14.08.2022, 07:23
Ein Leserbrief, der nicht veröffentlicht wurde:
Bürgerbeteiligung – erst nach der Entscheidung
(Neubau am Weender Tor, GT vom 2., 9. und 13.7.22)
Eine breite Beteiligung der Bürger ist der Oberbürgermeisterin Broistedt wichtig, - natürlich vorausgesetzt, dass die entscheidende Weichenstellung vorher unter Ausschluss der Öffentlichkeit erfolgt ist. 70 % größer, als der gültige Bebauungsplan von 2019 erlaubt, darf die Hanseatic direkt am Wall bauen, so hat der Verwaltungsausschuss am 11.7. in nicht-öffentlicher Sitzung beschlossen, gegen das Votum des Bauausschusses vom 7.7. Obendrein wird der Wall fast vollständig hinter dem Bau-Koloss verschwinden: nur noch eine Sichtachse soll bleiben, nicht wie der geltende Bebauungsplan vorsieht, zwei. Nur an der Ecke zur Weender Straße muss der Neubau sich an der Höhe des Auditoriums orientieren, entlang der Bürgerstraße wird er wesentlich höher; denn sonst sind die in Zukunft erlaubten 12.000 Quadratmeter nicht zu realisieren.
Kurz vor der Wahl hatte Broistedt entgegen früheren Bekundungen noch versichert, der Bebauungsplan von 2019 müsse eingehalten werden. Kaum war sie zur OB gewählt, war das für sie Schnee von gestern, der sie nun nicht mehr kümmerte. Warum aber stellen Oberbürgermeisterin und die verbündeten SPD, CDU, FDP die „ökonomische Tragfähigkeit“, sprich die Kapitalrendite des Investors, über die städtebauliche Vernunft, auf der der geltende Bebauungsplan beruht?
Ein wenig hat sich der Nebel über dieser unheiligen Allianz gelichtet. Olaf Feuerstein, Fraktionsvorsitzender der CDU und Mitglied im Bauausschuss, ist Compagnon von Christian Beilicke, dem Chef der Hanseatic. Nachdem sich das in der Stadt herumsprach, hat er das am 2.7.22 zugegeben, freilich sorgfältig getrennt von der Diskussion um den Bebauungsplan, nämlich auf der Seite „Regionale Wirtschaft“ des GT unter der schönen Überschrift „Miami goes Timmendorf“. 2019 hatte die CDU samt ihrem Fraktionsvorsitzenden Feuerstein den Wunsch nach einem größeren Bau noch abgelehnt und für den bis heute geltenden Bebauungsplan gestimmt. 2021 aber wurde Herr Feuerstein Compagnon von Herrn Beilicke bei dem Timmendorfer Hotel. Pfui über alle, die da einen Zusammenhang mit seinem Sinneswandel wittern! Er könnte mehr Licht ins Dunkel bringen, wenn er sich zu dem umlaufenden Gerücht äußerte, dass er als Betreiber des Hotels oder Restaurants vorgesehen ist, das in dem Hanseatic-Koloss am Weender Tor entstehen soll.
Der Vorsitzende des Bauausschusses hat in der Sitzung am 7.7. laut GT einen weiteren Hinweis gegeben: Er warnte vor Schadenersatzforderungen. Schadenersatz dafür, dass der Investor sich an geltendes Recht, den erst vor zweieinhalb Jahren aufgestellten Bebauungsplan, halten muss? Wer hat da versprochen, dass der nicht mehr gelten soll? Die Verwaltungsspitze, wie vermutet wurde? Und auf welcher Rechtsgrundlage??
Die SPD-Vertreterin im Bauausschuss sprach selbst von der „Massivität“ des nun geplanten und von ihr befürworteten Bau-Kolosses. Ihre Partei, die sich schon 2019 für einen solchen Koloss ausgesprochen hatte, sieht sich endlich am Ziel ihrer Wünsche. Ihr ist offenbar wichtig, zum Iduna-Zentrum und dem Komplex an der Groner Landstraße einen dritten Monsterbau hinzuzufügen, diesmal unmittelbar am Wall. In sozialer wie in städtebaulicher Hinsicht eine viel versprechende Aussicht!
