25/10/2016 à 04:22
Pet 2-18-08-65-024293
Staatsschulden
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 29.09.2016 abschließend beraten und
beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.
Begründung
Mit der Petition wird eine Ergänzung der haushaltsrechtlichen Vorschriften
dahingehend gefordert, dass die Bundesregierung neben dem Kreditbedarf auch
Dauer und Höhe der Zinszahlungen kalkulieren und im Entwurf eines
Haushaltsplanes offenlegen muss.
Zur Begründung seiner Eingabe führt der Petent im Wesentlichen an, neben der
Verschuldung der öffentlichen Haushalte stellten die Zinszahlungen für diese
Schulden ein großes Problem dar. Da regelmäßig keine Tilgung erfolge, würden die
Zinszahlungen die Schulden um ein Mehrfaches übersteigen. Ob die Finanzierung
staatlicher Aufgaben durch neue Schulden, Steuererhöhungen oder Einsparungen
auf der Ausgabenseite, etwa durch Kürzungen im Aufgabenvollzug, sinnvoll sei, sei
ein politischer Abwägungsprozess. Für diesen Prozess sei sicherzustellen, dass alle
Vor- und Nachteile der verschiedenen Alternativen erfasst würden. Aus diesem
Grund seien die Gesamtbeträge der für einen Kredit bis zu seiner vollständigen
Tilgung zu leistenden Zinszahlungen im Entwurf eines Haushaltsplanes
auszuweisen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen des Petenten wird auf die
von ihm eingereichten Unterlagen verwiesen.
Die Petition ist auf der Internetseite des Deutschen Bundestages veröffentlicht
worden. Sie wurde durch 112 Mitzeichnungen gestützt und es gingen
9 Diskussionsbeiträge ein.
Der Petitionsausschuss sieht keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf im Sinne
der Eingabe.
Der Petitionsausschuss bemerkt zunächst grundlegend, dass die Entscheidung über
die Höhe der Kreditaufnahme dem Deutschen Bundestag in seiner Funktion als
Haushaltsgesetzgeber obliegt. Dabei ist er an die Vorgaben des Grundgesetzes
gebunden. Nach den Artikeln 109 und 115 Grundgesetz (GG) bedarf die Aufnahme
von Krediten einer der Höhe nach bestimmten Ermächtigung durch Bundesgesetz.
Zudem ist der Bundeshaushalt grundsätzlich ohne Krediteinnahmen auszugleichen,
wobei der Bund über einen strukturellen Verschuldungsspielraum von 0,35 % des
Bruttoinlandsprodukts verfügt. Kreditaufnahmen sind konjunkturbedingt möglich,
wobei die konjunkturbedingten Effekte symmetrisch zu berücksichtigen sind. Darüber
hinaus sind bei Naturkatastrophen oder Notsituationen Ausnahmen bei der
Kreditaufnahme möglich. Die Kreditaufnahme unterliegt der parlamentarischen und
öffentlichen Kontrolle (Artikel 109a GG).
Der Petitionsausschuss weist darauf hin, dass bei einer Gegenüberstellung der
staatlichen Kreditaufnahme innerhalb dieses verfassungsrechtlichen Rahmens mit
den Alternativen der Steuererhöhung und der Kürzung staatlicher Ausgaben auch
Argumente zu berücksichtigen sind, die aus volkswirtschaftlicher Sicht für eine
Kreditaufnahme des Staates sprechen können. Diese können in einer
vergleichsweise rentableren Finanzierung wachstumsfördernder Investitionen liegen
oder in einer intertemporalen Verteilung der Finanzierungslasten staatlicher
Investitionsausgaben, die auch nachfolgende Generationen einbezieht, da diese
ebenfalls von den Investitionen profitieren.
Nach dem Dafürhalten des Petitionsausschusses leistet der Bund mit seiner soliden
Haushaltspolitik einen entscheidenden Beitrag, um die öffentlichen Haushalte in
Deutschland zukunftsorientiert auszurichten. Der gesamtstaatliche Schuldenstand
von Bund, Ländern, Gemeinden, Sozialversicherung einschließlich der statistisch
zugeordneten 6.500 Extrahaushalte konnte in den letzten Jahren von 80,4% des
Bruttoinlandsproduktes im Jahr 2010 auf 75% im Jahr 2014 reduziert werden. Nach
der deutschen Übersicht über die Haushaltsplanung gemäß VO (EU) 473/213 vom
15. Oktober 2015 ist auch in den kommenden Jahren eine schrittweise Rückführung
vorgesehen, mit dem Ziel, den Referenzwert des Stabilitäts- und Wachstumspaktes
für die Schuldenstandsquote von 60% des Bruttoinlandsproduktes wieder zu
unterschreiten.
Der Petitionsausschuss betont, dass das Bundesministerium der Finanzen
umfassende Kenntnis über alle Kreditaufnahmen des Bundes und seiner
Sondervermögen hat. Die Beträge und Zahltage des Schuldendienstes bestehend
aus Tilgungen und Zinsen sind bis zur letzten Endfälligkeit bekannt. Die jährliche
Kreditaufnahme und die Anschlussfinanzierungen werden vom Bundestag im
jährlichen Haushaltsgesetz beschlossen. Der im Bundeshaushaltsplan veröffentlichte
Kreditfinanzierungsplan weist die im jeweiligen Haushaltsjahr geplanten Einnahmen
aus Kreditaufnahme (Bruttokreditaufnahme) und die Tilgungszahlungen aus, jeweils
untergliedert nach Laufzeitkategorien.
Den aktuellen Stand der einzelnen Kreditaufnahmen, deren Kupon (Zinsschein
festverzinslicher Wertpapiere, der die vereinbarte Verzinsung angibt und zur
Vereinnahmung dieser berechtigt) und die Endfälligkeitstage können auf der Web-
Seite der Finanzagentur nachgelesen werden (www.deutsche-
finanzagentur.de/). Überdies können weitere Einzelheiten zur Kreditaufnahme des
Bundes dem Bericht des Bundesministeriums der Finanzen über die Kreditaufnahme
des Bundes entnommen werden. Er ist auf der Web-Seite des Bundesministeriums
der Finanzen abrufbar (www.bundesfinanzministerium.de).
Nach Auffassung des Petitionsausschusses wird durch die vorhandenen
Informationsquellen der Offenlegung von künftigen Zinszahlungen Genüge getan.
Aus diesem Grund vermag der Petitionsausschuss ein weitergehendes
parlamentarisches Tätigwerden im Sinne der Eingabe nicht in Aussicht zu stellen. Er
empfiehlt daher, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht
entsprochen werden konnte.
Begründung (PDF)