A petição é dirigida a:
Bundesfinanzminister Lars Klingbeil, Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas, Bundeswirtschaftsministerin Katharina Reiche, Bundeskanzler Friedrich Merz
Zum 1.1.2026 will die Bundesregierung die Aktivrente einführen. Wer die Regelaltersgrenze (66 Jahre und vier Monate) überschreitet, soll künftig 2.000 Euro pro Monat steuerfrei dazuverdienen können. Statt das Renteneintrittsalter zu erhöhen, soll durch die massive Steuerersparnis von bis zu 919 Euro pro Monat ein positiver Anreiz gesetzt werden, länger zu arbeiten. Das ist grundsätzlich begrüßenswert.
Allerdings soll diese ungewöhnlich hohe Steuervergünstigung nur für Angestellte gelten, nicht für Selbstständige. Denn sie würden ja ohnehin weiterarbeiten, heißt es im aktuellen Gesetzesentwurf zur Aktivrente vom 9.10.2025: Es bedürfe "aktuell keiner weiteren Anreize ..., diesen Personenkreis zur Weiterarbeit zu bewegen."
Eklatante Ungleichbehandlung von Selbstständigen und Angestellten
Aus unserer Sicht handelt es sich um eine eklatante Verletzung von Artikel 3 Grundgesetz ("Gleichbehandlungsgrundsatz"). Sie reiht sich ein in eine Vielzahl von Diskriminierungen von Selbstständigen. Die Schlechterbehandlung ist hier aber besonders offensichtlich und hat das Potenzial, den ohnehin bestehenden Unmut massiv zu erhöhen, quasi das "Fass zum Überlaufen zu bringen". Hart arbeitende Selbstständige erleben die Begründung als zynisch und als Schlag ins Gesicht. Sie ist zugleich aber auch inhaltlich fehlgeleitet und gefährdet die Erreichung der wirtschaftspolitischen Ziele der Bundesregierung.
Unsere Forderung: Aktivrente auch für Selbstständige
Wir fordern die Einführung einer fairen Aktivrente für Angestellte UND Selbstständige. Nur so wird von der Aktivrente ein kraftvoller Impuls für die deutsche Wirtschaft ausgehen.
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Selbstständige sind keine Erwerbstätigen zweiter Klasse
Viele Menschen arbeiten im Rentenalter selbstständig weiter, und das aus ganz unterschiedlichen Motiven: Viele Angestellte und Beamte wollen im Alter endlich entsprechend ihrer eigenen Qualitätsvorstellungen arbeiten und selbst bestimmen, wann und wieviel. Viele Selbstständige arbeiten für begrenzte Zeit weiter: mangels Nachfolgern, weil ihre (Dienst-)Leistungen dringend benötigt werden – und schlicht deshalb, weil sie Freude an ihrer Arbeit und den sozialen Kontakten haben. Eine Minderheit der Selbstständigen (und Angestellten) muss im Alter aus finanziellen Gründen weiterarbeiten.
Das Gesetzesvorhaben strotzt vor Widersprüchen
An letztgenannter Teilgruppe wird die innere Widersprüchlichkeit des Gesetzesvorhabens besonders deutlich: Seit Jahren unterstellt die Bundesregierung Selbstständigen ein besonders hohes Risiko von Altersarmut, um sie nun im Rahmen der Aktivrente von den steuerlichen Vergünstigungen auszuschließen.
Ebenso widersprüchlich ist die Begründung, die Aktivrente solle nur Rentner/innen zugute kommen, die pflichtweise in die gesetzlichen Sozialsysteme einzahlen. Viele Selbstständigen sind nach § 2 SGB VI ebenfalls rentenversicherungspflichtig (z.B. selbstständige Lehrer und Erzieher, Pflegepersonen, Hebammen, Physiotherapeuten, Künstler und Publizisten, arbeitnehmerähnlich Selbstständige).