Die Göttinger Sparkasse würde den Bürgerinnen und Bürgern dieser Stadt einen Dienst erweisen, wenn sie genau über ihre wirtschaftliche Beteiligung an dem Vorhaben der Hanseatic und ihre gesamte Zusammenarbeit mit diesem Unternehmen informierte. Trifft es zu, dass Rainer Hald, der bis Ende 2021 Chef der Sparkasse Göttingen war, jetzt für die Hanseatic tätig ist? All diese Verbindungen werden legal sein. Doch ist zu fordern, dass das Geflecht der Interessen zwischen Hanseatic, Sparkasse und Lokalpolitikern offengelegt wird. Dann wissen die Bürgerinnen und Bürger, wessen Interessen die einzelnen Parteien vertreten. Die nächste Wahl mag in großer Ferne liegen, aber sie kommt.
Peter Kriedte, Göttingen 17.07.2022
28.07.2022, 06:39
Bauausschuss-Sitzung zum Weender Tor/ Wall am 07.07.22: Votum für Einhaltung des rechtsgültigen B-Plans bei geplantem Wettbewerb des Investors.
Verwaltungsausschuss-Sitzung am 11.07.22: Votum des Bauausschusses wurde gecancelt.
Dazu die Zusammenfassung eines Schreibens an die Oberbürgermeisterin:
Detlef Johannson (Wohnanlieger auf dem Wall und Mitglied des Verwaltungsbeirates der Eigentümergemeinschaft Weender Straße) hat sich kurz vor Beginn der Ausschussberatungen über neue „Rahmenbedingungen“ der Verwaltung als Basis für eine vorgesehene Änderung des erst seit 2019 geltenden Bebauungsplans Weender Tor West mit einem Schreiben an Oberbürgermeisterin Petra Broistedt gewandt.
Er kritisiert vehement, dass im „Schnellverfahren“ in zwei Sitzungen (davon die entscheidende nicht-öffentlich) binnen fünf Tagen die Weichen für ein Änderungsverfahren gestellt werden, gegen das in der Göttinger Öffentlichkeit und durch eine Online-Petition zuvor energisch protestiert worden sei – und das ohne Bürgerbeteiligung, die von der Oberbürgermeisterin in ihrem Wahlkampf immer wieder zugesagt worden sei. Nun wolle sie im Gegenteil die Organisation der Bürgerbeteiligung auch noch dem Investor überlassen, ohne ihm dafür Standards vorzugeben. Das sei respektlos und willkürlich. Die Oberbürgermeisterin drohe ihre Glaubwürdigkeit zu verlieren, weil sie ihr gegebenes Wort nicht halte. Den Mehrheitsfraktionen im Rat wirft Johannson vor, zwar immer wieder über Transparenz und Beteiligung zu reden, aber letztlich dann doch im Alleingang und ohne Beteiligung Entscheidungen zu treffen, um Investoreninteressen zu Lasten einer nachhaltigen Stadtentwicklung im Sinne des Gemeinwohls zu bedienen.
Johannson befasst sich auch mit der Rolle der Sparkasse Göttingen, die als Co-Investor Geld gegen geltendes Baurecht „ihrer Stadt“ eingesetzt habe und jetzt für ihr anmaßendes Verhalten durch die Stadt auch noch belohnt werden solle.
Er fragt, welche der vorgesehenen Nutzungen an diesem Standort so unverzichtbar sei, dass eine so drastische Anhebung der zulässigen Bruttogeschossfläche nötig werde. Der Wohnungsbau (an einer Hauptverkehrsstraße im Vorfeld einer der verkehrsstärksten Kreuzungen ?), die Gastronomie (im unmittelbaren Umfeld von sechs Restaurants, Bars, Cafes und Diskotheken?) oder ein Hotel (auf Grundlage welcher Bedarfsanalyse?).
Sein Fazit: Die Stadt richte ihre Planungen nach eigenen Worten an der „ökonomischen Tragfähigkeit“ (also für den Investor) aus, nicht unter Beteiligung ihrer Bürger/innen und schon gar nicht an deren Wünschen und Interessen.
( Brief vom Verfasser wegen der begrenzten Textzeichenzahl zusammengefasst)
06.07.2022, 13:11
Leserbrief zu:
„Miami goes Timmendorf“ und „Wie hoch wird der Neubau am Weender Tor“ (GT vom 2.7.22)
Die Veröffentlichung im GT ist für den 07.07.22 vorgesehen.
Die zwei genannten Artikel im GT vom 2.7.22 weisen in ihrer inhaltlichen Kombination eine gewisse Brisanz auf.
