Soziales

Für die Wiederherstellung einer sozialpädagogisch und ethisch orientierten Jugendhilfe

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Frau M. Schwesig, Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
1.194 Unterstützende 1.176 in Deutschland

Bearbeitungsfrist abgelaufen

1.194 Unterstützende 1.176 in Deutschland

Bearbeitungsfrist abgelaufen

  1. Gestartet 2015
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Gescheitert

22.04.2016, 19:20

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Leider ist bei der letzten Mail nicht der ganze Text übersendet worden.
Wir hoffen diesmal klappt es ansonsten ist der Text auch als PDF über den obigen Link abrufbar.
• Sie sind in besonderem Maße erzürnt über die unangemessenen, krankmachenden und fachlich kontraproduktiven Arbeitsbedingungen. Sie fordern die Begrenzung der Fallbelastung im ASD, die Abschaffung der Stellenunsicherheiten am Jahresende, den Schutz der Studien-Abschlüsse von Sozialarbeiter*innen und hinreichende Zeitressourcen für die gestellten sozialpädagogischen Aufgaben.
Häufig werden in diesem Zusammenhang auch die prekären Arbeitsverhältnisse und Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter*innen in der Kinder- und Jugendhilfe kritisiert. Unterbezahlung, geringe vertragliche Stundenzahl, vom Arbeitgeber erwartete, unbezahlte Mehrarbeit, Zeitverträge und mehr werden als für die fachliche Arbeit kontraproduktiv und für die persönliche Lebenslage der betroffenen Sozialarbeiter*innen als unzumutbar beschrieben.
Beispiel:
„Wir erleben täglich die Auswirkungen von zu wenigem Personal in den Jugendämtern, der Amtsvormundschaft und in unseren Einrichtungen. Unsere fachliche Arbeit ist nur noch durch Selbstausbeutung in der durch uns verantwortbaren hohen Qualität zu leisten. Die Kinder, Jugendlichen, jungen Mütter und Väter kommen mit vielen psychosozialen, emotionalen und finanziellen Problemlagen in unsere Betreuung und auch die Arbeit mit deren Herkunftsfamilien wird immer umfassender und aufwendiger. Die Anforderungen an uns Sozialpädagog/inn/en und Erzieher/innen steigen permanent, doch die entsprechende Wertschätzung unserer Arbeit bleibt aus. … Unsere Arbeit wird nicht entsprechend geltendem Arbeitsgesetz angerechnet und vergütet, obwohl wir staatliche Pflichtaufgaben erfüllen und die Verantwortung für junge Menschen tragen. Wie kann so eine qualifizierte und ethische soziale Arbeit geleistet werden? Mit diesen einschränkenden Rahmenbedingungen kann gutes Personal kaum gehalten werden und Beziehungsabbrüche für unsere Kinder und Jugendliche ist vorprogrammiert. … Die jahrelange Kürzungspolitik des Staates und deren Auswirkungen haben nachhaltige entwicklungshemmende und entfaltungsbegrenzende Auswirkungen, sie wird auf dem Rücken der durch uns betreuten Kinder und Jugendlichen sowie auf dem sozialpädagogischen Personal ausgetragen.“