Warum werden sie von der Aktivrente ausgeschlossen, obwohl sie doch seit Jahrzehnten Rentenversicherungs- und andere Sozialversicherungs-Beiträge bezahlen – und zwar deutlich höhere als vergleichbare Angestellte und deren Arbeitgeber zusammen?
Auch Selbstständige leisten aktive Arbeit!
Eine weitere Begründung für den Ausschluss Selbstständiger lautet, mit der Aktivrente solle nur "aktive Arbeit" gefördert werden. Aktive Arbeit meint Tätigkeiten, bei denen Einkommen durch persönliche Arbeitsleistung erzielt wird. Den Selbstständigen wird damit unterstellt, sie lebten von passivem Einkommen etwa durch Kapital- und Mieterlöse. Doch diese sind von der Aktivrente ohnehin nicht begünstigt. Die ganz überwiegende Mehrheit der Selbstständigen beschäftigt im Alter zudem keine Arbeitnehmer, die "ihre Arbeit für sie erledigen" würden. Gerade noch als prekär geframte Selbstständige werden im nächsten Moment als Nutznießer passiven Einkommens dargestellt!
Ein „Sonderopfer“ jagt das nächste
Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages schreibt, dass die geplante Aktivrente verfassungsgemäß sein könne, wenn der Gesetzgeber "ihre Eignung und Erforderlichkeit für überragende Gemeinwohlziele" darlegen kann, die ein Sonderopfer benachteiligter Gruppen rechtfertige. Mit derselbelben Argumentation wurden Selbstständigen in der Corona-Zeit (durch Betätigungsverbote ohne wirksamen Ausgleich) bereits umfangreiche Sonderopfer aufgebürdet. Für nicht wenige führte dies in die Insolvenz oder zum Verlust von erheblichen Teilen ihrer Altersvorsorge.
Der Ausschluss von Selbstständigen von der Aktivrente ist nicht nur zutiefst ungerecht, widersprüchlich und angesichts des schwerwiegenden Grundrechtseingriffs verfassungsrechtlich äußerst fragwürdig. Er ist auch wirtschaftspolitisch kontraproduktiv.
Razões
Auch Selbstständige sind Fachkräfte
Die Bundesregierung betrachtet nur den drohenden Rückgang beim Arbeitsvolumen der Arbeitnehmer/innen, möchte deshalb laut Gesetzesentwurf "Engpässe in vielen Bereichen entschärfen und Erfahrungswissen länger in den Betrieben halten". Doch sie tut das auf Kosten Selbstständiger.
Auch Selbstständige sind Fachkräfte. Sie stehen Unternehmen schnell und flexibel zur Verfügung und können Engpässe entschärfen. Sie bilden sich eigenverantwortlich fort, tragen Innovationen und Erfahrungswissen in die Unternehmen. Kurz: Selbstständige könnten einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der Ziele des Gesetzes leisten.
Selbstständigkeit fördern, statt sie zurückzudrängen
Durch die zuletzt wenig selbstständigenfreundliche Politik ist die Zahl insbesondere der hauptberuflich Selbstständigen stark zurückgegangen. Die Folge: Während die Zahl der von Nicht-Selbstständigen geleisteten Arbeitsstunden in den letzten 20 Jahren von 47,1 auf 54,8 Milliarden Stunden gestiegen ist, ist das von Arbeitsvolumen der Selbstständigen von 9,2 auf 6,4 Milliarden Stunden zurückgegangen. Ihr Anteil am Gesamtarbeitsvolumen sank von 16,3 auf 10,4 Prozent (IAB Arbeitszeitrechnung). Die Zahl hauptberuflicher Gründungen nahm um 70 Prozent ab (KfW).
Vielen ins Rentenalter kommenden Selbstständigen stehen deshalb immer weniger Gründende und Nachfolger/innen gegenüber. Es braucht dringend Initiativen für mehr Gründungen sowie Anreize, um Bestandsselbstständige länger in der Erwerbstätigkeit zu halten - wie die Aktivrente.
