Erfolg

Waffenrecht - Spielzeugwaffen

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Deutschen Bundestag
0 Unterstützende 0 in Deutschland

Der Petition wurde entsprochen

0 Unterstützende 0 in Deutschland

Der Petition wurde entsprochen

  1. Gestartet 2006
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Erfolg

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

08.06.2017, 13:14

Otto Pätzold

Waffenrecht Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 13.11.2008 abschließend beraten und
beschlossen: Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen teilweise entsprochen
worden ist.

Begründung

Mit der Petition wird gefordert, das Waffenrecht derart zu ändern, dass Spielzeug-
waffen, die den Anschein echter Waffen haben, nicht mehr hergestellt bzw. in Umlauf
gebracht werden können.

In der öffentlichen Petition, der sich 213 Unterstützer angeschlossen haben, und wei-
teren Petitionen alle werden wegen des Sachzusammenhangs einer gemeinsamen
Prüfung unterzogen wird im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Viele Spielzeugwaffen insbesondere auch Softair (Luftdruck) Waffen seien dem
äußeren Anschein nach von wirklichen Militärwaffen nicht mehr zu unterscheiden.
Durch die Wirkung dieser Waffen habe es in letzter Zeit immer wieder Unfälle gege-
ben. Mittlerweile seien hyperrealistische Soldatenspiele unter Kindern und Jugendli-
chen an der Tagesordnung und könnten nicht verboten werden, da es keine Bestim-
mung im Waffenrecht gebe, die diese Spielzeugwaffen zu verbotenen Gegenständen
mache. So werde Gewalt in der Gesellschaft besonders unter den Kindern
gefördert und verherrlicht. Der Gesetzgeber sei dementsprechend gefragt.

Das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung stellt sich unter Berücksichtigung einer
ausführlichen Stellungnahme des Bundesministeriums des Innern (BMI) wie folgt dar:

Es trifft zu, dass nach dem am 1. April 2003 außer Kraft getretenen alten Waffenge-
setz (WaffG) Imitate aller Arten von Kriegsschusswaffen nach § 37 Abs. 1 Satz 1
Nr. 1 Buchstabe e, Nr. 10 und 11 verboten waren (so genannter Anscheinspara-

graph). Das umfassende Umgangsverbot mit derartigen Gegenständen war sank-
tionsbewehrt. Das am 1. April 2003 in Kraft getretene (damals neue) Waffengesetz
hat diesen Anscheinsparagraphen nicht übernommen. Hauptgründe waren:

-

Der Anscheinsparagraph verursachte zwar eine Menge Ermittlungs- und ins-
besondere Begutachtungsaufwand bei den kriminaltechnischen Abteilungen der
Polizeien des Bundes und der Länder. Diesem Aufwand stand immer weniger
Erfolg gegenüber: Vollzug und Rechtsprechung zu den Waffenverboten neigten
zunehmend dazu, den Anschein bei noch so geringfügigen Abweichungen zwi-
schen Original und Imitat zu verneinen. - Der Anscheinsparagraph und die ihn näher bestimmende Nummer 37.2.4 der
Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Waffengesetz (WaffVwV) vom 29. No-
vember 1979 gingen von dem typischen Aussehen einer klassischen Kriegs-
Maschinenschusswaffe aus. In der Zwischenzeit hat sich das äußere Erschei-
nungsbild von Maschinenwaffen verändert und ist uneinheitlich geworden.