• Sie verurteilen mit Blick auf ihre fatalen Folgen explizit die marktwirtschaftliche Orientierung großer Teile der heutigen Kinder- und Jugendhilfe und ihre neoliberale Ausrichtung.
Nicht mehr die Menschen ständen im Zentrum der gegenwärtigen Kinder- und Jugendhilfe, sondern die Interessen des Anbietermarktes, die funktionale Wirkungsorientierung der Inhalte (in deren Verlauf es nicht mehr um das Wohl der Minderjährigen, ihre Bildung und Erziehung geht, sondern um die Vermeidung weiterer Unterstützungsleistungen ) sowie die Spar- und Kontrollbedürfnisse des Staates. Die Kinder- und Jugendhilfe habe sich in weiten Teilen von den humanistischen und demokratischen Werten abgewandt.
Sie fordern, den Abbau des betriebswirtschaftlichen Denkens und Entscheidens innerhalb der Kinder- und Jugendhilfe und die Zurücknahme der fachfremden Steuerungsmodelle, die an Stelle von sozialpädagogischer Fachlichkeit die Kinder- und Jugendhilfe dominieren.
Beispiele:
„Meine Erfahrungen in 23 Jahre Arbeit in der Jugendhilfe als Sozialarbeiterin haben mich veranlasst, diese Arbeit nieder zulegen. Dem System werfe ich vor, zunehmend über die Jahre und ganz die Jugendarbeit von privaten professionsfremden, betriebswirtschaftlich und Profit orientierten Menschen in Führung übernommen zu haben. Die professionellen Helfer werden kaputt gespielt psychisch: durch Ausbeutung, Mobbing und Verhinderung von menschenwürdiger Betreuung. Innovation und gute Ideen werden immer nur gewünscht wenn sie Kosten sparen, um den Geschäftsführern der sog. gemeinnützigen GmbH s das Bankkonto zu füllen.“

„Herzlichen Dank für diese wichtige und überfällige Initiative. Wir dürfen uns nicht länger gefallen lassen, dass fachfremde neoliberale Kräfte, die alles über den Markt geregelt wissen wollen, vorgeben wie Sozialen Arbeit zukünftig gestaltet wird. Der Mensch und nicht der "Markt" muss unser Handeln bestimmen. Nicht die kostengünstigsten sondern die aus fachlicher Sicht besten Hilfen, müssen unser Bestreben sein.“

Diese Stimmen sind an die Politik gerichtet. Die Unterzeichner*innen der Petition erwarten, dass die Regierung die seit Jahren geduldeten Rechtsbrüche in der Kinder- und Jugendhilfe abstellt und nachhaltig sanktioniert.

Einschätzung des Ergebnisses der Petition
Angesichts restriktiver, überbelastender und prekärer Arbeitsbedingen in der Kinder- und Jugendhilfe sind 1.194 Unterzeichner*innen der Petition ein beachtlicher Erfolg. Für viele war die Erkenntnis, mit ihren Sorgen und Problemen in der Jugendhilfepraxis nicht alleine zu sein, von großem Wert.
Die vielen anonymen Unterschriften weisen allerdings darauf hin, dass es derzeit von einem großen Teil der Mitarbeiter*innen bei öffentlichen und freien Trägern als riskant eingeschätzt wird, laut und offen Kritik an den gegebenen Verhältnissen in der Kinder- und Jugendhilfe zu üben. Das halten wir für hoch problematisch und für einen Hinweis darauf, dass gegenwärtig die Demokratie in diesem Lande nicht mehr funktioniert. Die Politiker*innen sollte diese hohe Zahl anonymer Unterschriften alarmieren.
1.194 Unterzeichner*innen, das ist viel. Aber wir nehmen an, dass die Gruppe, die kritisch auf die Entwicklung in der Kinder- und Jugendhilfe blickt, noch sehr viel größer ist.
Wir teilen die Meinung, dass unsere Petition Mängel aufwies und in einigen Punkten verbesserungswürdig gewesen wäre. Dabei ging es u. a. um die Verbreitung des Aufrufs sowie um Tonfall und Stil, um eine zu starke Gewichtung der „Hilfen zur Erziehung“, den Mangel an Visionen und das Fehlen konkreter Forderungen an die Politik sowie um unsere Klagen, von der Politik missbraucht und hingehalten zu werden.

Wir verstehen unseren Aufruf nicht in erster Linie als Stimmensammlung, sondern wichtiger ist uns, dass dieser Aufruf diskutiert wurde, dass kritische Menschen der Kinder- und Jugendhilfe dadurch zusammenfinden können und zusammen Strategien entwickeln.
Die Petitionsfrist ist nun abgelaufen. Wir werden sie zusammen mit den Unterschriften dem zuständigen Ministerium zur Verfügung stellen.
Das aber kann und wird nicht das Ende unserer Bemühungen und Aktionen sein.

