Der Petition wurde entsprochen

  1. Gestartet 2008
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Erfolg

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

08.06.2017, 13:14

Harald Richter Sozialrecht Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 02.07.2009 abschließend beraten und
beschlossen:

Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen teilweise entsprochen
worden ist. Begründung Mit der Petition wird gefordert, dass Empfänger von Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhalts im Alter und bei dauerhafter Erwerbsminderung diese auch bei
Wohnsitzverlagerung ins Ausland erhalten können.

Der Petent führt aus, dass Empfängern von Grundsicherung im Alter aufgrund des
Domizilprinzips beim Leistungsbezug ein Umzug in ein anderes Land verwehrt sei.
Der Leistungsbezug des Gastlandes sei ihnen auch verwehrt, da sie nicht zu den
dort niedergelassenen Selbständigen oder Arbeitnehmern gehörten. Dadurch seien
Grundsicherungsempfänger, die wegen des Klimas oder der Mentalität gerne in ei-
nem anderen Land leben wollten, hier eingesperrt, wie der Petent es nennt.

Da die Einzelstaaten innerhalb der EU ihrer Souveränität weitgehend verlustig ge-
gangen seien, sei das Gebiet der EU nicht mehr als Ausland im herkömmlichen
Sinne zu begreifen und dementsprechend sei der Freizügigkeitsartikel des Grundge-
setzes in einem weiteren Sinn auszulegen. Die Freizügigkeit müsse in diesem neuen
bundesstaatenähnlichen Staatenverbund garantiert werden. Die USA könnten hier
Vorbild sein, wo sich der Bürger auswählen könne, in welchem Staat er lebe und
durch eine Wohnsitzverlagerung nicht seinen Anspruch auf bedarfsabhängige So-
zialtransfers verliere.

Zu weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt hingewiesen. Zu dieser als öffentliche Petition zugelassenen Petition gingen 94 Mitzeichnungen
und 27 Diskussionsbeiträge ein.

Der Petitionsausschuss hat zu dem Anliegen eine Stellungnahme des Bundesmi-
nisteriums für Arbeit und Soziales eingeholt. Unter Berücksichtigung dieser Stellung-
nahme sieht das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung folgendermaßen aus:

Die Europäische Union ist ein politischer und wirtschaftlicher Zusammenschluss der
Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften, dessen Mitglieder territoriale
Selbständigkeit genießen und die damit zueinander jeweils Ausland sind. In den USA
als Bundesstaat hingegen sind die einzelnen Staaten zueinander Inland. Insofern
trägt der vom Petenten angestrengte Vergleich der USA mit der EU nicht, und die
USA können hinsichtlich des vorgetragenen Anliegens nicht Vorbild sein.

Im deutschen Sozialhilferecht ist festgelegt, dass der Bezug von Sozialhilfe für Deut-
sche mit Aufenthalt im Ausland nur unter sehr engen Voraussetzungen möglich ist.
Denn dem Grundsatz nach ist keine Sozialhilfe für Deutsche im Ausland möglich.
Dies folgt dem auch völkerrechtlich fundierten Territorialitätsgrundsatz, dass staatli-
che Fürsorgeleistungen nur an Personen im eigenen Hoheitsgebiet zu gewähren
sind. Hiervon kann abgewichen werden, wenn sich der Hilfe suchende Deutsche in
einer außergewöhnlichen Notlage befindet und zugleich nachgewiesen wird, dass
eine Rückkehr nach Deutschland nicht möglich ist aus einem der folgenden Gründe:

-

hoheitliche Gewalt.

-

-

Pflege und Erziehung eines Kindes, das aus rechtlichen Gründen im Ausland
verbleiben muss,

längerfristige stationäre Betreuung in einer Einrichtung oder Schwere der Pfle-
gebedürftigkeit oder

Nur wenn eines dieser Kriterien zutrifft, kann Sozialhilfe für Deutsche im Ausland
gewährt werden. Der Petitionsausschuss weist darauf hin, dass die Leistungsvor-

aussetzung außergewöhnliche Notlage ein gerichtlich voll überprüfbarer unbe-
stimmter Rechtsbegriff ist, für dessen Auslegung auch die Besonderheiten der Lage
im Aufenthaltsland zu berücksichtigen sind. Die Lage soll über einen besonderen
Notfall hinausgehen: So beispielsweise, wenn eine bedarfsgerechte Betreuung im
Bundesgebiet nicht möglich ist, wenn wegen der Schwere der Erkrankung bezie-
hungsweise der Pflegebedürftigkeit Transportunfähigkeit besteht oder bei Rückkehr
eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes zu befürchten wäre. Die vom Pe-
tenten ins Feld geführten Präferenzen eines milderen Klimas oder einer angenehme-
ren Mentalität in einem anderen Land sind als Kriterien einer außergewöhnlichen
Notlage nicht ausreichend. In den Fällen, in denen die hoch angesetzten Voraussetzungen für die Leistung je-
doch vorliegen, wird die Hilfe nicht versagt. Die Leistungen wären dann aber an den
Verhältnissen im Aufenthaltsland auszurichten, jedoch nicht an den deutschen Stan-
dards, wie der Petent es sich vorstellt. Zudem wäre vor Inanspruchnahme der deut-
schen Sozialhilfe der Bezug von Leistungen des jeweiligen Aufenthaltsstaates oder
von Dritten als vorrangig anzusehen.

In dem beschriebenen, wenn auch engen Rahmen ist es also bereits möglich, die
Grundsicherung im Alter auch im Ausland zu erhalten. Der Petitionsausschuss kann
über diesen Rahmen hinausgehende Möglichkeiten, wie der Petent sie befürwortet,
nicht unterstützen. Vor diesem Hintergrund empfiehlt der Petitionsausschuss, das
Petitionsverfahren abzuschließen, da dem Anliegen teilweise entsprochen worden
ist.


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