Bildung

Forderung für den Erhalt des psychoanalytischen Lehrstuhls an der Goethe-Universität

Petition richtet sich an
Goethe-Universität Frankfurt am Main
10.016 Unterstützende

Petent hat die Petition nicht eingereicht/übergeben.

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  1. Gestartet 2021
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Gescheitert

Der Lehrstuhl für Psychoanalyse an der Goethe Universität hat eine lange Tradition. Seit nunmehr 55 Jahren bietet er Studierenden und Promovierenden die Möglichkeit, sich innerhalb der akademisch-universitären Psychologie mit der Psychoanalyse zu befassen. Es handelt sich um einen der wenigen nicht-verhaltenstherapeutisch besetzten Lehrstühle der klinischen Psychologie in Deutschland. Gerade deshalb entscheiden sich viele psychoanalytisch interessierte Studierende für ein Psychologiestudium in Frankfurt. 

Doch der Fachbereich für Psychologie möchte die Professur in Zukunft 'verfahrensoffen' ausschreiben, was einer Umwidmung des Lehrstuhls gleichkommt und voraussichtlich zu einer Abschaffung der Abteilung für Psychoanalyse führen würde. Dies hätte weitreichende Folgen für die Lehre, Forschung und Gesundheitsversorgung in Deutschland.

Denn wird das aktuelle Vorhaben einer 'verfahrensoffenen' Ausschreibung des derzeitigen psychoanalytischen Lehrstuhls umgesetzt, so kommt es im vorgesehenen Bewerbungsverfahren zu Chancenungleichheiten unter den Bewerbenden. So orientieren sich die angelegten Kriterien für die Nachbesetzung an der Anzahl der Publikationen und der erwarteten Einwerbung von Forschungsgeldern. Daraus ergibt sich eine Vorauswahl des Bewerber*innenfeldes zugunsten von Therapieausrichtungen, deren theoretische Inhalte aus forschungsinhärenten Gründen leichter und schneller quantitativ zu untersuchen sind, etwa da Interventionen und Studien innerhalb kürzerer Zeiträume durchgeführt werden können. Eine 'verfahrensoffene' Ausschreibung bedeutet daher nicht das Ende des 'Schulenstreits', sondern lediglich seine Entscheidung zu Ungunsten psychodynamischer Verfahren und damit eine Durchsetzung einzelner Interessen. 

Daher fordern wir den Lehrstuhl erneut psychoanalytisch auszuschreiben.

Dies würde den Studierenden ermöglichen, mehrere wissenschaftlich anerkannte Psychotherapieverfahren in der theoretischen Lehre sowie in der Hochschulambulanz für Forschung und Lehre unter fachkundiger Anleitung kennenzulernen, sowie die Forschungspluralität und die Gesundheitsversorgung in Deutschland sicherstellen.

Begründung

> Wir brauchen Psychoanalyse in der Lehre

Mit dem Erhalt der psychoanalytischen Professur in Frankfurt, welche die Methoden analytische und tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie abdeckt, würde eine verfahrensbreite Qualifizierung der Studierenden und eine optimale Umsetzung der Anforderungen des neuen Psychotherapeutengesetzes sichergestellt werden. So empfehlen auch die 'Osnabrücker Thesen zur Psychotherapie' der DGPs (2019) im Anhang unter Punkt 10 explizit die "[b]evorzugte Besetzung neuer Stellen an einer Universität auf unterschiedlicher Ebene (Professur, Juniorprofessur, Mitarbeiterstellen) durch Personen mit bislang unterrepräsentierter Fachkunde." Eine ausschließliche Verlagerung der Forschung und Lehre der drei nicht verhaltenstherapeutischen wissenschaftlich anerkannten Verfahren (PSA, TP, Systemik) auf den universitären Mittelbau kann hingegen das gesetzlich geforderte, verfahrensbreite universitäre approbationsbegründende Direktstudium der Psychotherapie qualitativ nicht absichern.

