Petition richtet sich an:
Bezirk Oberbayern & Bayerisches Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales
Petition zur Verbesserung der Unterbringung und Anwesenheit von Kindern und Jugendlichen in Fördereinrichtungen und Heilpädagogischen Tagesstätten.
Wir, die Unterzeichnenden, wenden uns mit dieser Petition an alle Verantwortlichen, um auf die dringende Notwendigkeit einer Veränderung der aktuellen Praxis der Unterbringung und Anwesenheit von Kindern und Jugendlichen in Fördereinrichtungen und Heilpädagogischen Tagesstätten hinzuweisen.
Die Anwesenheitspflicht in einer Fördereinrichtung beträgt in der Regel 8,5 Stunden, aufgeteilt in Schule /schulvorbereitende Einrichtung und Heilpädagogische Tagesstätte am Nachmittag.
Da die Fördereinrichtungen oft nicht wohnortnah sind, kommen Fahrtzeiten von bis zu einer Stunde pro Strecke hinzu.
Das entspricht einer Abwesenheit vom häuslichen Umfeld von zehn Stunden für Kinder ab vier Jahren. Das entspricht einem Tagespensum eines Vollzeit arbeitenden pendelnden Erwachsenen.
Für viele Menschen mit Behinderung ist das einfach zu viel. Statt an wichtigen Therapien oder Gruppenaktivitäten teilnehmen zu können, werden diese buchstäblich verschlafen, weil die langen Tage ohne ausreichend Regenerationspausen belastend sind.
Möchten Eltern für ihr Kind individuelle bedürfnisorientierte Anwesenheitszeiten, riskieren sie nicht selten den Platz in der Einrichtung. Ausnahmen sind nur möglich, wenn diese medizinisch schriftlich begründet sind. Ein aufwendiger und entwürdigender Rechtfertigungsprozess für pflegende Eltern. Man verliert unter Umständen das Recht auf Bustransport zur Einrichtung und muss für diesen erneut kämpfen oder sein Kind selbst bringen.
„One fits NOT all!!“ - Kinder und Jugendliche mit Behinderung haben individuelle Bedürfnisse und unterschiedliche Belastbarkeiten.
Für gesunde Kinder können Eltern frei entscheiden, welches Schul- und Betreuungsmodell mit wie viel Abwesenheit sie von zu Hause wählen, z.B. Ganztagesklasse, Mittagsbetreuung, Hort oder direkt nach der Schule nach Hause.
Diese Möglichkeit haben Eltern von Kindern mit Behinderung in aller Regel nicht. Passt das Kind nicht in den „Rahmen“, hat man Pech gehabt.
Diese Vorgaben sind meist nicht von der Einrichtung vorgegeben, sondern von den Kostenträgern, in Bayern z.B. für die Schule die Regierung Oberbayern und für die HPT der Bezirk Oberbayern.
Wir möchten mit dieser Petition erreichen, dass diese jungen Menschen sichtbar werden - im Stadtbild, in Vereinen, in der Gesellschaft.
Eltern möchten die Wahl haben, wie lange ihr behindertes Kind betreut wird, wie Eltern von gesunden Kindern auch.
Wir fordern:
1. Individuelle Anpassung der Unterbringungsdauer
Die Dauer der Unterbringung muss den Bedürfnissen jedes Einzelnen gerecht werden und individuell angepasst werden können. Die Unterbringung in einer Fördereinrichtung darf nicht automatisch den gesamten Tagesablauf der Kinder und Jugendlichen bestimmen, sondern muss eine flexible Lösung bieten, die eine zunehmende Integration in das gesellschaftliche Leben ermöglicht.
2. Recht auf Teilhabe
Jedes Kind und jeder Jugendliche, auch in Fördereinrichtungen, hat das Recht auf Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Dazu gehört die Möglichkeit, Freundschaften zu pflegen, an Freizeitaktivitäten teilzunehmen und Hobbys zu entwickeln. Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass diese jungen Menschen „weg“ sind, sondern sie müssen die gleichen Chancen auf ein erfülltes, soziales Leben haben wie alle anderen.
3. Förderung von Freizeitmöglichkeiten und Hobbys
Freizeitaktivitäten und die Pflege von Hobbys sind für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen unverzichtbar. Fördereinrichtungen müssen daher Voraussetzungen schaffen, die eine aktive Teilnahme an Freizeitaktivitäten außerhalb der Einrichtung ermöglichen. Diese Aktivitäten tragen nicht nur zur persönlichen Entwicklung bei, sondern stärken das Selbstwertgefühl und das Gefühl der Zugehörigkeit zur Gesellschaft.
4. Verbesserte gesellschaftliche Wahrnehmung
Kinder und Jugendliche in Fördereinrichtungen dürfen nicht in den Hintergrund gedrängt werden. Die Gesellschaft muss die Verantwortung übernehmen, diese jungen Menschen in die Gemeinschaft zu integrieren. Bildungseinrichtungen, Sportvereine, Kulturangebote und andere soziale Projekte müssen Barrieren abbauen, um den Zugang für alle jungen Menschen zu ermöglichen, unabhängig von ihren besonderen Bedürfnissen.
Wir appellieren an alle politischen, sozialen und gesellschaftlichen Akteure, diese Missstände zu erkennen und umgehend zu handeln. Die Kinder und Jugendlichen in Fördereinrichtungen haben das gleiche Recht wie alle anderen, ein Leben in Teilhabe, Mitbestimmung und Selbstbestimmung zu führen.
Mit Ihrer Unterstützung können wir gemeinsam eine Gesellschaft gestalten, die alle Kinder und Jugendlichen mit ihren individuellen Bedürfnissen und Talenten berücksichtigt.
Wir danken Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und Ihre Unterstützung.
Bitte fragen Sie sich einmal kurz selbst, wie oft sie Familien mit schwer behinderten Kindern in der Öffentlichkeit sehen, in Cafés, Eisdielen oder im Schwimmbad.
Kinder und Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen werden meist unter der Woche tagsüber in Fördereinrichtungen untergebracht, wenn eine Beschulung und Betreuung in Regeleinrichtungen aufgrund von fehlender Barrierefreiheit und Inklusionsbemühungen nicht möglich ist. Diese Fördereinrichtungen bieten zwar notwendige Unterstützung durch speziell ausgebildetes Fachpersonal, gleichzeitig ist die Teilhabe an der Gesellschaft stark einschränkt. Diese Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen verbringen den Großteil des Tages in Einrichtungen, wodurch eine Integration in das soziale Leben und das Gemeinwesen erheblich erschwert wird. Viele dieser jungen Menschen leben ein „Leben der Unsichtbaren“, fernab von gesellschaftlicher Teilhabe und den Möglichkeiten, Freizeit zu gestalten oder Hobbys oder Beziehungen zu pflegen. Sie verlassen das häusliche Umfeld früh am Morgen und kehren erst am späten Nachmittag zurück. In vielen Familien bestimmt diese Tatsache die Tagesplanung und alle Familienmitglieder ordnen sich den Hol- und Bringzeiten unter bezüglich ihrer eigenen Arbeitszeit oder Freizeitaktivitäten.
Das ist keine INKLUSION, sondern EXKLUSION!