Was steht an?
Ein Entwurf zu einem neuen Kinder- und Jugendhilfe-Gesetz ist für Mai 2016 angekündigt!
Das Bündnis Kinder- und Jugendhilfe – für Professionalität und Parteilichkeit kann und will die mangelhafte Situation nicht länger akzeptieren - nicht für die Menschen, die auf unsere Unterstützung und Begleitung setzen, und auch nicht für uns als Fachkräfte, die häufig unter prekären Arbeitsbedingungen tätig werden müssen.
Wir haben seit Jahren aktiv die politischen Prozesse zur Kinder- und Jugendhilfe kritisch verfolgt und begleitet.
Im Mai 2016 soll von der Bundesregierung ein Referentenentwurf zur Novellierung des Kinder- und Jugendhilferechtes vorgestellt werden, der dann auf der Jugendministerkonferenz in Dresden am 2. und 3. Juni bearbeitet und für die Beschlussfassung im Bundestag vorbereitet wird.
Der Gesetzentwurf soll unter dem Zeichen der Inklusion stehen („große Lösung“). Wenn die Hilfeleistungen für behinderte Kinder und Jugendliche unter dem Vorzeichen des im Vergleich zur bisherigen Zuständigkeit (Sozialamt und Bundesländer) erweiterten Hilfeansatzes des Kinder- und Jugendhilferechtes auf die Jugendämter übertragen werden, wird dies mit Mehrkosten verbunden sein. Ob und wie diese Mehrkosten aufgebracht werden sollen, und wie dann die Frage der Kostenzuständigkeit geregelt wird, bleibt im Verborgenen. So steht zu befürchten, dass die ohnehin ausgedünnten Jugendhilfe-Haushalte weiter belastet und in Folge Standards abgesenkt bzw. die niedrigen Standards zur Norm erhoben werden.
Quasi im Sog der geplanten „großen Lösung“ werden, zumindest in den bislang bekannten Zielen, auch die bereits im März 2014 von den Jugendministern auf ihrer Konferenz in Mainz dargestellten Veränderungen im Bereich der Erziehungshilfe weiter geplant. So könnte zwar der Rechtsanspruch nominell bewahrt, aber durch gleichgestellte Angebote (etwa über sog. „Sozialraumhilfen“), andere Formen der Beauftragung von Hilfen und Erschwernisse in der Wahrnehmung des Rechtsanspruches ausgehöhlt werden.
Aus unserer Sicht steht zu befürchten, dass es bei der geplanten Novellierung letztlich um eine verdeckte Annäherung des Kinder- und Jugendhilferechtes an die anderen, neoliberal orientierten Sozialgesetze gehen wird.

Vielleicht ist der eine oder die andere von Euch der Meinung, dass wir gegenwärtig genug andere, drängendere Probleme zu bewältigen haben (z.B. hinsichtlich der Flüchtlingskrise) und die Kinder- und Jugendhilfe da erst einmal in den Hintergrund treten sollte. Das sehen wir jedoch als eine große Gefahr, denn so könnten die Neuerungen in der Kinder- und Jugendhilfe im Schatten der anderen Probleme ohne Beachtung in der Öffentlichkeit und ohne größere Widerstände durchgewinkt werden. Letztendlich gehören die Themen aber zusammen: Für die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge und Migrant*innen darf es keine Kinder- und Jugendhilfe zweiter Klasse geben. Genauso wenig, wie es Hilfen für die minderjährigen Flüchtlinge auf Kosten der bestehenden Kinder- und Jugendhilfe geben darf.
Wir, das "Bündnis Kinder- und Jugendhilfe - für Professionalität und Parteilichkeit", sind der Meinung, dass das bestehende Kinder- und Jugendhilferecht (KJHG/SGB VIII) in seinem humanistischen, den Menschen zugewandten Geist zu erhalten, zu stärken und zu festigen ist. Unbenommen der Tatsache, dass es in ausgewählten Passagen und in konkreten Details einer Ergänzung und auch Veränderung bedarf. Vor allem müssen die Ergänzungen im Rahmen der Integration der jungen Menschen mit Beeinträchtigungen dem Duktus


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