28.04.2015, 06:37
VERNUNFTKRAFT. NIEDERSACHSEN e.V.
- Landesverband Landschaftsschutz -
POSITIONSPAPIER
Ausgangslage
In der Koalitionsvereinbarung der rot-grünen Landesregierung Nds. für 2013-2017 wird ein Umbau der Energieversorgung in Nds. auf 100% „erneuerbare“ avisiert unter der Maßgabe, dass Energie in Zukunft „sicher, sauber und bezahlbar“ sein müsse. Das hierher führende Vorgehen müsse nunmehr planvoll koordiniert werden. Verbindliche Ziele bis 2020 sowie eine Zielplanung bis 2050 werden in Aussicht gestellt. Der Entwurf zu einem Windenergieerlass des Umwelt- und Energieministeriums Nds. in der Fassung vom 21.07.2014 führt hierzu weiter aus, dass bis 2050 einschl. bestehender Kapazitäten in Nds. 4000 Anlagen mit einer Gesamtnennleistung von 20 GW aufgestellt sein sollen und hierfür eine Fläche von voraussichtlich 68.000 ha beansprucht werde entsprechend etwa 1,4% der Landesfläche. Besonders wird hier betont, dass aus Sicht des Ministeriums „die Windenergie … das Kernstück der Energiegewinnung im Stromsektor“ bilde.
Der Ausbau solle dezentral ausgerichtet sein, daher werden Veränderungen in Natur und Landschaft in Kauf genommen, „die Akzeptanz in der Bevölkerung erfordern“. Auf Einbindung der Bürgerinnen u. Bürger in Form einer Beteiligung an Wertschöpfung einschließlich Entwicklung des ländlichen Raumes wird gesetzt. Der Ausbau solle mit möglichst geringen Belastungen der Bevölkerung und unter Wahrung der Belange von Natur und Landschaft erfolgen.
Gleichzeitig soll aber mit einer überarbeiteten Raumplanung ein höherer Anteil an Flächen zur onshore-WE-nutzung ermöglicht werden.
Ein dringender Bedarf am Ausbau einer Netzinfrastruktur zur Verteilung und Übertragung wird besonders herausgestellt, wobei ökologisch sinnvoller Erdverkabelung Priorität zu geben sei unter bestimmender Gestaltungsmöglichkeit der öffentlichen Hand.
Der Energieforschung und den Speichertechnologien sei höchste Priorität einzuräumen; als innovativer Ausblick werden auch geothermische Potentiale oberflächennah und als Tiefengeothermie in Aussicht genommen.
Als Leitgedanke zur Nachhaltigkeit wird parallel hierzu auch angeführt, dass „der Ressourcenverbrauch drastisch sinken“ und dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) als Indikator für die Entwicklung eines Landes durch andere Indikatorinstrumente ergänzt werden müsse.
Wir bejahen den Grundgedanken einer Umweltpolitik, die das Ziel der Erhaltung der Schöpfung und die weitmögliche Abwendung von globalen Katastrophen etwa durch Erschöpfung weltweiter Ressourcen oder Veränderungen der Troposphäre verfolgt. Wir bejahen eine hierin immanente Erwägung von Aspekten menschlichen Einwirkens, menschlicher Verursachung und zielgerichteter Gegenstrategien. Eine vernünftig geplante „Energiewende“ und das enthaltene Konzept der Windstromerzeugung können hierzu einen Beitrag leisten. Die Bürgerinnen und Bürger in Niedersachsen sind jedoch unzufrieden mit der derzeitigen desaströsen Umsetzung!
Wir halten es für notwendig, mit Nachdruck die folgenden Gegenpositionen vorzutragen:
1. Die Kurssetzung der deutschen „Energiewende“, auch in Niedersachsen, ist einseitig, übereilt, blendet wichtige Perspektiven aus und dient nicht konsequent den wahren Belangen und Visionen einer notwendigen globalen Umweltpolitik.
VERNÜNFTIG wäre eine Umweltpolitik, die ganzheitlichen und globalen Perspektiven verpflichtet ist! Wir fordern, das Tempo der „Energiewende“ stark zu verlangsamen! Ohne sinnhafte Speicher und Trassen machen mehr und mehr Anlagen nicht den geringsten Sinn.
2. Die kurz- und mittelfristigen Vorgaben der Energiepolitik in Deutschland und Niedersachsen sind nach ernsthafter Expertenauffassung in dieser Form mit heute verfügbaren oder voraussehbaren Mitteln und ohne Belastungen, die jegliche Tragfähigkeit sprengen würden, nicht realisierbar.
Die VERNUNFT zwingt zu der Erkenntnis, dass die momentan von politischen Organen formulierten Zielsetzungen der Energiepolitik in Niedersachsen und in Deutschland technisch und räumlich nicht umzusetzen sein werden.
3. Eine Neujustierung von Grundideen der Energie-, Klima- und Umweltpolitik in Deutschland und Niedersachsen ist unabdingbar. Die Formulierung „Die Windenergie … bildet das Kernstück der Energiegewinnung im Stromsektor“ muss wenigstens ersetzt werden durch: „Die Windenergie kann einen Beitrag leisten…“
Wir fordern, die Vorgaben der Energiepolitik, vor allem im Windstromsektor, der technischen Realität und der Verträglichkeit für Lebensräume anzupassen. VERNÜNFTIG wären nicht mehr als 20-25 %
Windstromanteil auf maximal 1% Landesfläche. VERNÜNFTIG wären maßvollere Perspektiven und außerdem Realismus beim Einsatz von Brückentechnologien! Wir fordern Realismus auch hinsichtlich notwendiger Kosten und ein sozial verträgliches Finanzierungskonzept, das die Belastungsfähigkeit der schwächeren Anteile unserer Gesellschaft berücksichtigt! STOP für jeden weiteren Ausbau, bis Netze fertiggestellt und wirtschaftlich tragbare Speichertechnologien entwickelt sind!