Selbstständigkeit im Alter ist attraktiv. Durch eine Aktivrente für Selbstständige könnte bei gleichem Aufwand ein deutlich größererer Effekt erreicht werden als bei Angestellten. Diese nutzen häufig Frühverrentungsprogramme, die "Rente mit 63" etc. Haben sie aber das Arbeitsleben für sich beendet, ist es es nur mit sehr großem Aufwand möglich, sie für den Arbeitsmarkt zurückzugewinnen..
Die Bundesregierung rechnet damit, über die Aktivrente 25.000 zusätzliche Anstellungsverhältnisse zu schaffen. Dem stehen 890 Millionen Euro an Steuerausfällen gegenüber. Jedem Angestellten, der durch die Aktivrente länger arbeitet, stehen also Kosten von 35.600 Euro jährlich gegenüber – obwohl pro Kopf nur 24.000 Euro steuerfrei gestellt sind.
Grund sind die extrem hohen Streuverluste: 300.000 Rentner/innen arbeiten bereits angestellt und werden künftig in der Regel keine Lohnsteuer mehr bezahlen müssen. Diese Streuverluste in Bezug auf schon jetzt im Alter arbeitende Angestellte thematisiert der Gesetzentwurf an keiner Stelle. In Hinblick darauf, dass bei einer Einführung für Selbstständige auch Bestandsselbstständige von der Regelung profitieren würden, benutzt die Bundesregierung dagegen den abwertenden Begriff des "Mitnahmeeffekts".
Schlechterbehandlung reduziert Nettoeffekt
Dem großen positiven Anreizpotenzial bei der Einbeziehung von Selbstständigen in die Aktivrente steht bei ihrem Ausschluss ein ebenso großes negatives "Disincentive"-Potenzial gegenüber. Die geplante krasse Schlechterbehandlung von Selbstständigen dürften viele veranlassen, ihre Selbstständigkeit früher zu beenden oder eine im Alter geplante Gründung zu unterlassen.
Im Extremfall stehen den 25.000 zusätzlichen Anstellungsverhältnissen ebenso viele oder mehr beendete oder unterbliebene Selbstständigkeiten gegenüber. Das reduziert den Nettoeffekt auf die Erwerbstätigenquote und könnte dazu führen, dass die Steuerausfälle pro zusätzlichem Erwerbstätigen weit höher ausfallen als die berechneten 35.600 Euro pro Kopf und Jahr.
Mehr Bürokratie und Rechtsunsicherheit, weniger Produktivität
Gegen den Ausschluss von Selbstständigen spricht auch eine Vielzahl praktischer Gründe: Jede Unterscheidung nach Erwerbsform erhöht den bürokratischen Aufwand. Tätigkeiten, die (z.B. wegen ihrer Kurzfristigkeit) wirtschaftlich sinnvoller im Rahmen einer Selbstständigkeit ausgeübt werden, würden im Alter dann in einer Anstellung durchgeführt – mit deutlich höherem bürokratischen Aufwand für alle Seiten. Dieser wird finanziert durch den Steuervorteil. Unter dem Strich geht Produktivität verloren.
Die Rechtsunsicherheit bei der Abgrenzung von Selbstständigkeit und Anstellung wird dadurch weiter zunehmen: Nicht unwahrscheinlich ist etwa, dass die Deutsche Rentenversicherung (DRV) abhängige Beschäftigungen feststellt, die dann von den Finanzämtern in Frage gestellt werden und umgekehrt. Schon jetzt führt die mit dem dysfunktionalen Statusfeststellungsverfahren der DRV verbundene Komplexität und Rechtsunsicherheit dazu, dass 27 Prozent der Selbstständigen erwägen, ihre Erwerbstätigkeit früher als eigentlich geplant zu beenden (IW Köln).
Darum fordern wir eine faire Aktivrente für Angestellte UND Selbstständige. Nur so wird von der Aktivrente ein kraftvoller Impuls für die deutsche Wirtschaft ausgehen.
Selbst betroffen