Der Göttinger Hotelier Olaf Feuerstein hat mit seinem Geschäftspartner Cristian Beilicke aus Hildesheim ein neues Hotel in Timmendorf an der Ostsee eröffnet („Miami goes Timmendorf“) .
Am 7.7.22 entscheidet der Bauauschuss der Stadt Göttingen über die „Rahmenbedingungen“ des hoch umstrittenen Neubaus am Weender Tor auf dem ehemaligen Grotefendgelände („Wie hoch wird der Neubau am Weender Tor ?“).
Dieses Bauvorhaben der Hanseatic-Gruppe, einem international agierenden Immobilienkonzern aus Hildesheim, stieß bei über 2000 Unterzeichnern einer online-Petition auf Kritik. Insbesondere die geplante Änderung eines städtebaulich gut begründeten Bebauungsplans von 2019 mit lediglich 7200qm statt der vom Investor geplanten 15000qm Baufläche erschien vielen Kritikern nicht erforderlich.
Der Hotelier Olaf Feuerstein ist als CDU-Ratsherr und CDU-Fraktionschef seit 2018 Mitglied im Bauausschuss sowie im Unterausschuss „Sanierung nördliche Innenstadt“ und somit seit Beginn der Planungen und Entscheidungsfindungen dieses Bauvorhabens unmittelbar befasst.
Sein Timmendorfer Geschäftspartner Stefan Beilicke wiederum ist Gründer und Geschäftsführer jener Hanseatic-Gruppe, welche das überdimensionierte Bauvorhaben am Weender Tor realisieren möchte. Ob in dieser personellen Konstellation ein Interessenskonflikt besteht, bleibt dem interessierten Leser überlassen zu beurteilen.
So bleibt zu hoffen, dass sich Olaf Feuerstein daran erinnert, 2019 mit seiner Partei im Bauausschuss für den vom ehemaligen Stadtbaurat Dienberg vorgelegten Vorschlag von 7200qm und gegen den vom damaligen OB Köhler (SPD) favorisierten Plan von 8600qm Baufläche gestimmt zu haben.
Göttingen mit seiner im 2. Weltkrieg verschont gebliebenen, historischen Bausubstanz inklusive eines jahrhundertalten, fast vollständig erhaltenen Stadtwalls verdient eine nachhaltige Städteplanung, in der einseitige Investoreninteressen eine nachgeordnete Rolle spielen sollten. Es sind in den letzten 60 Jahren zu viele Sünden in der Göttinger Stadtbauplanung gemacht worden.
Fritz Jähn, Göttingen
06.07.2022, 11:51
Diese Karikatur vom 09.07.2021 ist fast auf den Tag ein Jahr alt.
Hingeworfen, als die Pläne der Hanseatic Group öffentlich wurden.
Hat sich seitdem etwas geändert zum Positiven? Nein.
Morgen wird im Bauausschuss und am kommenden Montag dann im Verwaltungsausschuss zu erfahren sein,
wie stark und bestenfalls positiv der "Zusammenhalt" aller für die anstehenden Entscheidungen Verantwortlichen
für das Gemeinwohl und die Stadt Göttingen ist.
06.07.22, Renate Willenbrock-Heier
06.07.2022, 11:30
Presseinformation der Göttinger Initiative Petition Online vom 06.07.22
Betr.: Investorenprojekt Wall / Berliner Straße / Weender Tor West
Schnellverfahren ohne Beteiligung + Zusagen gebrochen + Kniefall vor Investoren + Geld gegen geltendes Baurecht
Wir sind empört über ein Verfahren der Stadtverwaltung, das ohne Bürgerbeteiligung innerhalb von fünf Tagen (Bauausschuss am 7.7., Verwaltungsausschuss am 11.7.) mit neuen „Rahmenbedingungen“ den Weg für eine nach wie vor städtebaulich katastrophale Investorenbebauung an der Berliner Straße durchsetzen soll. Damit soll im Schnellverfahren eine Änderung des bestehenden Bebauungsplans (Göttingen Nr. 250, seit 2019) unwiderruflich vorbereitet werden, obwohl sich Tausende Göttinger/innen im Rahmen unserer Online Petition sowie weitere Vertreter/innen der interessierten, betroffenen und beteiligten Öffentlichkeit für eine Umsetzung des erst seit drei Jahren gültigen B-Plans ausgesprochen haben. Dazu erklärt die Stadtverwaltung ganz offen, dass sie Investoreninteressen höher gewichtet als einen Städtebau, der dem Gemeinwohl dient. Wir lehnen eine solche Haltung ab.
