Krankenhausreform und seine Auswirkungen im Landkreis Nürnberger Land
Sollte Karl Lauterbachs Krankenhausreform - wie im Dezember 2022 erstmal vorgestellt - in unveränderter Form kommen, dann wäre die nicht nur die flächendeckende klinische Versorgung in Bayern gefährdet. Dann hätte das auch unmittelbare gravierende Folgen für die Krankenhäuser im Nürnberger Land an den Standorten Lauf und Altdorf.
Altdorf wäre kein klassisches Krankenhaus mehr. Lauf würde sein Leistungsspektrum massiv einschränken müssen und beispielsweise die Geburtshilfe verlieren.
Klaus Emmerich, Bündnis Klinikrettung und Aktionsgruppe Schluss mit Kliniksterben in Bayern im Gespräch mit KreisrätInnen sowie interessierten BürgerInnen des Landkreises Nürnberger Land.
Die bayerische Landtagswahl 2023 wirft ihre Schatten voraus.
Mit der CSU kürt an diesem Wochenende die letzte größere Partei ihren Spitzenkandidat.
Die Aktionsgruppe Schluss mit Kliniksterben in Bayern hat zum Erhalt der bayerischen Krankenhäuser mehrere Forderungen aufgestellt, die sie auch in einer Petition DIE KRANKENHAUSVERSORGUNG IN BAYERN IST GEFÄHRDET – NEIN ZU LAUTERBACHS KRANKENHAUSREFORM zusammengefasst hat.
Unsere Forderungen betrachten wir auch als Maßstab, welche bayerische Partei sich für eine bayerische Staatsregierung auszeichnet!
Die ganze Pressemitteilung befindet sich im Anhang.
Pressemitteilung
Empörende Schließung der Geburtshilfe in Schongau
Himmelkron, 03.05.2023
Auszug:
Die Aktionsgruppe Schluss mit Kliniksterben ist insbesondere über die Rolle des bayerischen Gesundheitsministers Klaus Holetschek empört. Auf Bundesebene kritisiert er auf’s Schärfste den klinischen Kahlschlag durch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbachs geplante Krankenhausreform. In Bayern aber sieht er tatenlos zu, wie die einzige im Landkreis Weilheim-Schongau existente Geburtshilfe ersatzlos gestrichen wird.
Unterschreiben Sie deshalb die Petition an Holetschek:
DIE KRANKENHAUSVERSORGUNG IN BAYERN IST GEFÄHRDET – NEIN ZU LAUTERBACHS KRANKENHAUSREFORM
unsere Petition STOPPT DEN EINFLUSS DER GESUNDHEITSBERATER AUF KRANKENHAUSREFORMEN ist aktuell wie nie zuvor:
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat exakt diejenigen Gesundheitsberater in seine Regierungskommission berufen, die wir als Befürworter von Klinikschließungen scharf kritisieren.
Und:
Es kam noch schlimmer als befürchtet:
Diese Gesundheitsberater, vorrangig die Professoren Augurzky und Busse, wurden in Lauterbachs Regierungskommission für eine "bessere Krankenkernhausversicherung" berufen. In der Regierungskommission plädieren Sie jetzt für die Schließung und Umwandlung von 143 Bayerische Krankenhäusern in Gesundheitseinrichtungen ohne durchgehende ärztliche Anwesenheit und ohne Notfallversorgung. Sie plädieren auch für 46 statt bisher 151 Geburtshilfestationen in Bayern und für 150 bayerische Krankenhäuser mit stationären Grundangeboten auf niedrigem Niveau.
Die Feststellung aus unserer Petition ist:
1. Als private Initiative haben wir nur begrenzte Möglichkeiten, den geplanten Kahlschlag in der Krankenhauslandschaft zu verhindern.
2. Wir sind deshalb auf die Bundesländer angewiesen, denn Lauterbachs geplante Krankenhausreform bedarf der Zustimmung der Bündesländer.
3. Genau deshalb gibt es jetzt auch die neue Petition an den bayerischen Gesundheitsminister Klaus Holetschek:
DIE KRANKENHAUSVERSORGUNG IN BAYERN IST GEFÄHRDET – NEIN ZU LAUTERBACHS KRANKENHAUSREFORM
Bayerisches Gesundheitsministerium zur geplanten Krankenhausreform
Verehrte UnterstützerInnen,
unser Bündnis Klinikrettung hat alle Gesundheitsminister der Bundesländer angeschrieben, die Folgen der geplanten Krankenhausreform scharf kritisiert und zum „Nein“ gegen die Krankenhausreform aufgefordert.
