Questo deputato è già stato segnalato.

Hilfe für Behinderte - Mindestlohn für Beschäftigte in Behindertenwerkstätten

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Deutschen Bundestag
564 Unterstützende 0 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

564 Unterstützende 0 in Deutschland

Der Petition wurde nicht entsprochen

  1. Gestartet 2010
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Beendet

Dies ist eine Online-Petition des Deutschen Bundestags.

08.06.2017, 13:01

Heiko Fritz

Hilfe für Behinderte

Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 11.11.2010 abschließend beraten und
beschlossen:

Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden
konnte.

Begründung

Mit der Petition werden gesetzliche Mindestlöhne für Beschäftigte in Werkstätten für
Menschen mit Behinderung gefordert.

Der Petent legt im Einzelnen dar, dass die Anzahl der Personen, die in einer Werk-
stätte für behinderte Menschen arbeiteten, ständig zunähme. Für die behinderten
Menschen, gleich welcher Art die Behinderung sei, bleibe keine andere Möglichkeit
der Arbeit als die Werkstätten für behinderte Menschen. Die Löhne dort seien teil-
weise gering, die Rentenzuschüsse allerdings hoch. Die Inanspruchnahme von
Grundsicherung, Erwerbsunfähigkeits- oder Teilerwerbsrente sei daher unumgäng-
lich.
Ein Anspruch auf
eine Erwerbsunfähigkeitsrente werde erst
nach
20 Beitragsjahren erreicht. Um ein selbstbestimmtes Leben als Mensch mit Behinde-
rung führen zu können, sei ein Mindestlohn notwendig.

Zu dieser als öffentliche Petition zugelassenen Petition gingen 564 Mitzeichnungen
und 36 Diskussionsbeiträge ein.

Unter Berücksichtigung von Stellungnahmen des Bundesministeriums für Arbeit und
Soziales sieht das Ergebnis der parlamentarischen Prüfung folgendermaßen aus:

Das monatliche Arbeitsentgelt für Beschäftigte in Werkstätten für behinderte Men-
schen liegt im Bundesdurchschnitt bei ca. 160 Euro. Dabei handelt es sich um eine
statistische Größe. Die Durchschnittsverdienste können laut Erhebungen der Bun-
desarbeitsgemeinschaft der Werkstätten für behinderte Menschen abhängig von der
betreffenden Werkstatt von 67 Euro bis 600 Euro reichen, in Einzelfällen können sie
auch höher ausfallen.

In den Werkstätten werden behinderte Menschen beschäftigt, die wegen Art oder
Schwere ihrer Behinderung keine Möglichkeit der Beschäftigung unter den üblichen
Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes haben, sondern zu ihrer Teilhabe am
Arbeitsleben auf diese besonderen Einrichtungen angewiesen sind. Sie haben gem.
§ 137 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) einen Auf-
nahmeanspruch gegenüber der Werkstatt, unabhängig von dem Grad der Behinde-
rung, der Minderung der Leistungsfähigkeit und einem besonderen Bedarf an Förde-
rung, begleitender Betreuung oder Pflege.

Die Werkstätten sind verpflichtet, den Beschäftigten ein Arbeitsentgelt zu zahlen,
das sich aus einem leistungsunabhängigen Grundbetrag und einem der individuellen
Arbeitsleistung entsprechenden Steigerungsbetrag zusammensetzt. Der Grundbe-
trag der Entlohnung, d. h. das Mindestentgelt, beträgt gem. § 138 Abs. 2 SGB IX,
§ 107 SGB III monatlich 67 Euro. Berücksichtigt man, dass das Leistungsvermögen
der in den Werkstätten beschäftigten behinderten Menschen nicht ausreicht, eine
Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuüben und von ihnen nur ein
Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung erwartet werden darf, erklärt
sich die Höhe der gezahlten Arbeitsentgelte in den Werkstätten.

Im SBG IX sind Regelungen getroffen worden, die auf eine Verbesserung der Ar-
beitsentgelte in den Werkstätten abzielen. Hier ist auf die Einführung eines Arbeits-
förderungsentgeltes hinzuweisen, welches den Beschäftigten unmittelbar zugute
kommt. Sofern das gesamte Arbeitsentgelt des einzelnen Beschäftigten 325 Euro im
Monat nicht übersteigt, erhält dieser ein Arbeitsförderungsentgelt in Höhe von bis zu
26 Euro (§ 43 SGB IX). Damit steht den Beschäftigten der Werkstätten jedenfalls ein
Mindestgehalt von 93 Euro zu.