Die Oberbürgermeisterin hat in der Vergangenheit mehrfach eine „große Bürgerbeteiligung“ für das weitere Verfahren versprochen. Nunmehr will die Verwaltung unter Leitung der Oberbürgermeisterin die Zuständigkeit für den sogenannten Beteiligungsprozess den Investoren ohne weitere Maßgaben übertragen. Vorgesehen ist laut Vorlage lediglich eine Information von Politik und Öffentlichkeit. Bürgerbeteiligung findet also nicht statt. Das Versprechen nicht einzuhalten und die Öffentlichkeit von einer Beteiligung auszuschließen, ist ein Skandal und ein Rückfall in alte Zeiten. Die ohnehin vorgeschriebene Beteiligung beim anschließenden förmlichen Änderungsverfahren für den Bebauungsplan macht die Beteiligung zum Feigenblatt.
Die Verwaltung erklärt die neuen Rahmenbedingungen (u.a.: die Bruttogeschossfläche erhöht sich von 7.000 auf 12.000 qm, aus zwei Sichtachsen zum Wall wird eine) vor allem mit der „ökonomischen Tragfähigkeit“. Dabei waren es der Investor und der Co-Investor Sparkasse Göttingen, die in Kenntnis des geltenden Bebauungsplans offenbar viel Geld für ein Grundstück und in ihre Monster-Planungen investiert haben. Es war die Sparkasse Göttingen, die Geld gegen geltendes Baurecht „ihrer“ Stadt eingesetzt hat und die für ihr aus unserer Sicht anmaßendes Verhalten nun durch die Planänderung auch noch belohnt werden soll. Wir fragen uns, ob eine Mehrheit im Göttinger Rat bereit ist, vor der Macht des Geldes und der Missachtung städtischer Planungen und Ratsbeschlüsse (Bebauungsplan Nr. 250 Weender Tor West) zu kapitulieren.
Wir fordern:
1. Eine offene Bürgerbeteiligung, die diesen Namen auch verdient und in deren Rahmen die von vielen Menschen geforderte Umsetzung der geltenden Bebauungsplanung eine wirkliche Alternative / Option darstellt.
2. Die Oberbürgermeisterin muss ihre Zusage für eine „große Bürgerbeteiligung“ einhalten. Sonst wird sie unglaubwürdig. Die Ratsfraktionen müssen ihren vielfachen Beteuerungen zur Bedeutung von Transparenz und Beteiligung auch Taten folgen lassen, selbst wenn es schwer fällt.
3. Die Oberbürgermeisterin und ihre Verwaltung müssen erklären, warum ihnen Investoreninteressen wichtiger sind als ein Städtebau, der dem Gemeinwohl dient.
4. Die Oberbürgermeisterin und ihre Verwaltung müssen erklären, warum die vorgesehenen Nutzungen gerade an diesem Standort derart unverzichtbar sind, dass eine so massive Erhöhung der Bruttogeschossfläche erforderlich wird.
5. Insbesondere ist die Frage zu beantworten, warum ausgerechnet einkommensschwächere Menschen / Familien in Wohnungen an einer mehrspurigen Hauptverkehrsstraße im direkten Vorfeld einer der verkehrsstärksten Göttinger Kreuzungen verbannt werden sollen.
Die Vorlage der Verwaltung ist gegenwärtig nicht beschlussreif. Sie muss zurückgezogen werden, bis das von der Oberbürgermeisterin zugesagte große Beteiligungsverfahren stattgefunden hat und alle offenen Fragen (s.o.) ausreichend beantwortet sind.
Göttinger Initiative Petition Online
vertreten durch Hansjochen Schwieger, Eichweg 10 A, 37077 Göttingen
06.07.2022, 10:04
Familie Hauschild hat es mit Hinweis auf diese Petition aufgehängt.
06.07.2022, 09:56
Bebauung am Wall - Idunazentrum als Vorbild?
(GT vom 7.5.2022, Interview mit Oberbürgermeisterin Broistedt)
Nun hat die Oberbürgermeisterin die Katze aus dem Sack gelassen: Sie will direkt am Wall beim Weender Tor einen Koloss mit 10.000 bis 12.000 m² Nutzfläche bauen lassen. Das sind bis zu 66 Prozent mehr als der gültige Bebauungsplan erlaubt!
