Strafverfahren - Anerkennung der Urteile der Nürnberger Prozesse

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Deutschen Bundestag

221 Unterschriften

Der Petition wurde nicht entsprochen

221 Unterschriften

Der Petition wurde nicht entsprochen

  1. Gestartet 2011
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Beendet

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

29.08.2017, 16:42

Pet 4-17-07-312-020043

Strafverfahren


Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 11.06.2015 abschließend beraten und
beschlossen:

Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.

Begründung

Mit der Petition wird gefordert: Der Deutsche Bundestag möge beschließen, dass die
Urteile der Nürnberger Prozesse aus den Jahren 1945-1949 von der Bundesrepublik
Deutschland anerkannt werden.
Zur Begründung trägt der Petent im Wesentlichen vor, bis zur deutschen
Wiedervereinigung im Jahr 1990 habe die Bundesrepublik Deutschland keine
Möglichkeit besessen, Beschlüsse oder Gerichtsurteile der Alliierten aufzuheben
oder zu ändern. Mit Erlangung der Wiedererlangung der staatlichen Souveränität
durch die Wiedervereinigung sei mit den Alliierten vereinbart worden, dass
Deutschland ohne Unterschied alliierte und bundesdeutsche Beschlüsse aufheben
oder ändern könne. Von diesem Recht habe die Bundesrepublik in Bezug auf die
Nürnberger Urteile keinen Gebrauch gemacht, diese Urteile allerdings bisher auch
nicht anerkannt. Die Bundesrepublik Deutschland solle daher die Urteile aus den
Jahren 1945-1949 ausdrücklich als Recht anerkennen und gleichzeitig damit
aufzeigen, dass sich Deutschland gegen solche Menschen verachtende Diktaturen
und Verbrechen ausspreche.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu dem Vorbringen wird auf die vom Petenten
eingereichten Unterlagen verwiesen.
Die Eingabe wurde als öffentliche Petition auf der Internetseite des
Petitionsausschusses eingestellt. Sie wurde von 221 Mitzeichnern unterstützt.
Außerdem gingen 75 Diskussionsbeiträge ein.

Der Petitionsausschuss hat der Bundesregierung Gelegenheit gegeben, ihre Haltung
zu der Eingabe darzulegen. Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung lässt sich
unter anderem unter Einbeziehung der seitens der Bundesregierung angeführten
Aspekte wie folgt zusammenfassen:
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden vor dem Internationalen Militärgerichtshof von
Nürnberg die Hauptkriegsverbrecher wegen Verbrechen gegen das Völkerrecht zur
Verantwortung gezogen. Darüber hinaus wurden in zwölf „Nürnberger
Nachfolgeprozessen“, die bis Mitte 1949 vor amerikanischen Militärgerichten
durchgeführt wurden, hohe Vertreter des Militärs, der Justiz und der Ärzteschaft,
Repräsentanten der Wirtschaft und der Industrie sowie führende Persönlichkeiten
aus Staat und Partei verurteilt, und zwar auf der Grundlage des Gesetzes Nr. 10 des
Alliierten Kontrollrats über die „Bestrafung von Personen, die sich Kriegsverbrechen,
Verbrechen gegen den Frieden oder die Menschlichkeit schuldig gemacht haben“.
Die Behandlung der Nürnberger Prozesse war Gegenstand des „Vertrages zur
Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen (in der gemäß Liste IV zu
dem am 23. Oktober 1954 in Paris unterzeichneten Protokoll über die Beendigung
des Besatzungsregimes in der Bundesrepublik Deutschland geänderten Fassung)“,
verkündet im Bundesgesetzblatt II 1955, S. 405 ff.
Artikel 7 dieses „Überleitungsvertrages“ enthält den Grundsatz, dass alle
strafrechtlichen Urteile und Entscheidungen der drei Westmächte in Strafsachen „in
jeder Hinsicht nach deutschem Recht rechtskräftig und rechtswirksam“ bleiben
sollten. Nach Artikel 6 galt dies nicht für Urteile gegen Kriegsverbrecher; hinsichtlich
dieser Gruppe wurde allerdings einem Gemischten Ausschuss die Aufgabe
übertragen, Empfehlungen zur Strafvollstreckung verurteilter Kriegsverbrecher
auszusprechen, jedoch „… ohne die Gültigkeit der Urteile in Frage zu stellen …“.
Im Rahmen eines Notenwechsels zum „Vertrag über die abschließende Regelung in
Bezug auf Deutschland“ vom 12. September 1990 („Zwei plus Vier Vertrag“) ist
Artikel 6 des o. g. Vertrages außer Kraft getreten, während Artikel 7 Abs. 1 weiter in
Kraft ist (BGBl. II 1990, S. 1386 ff.).
Die Nürnberger Prinzipien haben eine vielfältige Bestätigung als geltendes Völker-
recht erfahren. Heute steht außer Zweifel, dass das Nürnberger Recht zum gesicher-
ten Bestand des Völkergewohnheitsrechts gehört. Deutschland setzt sich in
vielfältiger Weise für die Weiterentwicklung des Völkerstrafrechts ein.

Beispielsweise hat die Bundesrepublik Deutschland mit großem Engagement seit
Anfang 1997 an den Verhandlungen über das Statut des Internationalen
Strafgerichtshofs (IStGH) mitgewirkt; parteiübergreifend erfolgte dabei ein
Bekenntnis zum Völkerstrafrecht und zur Internationalen Strafgerichtsbarkeit. Im
Zuge der Einführung des IStGH änderte die Bundesrepublik Deutschland im Jahre
2000 auch den Artikel 16 Absatz 2 des Grundgesetzes dahingehend, dass die
Überstellung Deutscher an den IStGH möglich ist.
Als Zeichen der deutschen Völkerstrafrechtsfreundlichkeit und der Anerkennung der
Nürnberger Prinzipien ist ferner die am 5. Oktober 2001 erfolgte formelle
Zurücknahme des bis dahin bestehenden deutschen „Vorbehalts“ gegen den
„Nürnberger Zusatz“ zur EMRK – nämlich die nach Artikel 7 Absatz 2 EMRK
bestehende Möglichkeit, nach Völkergewohnheitsrecht zu verurteilen – zu bewerten.
Im Jahr 2002 spiegelte sich Deutschlands Engagement bezüglich der Förderung der
Durchsetzung des Völkerstrafrechts schließlich in der Einführung des Gesetzes über
die deutsche Zusammenarbeit mit dem IStGH und der Schaffung des
Völkerstrafgesetzbuchs wider.
Die Haltung Deutschlands zu den Nürnberger Prozessen ist somit eindeutig
ersichtlich. Der Ausschuss vermag vor diesem Hintergrund keinen zusätzlichen
Handlungsbedarf zu erkennen.
Der Petitionsausschuss empfiehlt daher, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil
dem Anliegen des Petenten nicht entsprochen werden konnte.

Begründung (PDF)


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