Betreffend die Forderung des Petenten nach einem gesetzlichen Mindestlohn ist da-
rauf hinzuweisen, dass bei der Höhe der Arbeitsentgelte in den Werkstätten eine
Vielzahl an Faktoren zu berücksichtigen ist. Die Werkstätten müssen sich um Auf-
träge der W irtschaft bemühen, um den Beschäftigten entsprechend ihrem gesetz-
lichen Auftrag Arbeit anbieten zu können. Obwohl die einzelnen Werkstätten in ei-
nem Wettbewerb stehen, werden ihnen eine Vielzahl an Sonderregelungen, wie
etwa die Verpflichtung der öffentlichen Hand zur bevorzugten Vergabe von Aufträgen
(§ 141 SGB IX) zuteil, um Nachteile der Einrichtung durch die Leistungsfähigkeit der
Beschäftigten ausgleichen zu können. Es gibt aber auch steuerliche Anreize (Ge-
meinnützigkeit), die Verpflichtung der öffentlichen Hand zur bevorzugten Vergabe
von Aufträgen (§ 141 SGB IX) und Anreize für die auftraggebende W irtschaft wie die

Anrechnung von Aufträgen auf die Ausgleichsabgabe (§ 140 SGB IX). All diese Re-
gelungen haben zum Ziel, die Beschäftigung behinderter Menschen in den Werk-
stätten erst zu ermöglichen. Ein gesetzlicher Mindestlohn, der für alle Beschäftigten
in Werkstätten für behinderte Menschen verbindlich wäre, würde der Komplexität der
dortigen Arbeitsverhältnisse nicht gerecht werden.

Bei der Höhe des Arbeitsentgeltes ist auch zu berücksichtigen, dass die in den
Werkstätten beschäftigten behinderten Menschen weitere Leistungen erhalten, die
bei der Berechnung der Entlohnung nicht ausgewiesen werden, aber durchaus als
geldwerte Vorteile anzusehen sind. Hier sind aus Mitteln des Sozialhilfeträgers fi-
nanzierte Leistungen wie das Recht einer Freifahrt zum Arbeitsplatz oder kosten-
freies Essen bei einem Einkommen von bis zu 690 Euro zu benennen. Hervorzuhe-
ben ist auch, dass die Beiträge zur Sozialversicherung nicht nach dem tatsächlichen
Arbeitsentgelt gezahlt werden, sondern in der Regel wesentlich höher bemessen
sind und einkommensabhängig regelmäßig aus öffentlichen Mitteln getragen wer-
den, so dass die Beschäftigten grundsätzlich keinen Beitrag leisten müssen. Auch
steht ihnen, wie der Petent auch erwähnt, nach 20 Jahren Beschäftigung eine Rente
wegen voller Erwerbsminderung zu, bei der das weiterhin erzielte Arbeitsentgelt
keine Anrechnung findet. Die Rente beträgt in der Regel ein Vielfaches des tatsäch-
lichen Arbeitsentgelts; sie kann bis zu 700 Euro monatlich ausmachen.

Vor diesem Hintergrund sieht der Petitionsausschuss die Einführung eines gesetz-
lichen Mindestlohnes in den Werkstätten für behinderte Menschen nicht als sinnvoll
an. Der Petitionsausschuss empfiehlt daher, das Petitionsverfahren abzuschließen,
da dem Anliegen nicht entsprochen werden konnte.

Der
von den Fraktionen der
SPD,
der
DIE LINKE.
und von
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gestellte Antrag, die Petition der Bundesregierung
dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales als Material zu überweisen,
soweit es die Einführung eines allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns betrifft und
dort den Anwendungsbereich der Beschäftigten in Werkstätten für Menschen mit
Behinderung, ist mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP abge-
lehnt worden.


Helfen Sie mit, Bürgerbeteiligung zu stärken. Wir wollen Ihren Anliegen Gehör verschaffen und dabei weiterhin unabhängig bleiben.

Jetzt fördern