Erst 2019 ist dieser Bebauungsplan beschlossen worden. Er gestattet 7.250 m² und schreibt 3 Einzelgebäude mit maximal 4 Geschossen vor. Aus gutem Grund, denn sonst würde der Wall ganz hinter dem Bau verschwinden, und der nördliche Eingang zur Innenstadt von diesem Koloss statt vom Auditorium geprägt.
Zur Erinnerung: Als im vorigen Sommer die Investoren bekannt gaben, dass sie auf dem Gelände einen siebenstöckigen Riegel mit 15.000 m² errichten wollten und der Bauausschuss mit der knappen Mehrheit von SPD und CDU einen Planungswettbewerb verhinderte, regte sich kräftiger Protest, u.a. bei Fachleuten wie der Architektenkammer Niedersachsen und bei BürgerInnen durch eine Petition mit über 2.000 Unterschriften. Da versuchte die Kandidatin und frisch gewählte Oberbürgermeisterin Broistedt zu beschwichtigen: Mit ihr werde es keinen Monster-Klotz am Wall geben. Nun aber sagt sie im GT-Interview, „es müssen nicht gleich 15.000 m² sein“, aber 10.000 bis 12.000 m²! Das heißt: Ein Riegel von 5 bis 6 Geschossen! Das Idunazentrum und der Komplex an der Groner Landstraße sind natürlich verlockende Vorbilder für neue massive Hochbauten in unmittelbarer Nähe der Innenstadt, in städtebaulicher und sozialer Hinsicht! Auch in den letzten Jahren ist Göttingen mit einfallsloser Kasten-Architektur zur Genüge bedacht worden, und an der Geismar Landstraße kann man den Charme der Kasernen-Architektur wieder auferstehen sehen, der zuvor die Gebäude der Gothaer Versicherung gekennzeichnet hatte (die waren ja großenteils als Kasernen gebaut worden). Warum also für das Filetstück an Wall und Weender Tor kein Planungswettbewerb? Weil der auf der Grundlage des geltenden Bebauungsplans, nicht der Profitwünsche des Investors durchgeführt worden wäre??
So fragt man sich: Wozu wurde vor drei Jahren ein Bebauungsplan aufgestellt, wenn er nun schon wieder über den Haufen geworfen werden soll? Gelten Bebauungspläne nur für kleine Bauherren, nicht für Großinvestoren, die mit der örtlichen Sparkasse zusammenarbeiten? Es ist an der Zeit, dass die Verbindungen zwischen den Investoren von der Hanseatic und der Sparkasse offengelegt werden. Auch über die Verbindungen zwischen hiesigen Politikern und der Sparkasse wüsste man gern mehr.
Jürgen Schlumbohm, Göttingen
06.07.2022, 09:44
Leserbrief zum Thema Wechsel im Baudezernat und Interview mit Frau Broistedt vom 7.5.22
Mich als Steuerzahlerin interessiert sehr, warum in der Ausschreibung für die Stelle als Baudezernent/in nun doch Wert darauf legt wird, diese mit einer Städtebauer/in und/oder Architekt/in zu besetzen.
Warum hatte der letzte OB mit Rat und Verwaltung eine Ingenieurin für Landespflege eingestellt?
Sie wurde ohne detaillierte Angabe von Gründen abberufen - lediglich Vertrauensverlust wurde ins Feld geführt - und muss nun von uns Steuerzahlern weiter alimentiert werden (eine Summe von € 475000 wurde genannt).
Auch der Bund der Steuerzahler hatte gefordert, Gründe für die Entlassung zu nennen, bzw. mitzuteilen, ob und was man unternommen hat, um die Weiterbeschäftigung zu ermöglichen.
Warum finden sich in der Stellenausschreibung keinerlei Hinweise darauf, daß es erwartet wird, die historische Stadtstruktur zu erhalten, Denkmalschutz, Baukultur und Innenstadtleitbild zu achten? Denn Göttingen ist NICHT Wolfsburg!
Im Hinblick auf den geplanten Investorenbau auf dem Grotefend-Areal am Weender Tor frage ich mich, wo Platz ist für die von Frau Broistedt versprochene Bürgerinformation und -beteiligung? Wann finden diese statt?