Als erste Antwort liegt uns das Schreiben des bayerischen Gesundheitsministeriums vor.
Die kurze Interpretation:
• Bayern lehnt die Gesundheitsreform als Eingriff in die Krankenhausplanung der Bundesländer ab.
• Bayern steht aber – in moderaterer Form als Bundesgesundheitsminister Lauterbach – für eine Konzentration der Krankenhausleistungen, dies geht aus nachfolgendem Schriftverkehr unmissverständlich hervor.
Wir lehnen weitere Klinik-Konzentrationsprozesse ab.
Gutachten über Verfassungskonformität der Reform der Krankenhausplanung
Verehrte LeserInnen,
wir haben uns ausführlich mit dem Gutachten zur Frage der Verfassungskonformität der Reform der Krankenhausplanung auf der Basis der dritten Stellungnahme und Empfehlung der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung „Grundlegende Reform der Krankenhausvergütung“ befasst.
Die wichtigsten Aussagen aus unserer Sicht zum Rahmen der Krankenhausgesetzgebung:
1. Das Grundgesetz sah zunächst die komplette Gesetzgebungskompetenz für Krankenhäuser (wie bei der Bildung) bei den Ländern.
2. Zur "Sicherungs der KH-Finanzierung" gaben die Länder per Änderung des Grundgesetzes die Finanzierungskompetenz an den Bund ab. Sie legten aber großen Wer auf Länder-autonome Krankenhausplanung.
3. Dabei gilt lt. Grundgesetz: Der Bund darf bei der Finanzierung nicht (!) in die Planungskompetenz der Länder eingreifen sondern nur auf vorgegebene Planungen der Länder "zurückgreifen", d.h. Vergütungen können bzw. müssen an bestehenden Krankenhausstrukturen der Länder anknüpfen.
Zitat: "Vergütungsregelungen dürfen an Strukturen der Länder anknüpfen aber keine neuen schaffen."
Genau dies verletzen Bundesgesundheitsminister Lauterbach und seine Regierungskommission, die erklärtermaßen neue Strukturen bundeseinheitlich vorgeben wollen.
Das ist verfassungswidrig!
Aus meiner Sachkenntnis (1/3 meines BWL-Studiums war Wirtschafts-/Arbeitsrecht) klingt die Beweisführung plausibel. Damit ist auch die seit Jahren bestehende bundeseinheitliche gestufte Notfallversorgung ggf. anfechtbar und verfassungswidrig. Auch steuernde Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses wären dann möglicherweise nicht verfassungskonform.
Das bedeutet aber auch:
1. Ein Bundesgesundheitsminister hat deutlich weniger gesundheitspolitischen Einfluss, als er stets vorgibt.
2. Die zentrale "Steuerung" des Bundesgesundheitsministeriums geht über die Vergütung. Krankenhausstrukturen sind vornehme Aufgabe der Länder.
3. Wenn Bayern, NRW und Schleswig-Holstein also klagen, könnte die ganze Krankenhausreform kippen.
4. Lauterbachs einzige Chancen lägen in Kompromissen und einer Einigung mit allen (!) Bundesländern.
Wie kann Lauterbach das machen?
a) Leistungsgruppen aber keine Level
Solange sich jedoch die Vorhaltepauschalen nur an Leistungsgruppen (das sind gebündelte DRG-Gruppen) orientiert, ohne dabei klare Strukturen vorzuschreiben, wäre dies zulässig. Erst wenn Leistungsgruppen über Level "strukturiert" werden, und damit Krankenhäuser - wie geplant - klare Strukturen vorweisen müssen, ist dies unzulässig. (S. 82 ff.)
b) Verfassungsänderung mit 2/3-Mehrheit des Bundestags
c) Koordiniertes Landesrecht (S. 86)
Bundesländer stimmen sich ab und regeln dann koordiniert Strukturvorgaben in allen Ländern per Gesetz gleich bzw. ähnlich.
d) Rahmenvorgaben für die Krankenhausplanung
Die "allgemeine Vorgabe", dass Bundesländer ihre Krankenhäusern nach Strukturen bzw. Leveln zu planen haben, wäre zulässig, nicht die konkrete Vorgabe, nach welchen Stufen / Leveln.
e) Öffnungsklauseln für die Bundesländer
Zur Gliederung des Gutachtens.