Diese Rechtsänderung wurde vom Gesetzgeber keineswegs intendiert von
Gewerbe und interessierten Kreisen in der Bevölkerung als Endabnehmer als
Signal aufgefasst, so dass nun der Markt mit Kriegswaffenimitaten aller Art (von
der Attrappe über die Softair-Waffe bis hin zur Sportwaffe im Military-Look) über-
schwemmt wurde. Irritationen in der Bevölkerung, vereinzelt sogar Polizeiein-
sätze in der Annahme des Vorliegens einer realen Gefahrensituation, waren die
Folge. Bei derartigen Polizeieinsätzen besteht die Gefahr des polizeilichen
Schusswaffengebrauchs in der irrigen Annahme einer Notwehr- oder Nothilfe-
lage.
Eine erste Reaktion seitens der Normsetzung war § 2 der Verordnung über un-
brauchbar gemachte Kriegswaffen vom 1. Juli 2004. Dieser verbietet in Absatz 1
allen Personen unter 18 Jahren den Umgang mit unbrauchbar gemachten
Kriegswaffen. Darüber hinaus ist nach Absatz 2 das offene Führen solcher Ge-
genstände verboten.

Zuwiderhandlungen sind mit Bußgeld bedroht (§ 3 Abs. 1).

Diese Rechtslage im Waffengesetz war bislang unverändert geblieben. Aller-
dings hatte das Bundesministerium des Innern im Zusammenwirken mit den an- deren betroffenen Bundesressorts eine Ächtungskampagne angestoßen. In de-
ren Rahmen wird insbesondere Aufklärung betrieben. Nicht zuletzt haben die
Waffenhandelsverbände Beipackzettel entwickelt, die auf die Risiken der Ver-
wechslungsgefahren hinweisen.

Grundsätzlich stellt der Petitionsausschuss fest, dass sich die bisherigen waffen-
rechtlichen Vorschriften im Wesentlichen bewährt haben. Inzwischen waren jedoch
Anforderungen aus dem internationalen Bereich in innerstaatliches Recht umzuset-
zen und bei der Auslegung, im Vollzug und bei der Erarbeitung untergesetzlicher
Ausführungsvorschriften zu Tage getretene punktuelle Lücken und Unklarheiten, wie
sie u. a. oben geschildert werden, zu beseitigen.

Die Bundesregierung hat daher auf Drucksache 16/7717 vom 11. Januar 2008 den
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Waffengesetzes und weiterer Vorschriften
vorgelegt, der vom Deutschen Bundestag an den Innenausschuss zur federführen-
den Beratung und weitere Ausschüsse zur Mitberatung überwiesen wurde. Der Peti-
tionsausschuss hat gemäß § 109 Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages
den federführenden Innenausschuss um Stellungnahme zu der Petition gebeten.

Auf Basis der Beschlussempfehlung und des Berichts des Innenausschusses zu dem
Gesetzentwurf der Bundesregierung und zu dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN Für ein schärferes Waffengesetz auf der Drucksache 16/8224
auf den der Innenausschuss in seiner Stellungnahme an den Petitionsausschuss
verweist wurde der Gesetzentwurf auf Drs. 16/7717 vom Deutschen Bundestag in
seiner 146. Sitzung am 22. Februar 2008 in geänderter Fassung angenommen, der
Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wurde für erledigt erklärt. Das Ge-
setz zur Änderung des Waffengesetzes und weiterer Vorschriften ist im BGBl. I vom
31. März 2008 auf den Seiten 426 ff. verkündet worden und im Wesentlichen zum
1. April 2008 in Kraft getreten.

Im Ergebnis der Beratungen im Deutschen Bundestag wurde insbesondere das im
Entwurf der Bundesregierung vorgesehene Verbot des Führens von Anscheinswaf-
fen in der Öffentlichkeit grundsätzlich auf alle Waffenattrappen, und damit insbeson-
dere auf die weit verbreiteten Kurzwaffenimitate, ausgedehnt und als Ordnungswid-
rigkeit geahndet. Ebenfalls verboten und bußgeldbewehrt ist künftig das öffentliche
Führen von Hieb- und Stoßwaffen, Einhandmessern und feststehenden Messern mit

einer Klingenlänge über 12 cm, sofern hierfür kein berechtigtes Interesse geltend ge-
macht werden kann.