Im jetzt rechtsgültigen Bebauungsplan ist eine Fläche von insgesamt 7500 qm Bruttogrundrißfläche (BGF) , NICHT Nutzfläche (NF) vorgesehen.
Die NF ist IMMER kleiner als die BGF.
Verwechselt Frau Broistedt BGF und NF, wenn sie eine NF von 10-12000 qm für „richtig“ hält ?
Nicht auszudenken, bei welcher BGF wir mit dieser NF landen könnten!!!! Auf jeden Fall bei einem MONSTRUM direkt an unserem schönen Göttinger Wall.
Karola Schefft
11.05.2022, 16:38
Leserbrief zum Artikel „Auf vier Spuren durch den Cheltenham Park?“ vom 22.4.2022
Was für ein ungemein spannender und aufrüttelnder Artikel, gerade in Zeiten kontroverser Diskussionen
zu den neuen innenstadtnahen Göttinger Groß-Projekten am Weender Tor und am Bahnhof!
Im Nachhinein kann man vielleicht entschuldigend sagen: so war der Zeitgeist damals eben,
in den 60ern; Krieg und Not vorbei, das Wirtschaftswunder am Laufen, Kühlschrank und Waschmaschine
zogen in die Haushalte ein, immer mehr konnten sich ein Auto leisten. Es war die Zeit
beginnender Gigantomanie, auch in der Provinz-Großstadt Göttingen. Immerhin versuchten lokale
Politik und Verwaltung, Visionen zu entwickeln und beauftragten Planer, auch wenn so manches
fatal war, was geplant und umgesetzt wurde, die „Ost-Tangente“ scheiterte glücklicherweise dank
des Widerstandes betroffener Bürger. Heute scheint es dagegen andersherum: Investoren und
Immobilienbesitzer treiben Politik und Verwaltung vor sich her, und die erliegen dann der Aussicht
auf Einnahmen. Als Feigenblatt dienen Totschlag-Argumente wie „Wohnraum-Mangel“ - und der
soll ausgerechnet am Weender Tor und am Bahnhof beseitigt werden, lächerlich! Wir sind nicht
mehr in den 60er und 70er Jahren. Der Zeitgeist ist heute ein anderer. Städtebauliche Verträglichkeit,
Ökologie und Verdichtung in Maßen sind heute die Marker. Daran gilt es, zukünftige Bauvorhaben
vor - allem an hochsensiblen Orten - zu orientieren.
Wolfgang Dahms
Göttingen, 25.4.2022
29.04.2022, 10:02
Sehr geehrte Frau Broistedt,
mit großem Interesse verfolgen wir die Entwicklungen zur Bebauung des Grotefend-Geländes am Weender Tor und haben daher auch die entsprechende Petition unterstützt, die Frau Willenbrock-Heier auf den Weg gebracht hatte.
Es ist uns ein Anliegen, dass dieser für Göttingen städtebaulich markante Ort seiner Bedeutung entsprechend bebaut wird. Der geltende B-Plan ist dafür sehr gut geeignet und benötigt keinerlei Änderung. Es ist für das Stadtbild wesentlich, den Maßstab einzuhalten, bevor Kompromisse eingegangen werden und vorab zu klären, wieviel Baumasse dieses Grundstück verträgt, wieviel für den Standort und die besondere Situation am Stadttor und am Wall vertretbar ist. Der sorgsame Umgang mit gewachsenen städtebaulichen Strukturen und mit dem sozialen Umfeld (gefördertes Sanierungsgebiet Nördliche Innenstadt) sollten ein unverhandelbares Gut sein.
Daher schließen wir uns dem Appell von Frau Willenbrock-Heier an: Ehe von den beteiligten Akteuren gravierende Entscheidungen als Grundlage für einen späteren Wettbewerb getroffen werden, an dessen Anforderungen sich alle Teilnehmer halten müssen, sollte ein städtebauliches Modell in Kombination mit einer Bürgerbeteiligung die einzig solide Basis sein.
Sehr gern stehen wir Ihnen bei diesem Verfahren beratend zur Verfügung!
Unser Regionalbeauftragter, Architekt Roman Graf aus Northeim ist dafür Ihr erster Ansprechpartner und freut sich auf die Kontaktaufnahme, Sie erreichen ihn per E-Mail unter roman.graf@aknds.de und telefonisch unter 05551-98700 oder 0511-2809673
Beste Grüße nach Göttingen sendet
Katharina Göbel-Groß
Architektenkammer Niedersachsen
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