S. 8 - 32: Grundsätzliche gesetzgeberische Krankenhaus-Befugnisse von Bund und Ländern
S. 42 ff. Bewertung der geplanten Krankenhausreform anhand der gesetzgeberische Krankenhaus-Befugnisse von Bund und Ländern
S. 81 ff. Lösungsmöglichkeiten zur Wahrung des Grundgesetzes
S. 126 ff. Fazit
Der Link zum Gutachten: s.bayern.de/gutachten-krankenhausreform
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Wir gehen davon aus:
Bayern und andere Bundesländer haben – wenn sie wollen – großen Spielraum, um den geplanten Kahlschlag der Krankenhausreform zu verhindern oder das Gesetz im Dialog mit dem Bund im Sinne einer ordentlichen länderspezifischen Krankenhausplanung umzugestalten.
Klaus Emmerich, Bündnis Klinikrettung und Aktionsgruppe Schluss mit Kliniksterben in Bayern hat heute, 24.04.2023, um 13:00 Uhr ein Interview bei Radio Lora München zur Krankenhausreform und seinen Auswirkungen in Bayern gehabt.
Von 15 Interview-Minuten sollen ca. 10 gesendet werden. Es sieht so aus, als wenn wir viel im Sinne des Kampfes gegen die Krankenhausreform platzieren konnten.
Wegscheid, Oberviechtach und Roding als gefährdete bzw. geschlossene Sicherstellungskrankenhäuser waren ebenso Themen wie die unerwünschten Gesundheitseinrichtungen Level 1i und der Kahlschlag bei der Geburtshilfe. Auch auf unsere Forderung des Mindeststandards eines Krankenhauses mit den Fachabteilungen Innere Medizin, Chirurgie, Geburtshilfe, Intensivstation und Notfallversorgung binnen 30 Fahrzeitminuten für alle konnten wir eingehen.
Gutachten: Vorschläge der Regierungskommission zur Krankenhausreform nicht verfassungsgemäß
Bayern, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein fordern Wahrung der Krankenhausplanungskompetenzen der Länder ...
„Das Gutachten zeigt, dass die Vorschläge der Regierungskommission nicht mit dem Grundgesetz in Einklang stehen. Sie missachten vor allem die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern sowie das Primat der Krankenhausplanung der Länder. Das bisherige Reformkonzept der Bundesregierung bedeutet also einen erheblichen Eingriff in die Planungshoheit der Länder und muss deshalb korrigiert werden. Die Länder brauchen auch künftig weitreichende Entscheidungskompetenzen bei der Krankenhausplanung! Wir können keine zentral von Berlin aus gesteuerte Reform mit einer bundesrechtlichen Einführung von detaillierten mit Strukturvorgaben hinterlegten Leveln und einer vorgegebenen starren Zuordnung von festen Leistungsgruppen zu einzelnen Leveln mitgehen.“
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Kommentar:
Wir müssen jetzt dran bleiben:
- an die Zuständigkeit der Länder appellieren
- die Bundesländer zur Ablehnung der Krankenhausreform auffordern
- die Petition DIE KRANKENHAUSVERSORGUNG IN BAYERN IST GEFÄHRDET – NEIN ZU LAUTERBACHS KRANKENHAUSREFORM unterzeichnen und teilen.
Noch können wir die Krankenhausreform stoppen - viel Zeit bleibt nicht mehr!
Das Gutachten, die Einwände einiger Bundesländer und auch die Notwendigkeit einer Einigung hat bereits terminliche Konsequenzen, über die BibliomedManager berichtet:
Treffen für 26. April abgesagt
Nach dem letzten Bund-Länder-Treffen im März war Karl Lauterbach seinen Länderkollegen zumindest rhetorisch nähergekommen. Das Konzeptpapier seiner Kommission sei nicht mehr der aktuelle Stand der Diskussion, hatte der Minister erklärt. Doch ein echter Kompromiss ist nicht in Sicht. Ob Lauterbachs Zeitplan noch passt, ist zweifelhaft. Bis Anfang Juli wollen Bund und Länder einen geeinten Reformvorschlag vorlegen. Das nächste geplante Bund-Länder-Treffen am 26. April wurde mittlerweile abgesagt – aus terminlichen Gründen, wie es aus dem Bundesgesundheitsministerium heißt.