Mit dem Führensverbot leistet der Gesetzgeber einen Beitrag zur Ächtung von An-
scheinswaffen dadurch, dass er sie aus dem öffentlichen Raum verbannt. Es begeg-
net damit der Gefahr, dass originalgetreue Softairwaffen mit scharfen Schusswaffen
verwechselt werden können und Polizeibeamte in der irrigen Annahme einer Not-
wehr- oder Nothilfesituation von ihrer Dienstwaffe Gebrauch machen und zwar mit
fatalen Folgen für beide Seiten.

Im Hinblick auf die Verletzungsgefahr (Geschosswirkung) bei Geschossenergien
unter 0,5 Joule, um die es im Zusammenhang mit Spielzeugwaffen allein gehen
kann, stellt der Petitionsausschuss fest, dass ein substantiierter Sachvortrag zur Ver-
letzungsgefahr in der öffentlichen Petition nicht enthalten ist. Der Geschossenergie-
grenzwert wurde in Anlage 2 Abschnitt 3 Unterabschnitt 2 Nr. 1 des Waffengesetzes
zum 1. April 2008 von 0,08 Joule auf 0,5 Joule angehoben. Mit der Anhebung des
Grenzwertes wurde das Waffenrecht an europarechtliche Vorgaben des EU-Spiel-
zeugrechts angepasst. Zuvor hatte das BMI eine Studie zur Wirkungsweise von
Softairwaffen auf menschlicher Haut beim Institut für Rechtsmedizin der Universität
Magdeburg in Auftrag gegeben. Die Studie ergab, dass durch Softairwaffen keine
nennenswerten Verletzungen auf der Haut verursacht werden, solange nicht durch
unsachgemäßen Umgang auf die Augen geschossen wird.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die erwähnten Drucksachen und die Protokolle
der Plenardebatten (137. und 146. Sitzung am 18. Januar/ 22. Februar 2008) verwie-
sen, die auf der Internetseite des Deutschen Bundestages unter www.bundestag.de
aufgerufen und ausgedruckt werden können. Auch wird auf die Fragen und Antwor-
ten zu den Änderungen des Waffengesetzes und andere Informationen zum Waf-
fenrecht auf der Internetseite des BMI unter www.bmi.bund.de > Themen A-Z > Waf-
fenrecht aufmerksam gemacht.

Vor dem Hintergrund der umfassenden Diskussionen der Rechtsmaterie im Rahmen
des Gesetzgebungsverfahrens des inzwischen nun verabschiedeten Gesetzes meint
der Petitionsausschuss, dass damit dem mit der Petition verfolgten Anliegen teilweise
entsprochen wurde. Ein komplettes Verbot der Herstellung, des Handels und des
Besitzes solcher Anscheinswaffen ist aus Sicht des Ausschusses nicht erforderlich;

ein Führensverbot erscheint zur Verringerung der Verwechslungsgefahr und daraus
entstehender Bedrohungen ausreichend.

In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass Zweck des Waffenrechts als Ord-
nungs- und Nebenstrafrecht nicht die Erziehung von Kindern oder die Prägung der
Gesellschaft in ihrer Einstellung zur Gewalt allgemein oder zur Waffengewalt im Be-
sonderen ist. Dies muss durch andere rechtliche (z. B. Jugendschutz) und gesell-
schaftliche (z. B. schulische Bildung oder häusliche Erziehung) Ansätze geleistet
werden. Das Waffenrecht hingegen ist ein an der objektiven Gefährlichkeit bestimm-
ter Gegenstände ansetzendes und hiernach differenzierendes Recht, dessen Zweck
die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Abwägung zu den Umgangsinteressen ist.

Der Petitionsausschuss empfiehlt nach alledem, das Petitionsverfahren abzuschlie-
ßen.


Helfen Sie mit, Bürgerbeteiligung zu stärken. Wir wollen Ihren Anliegen Gehör verschaffen und dabei weiterhin unabhängig bleiben.

Jetzt fördern