 > Wir brauchen Psychoanalyse in der Forschung

Ein qualifizierter wissenschaftlicher Diskurs erfordert die Pluralität der Professuren, denn er lebt von Methodenvielfalt, Diversität und Differenz. So hätten Nachwuchswissenschaftler*innen bei einem Wegfall des psychoanalytischen Lehrstuhles der Goethe Universität kaum mehr die Möglichkeit, eine psychoanalytische Abschlussarbeit oder Promotion zu schreiben. Eine Option, die zurzeit noch von vielen psychoanalytisch interessierten Psycholog*innen in Frankfurt wahrgenommen wird. 

Auch die interdisziplinäre Zusammenarbeit des psychologischen Fachbereichs der Goethe-Universität mit dem international renommierten Sigmund-Freud-Institut in Frankfurt würde mit der Abschaffung des Lehrstuhls aufgekündigt werden. Wobei der Erhalt und Ausbau einer solchen Kooperation vom Wissenschaftsrat (2020) ausdrücklich begrüßt wurde. Denkbar wäre eine Kooperationsprofessur zwischen dem Arbeitsbereich Psychoanalyse des Instituts für Psychologie der Universität Frankfurt a. M. und der Ambulanzleitung am SFI.

Dass gerade einmal 2% der aktuell laufenden randomisiert-klinischen Studien psychodynamische Therapieansätze untersuchen, weist eindrücklich auf die momentane Schieflage in der Verteilung von Forschungsgeldern und Ressourcen hin (Müller & Loetz, 2020). Zugleich ist die Wirksamkeit von psychoanalytischen Kurz- und Langzeitbehandlung vielfach belegt (Vgl. dazu u.a. Metaanalysen der Forschergruppe um Falk Leichsenring). Die Abschaffung des psychoanalytischen Lehrstuhls der Goethe-Universität würde die prekäre Lage psychodynamischer Therapieforschung in Deutschland zusätzlich verschärfen.

> Wir brauchen Psychoanalyse in der Gesundheitsversorgung

Um auf die unterschiedlichen Bedarfslagen der Patient*innen eingehen zu können, stehen in Deutschland bewusst unterschiedliche psychotherapeutische Angebote im Rahmen der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zur Verfügung. Psychodynamische Therapieangebote decken als erste von der GKV finanzierte psychotherapeutische Behandlungsverfahren einen großen Anteil der therapeutischen Versorgung in Deutschland ab. Daraus ergibt sich im Sinne des Gesetzgebers der Auftrag für die Hochschulen, alle wissenschaftlich anerkannten psychotherapeutischen Verfahren zu erforschen und weiterzuentwickeln, was eine adäquate Ausstattung mit Lehrstühlen und deren personellen und finanziellen Ressourcen erfordert. Hingegen birgt eine ‚Überwindung‘ des Verfahrendenkens (z.B. zu Gunsten einer modularisierten Psychotherapie) die Gefahr, dass Einzeltechniken unterschiedlicher Verfahren ohne empirische Evidenz und Rücksicht auf deren theoretische Fundierung kombiniert werden (Benecke, 2019).

Die Quellennachweise wurden aus Platzgründen hier nicht eingefügt, werden auf Anfrage aber gerne zur Verfügung gestellt.

Anmerkung: Wenn du Psychologie an der Goethe-Universität studierst, gib bitte an, dass du dich direkt betroffen fühlst.

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Neuigkeiten

  • Liebe Unterstützende,
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    Wir bedanken uns herzlich für Ihr Engagement und die Unterstützung,
    Ihr openPetition-Team

  • Liebe Unterzeichner*innen,

    wir möchten Ihnen gerne mitteilen, dass nach langer inneruniversitärer Auseinandersetzung und studentischem Engagement nun feststeht, dass der Arbeitsbereich Psychoanalyse an der Goethe-Universität Frankfurt im Zusammenhang mit der Emeritierung von Prof. Habermas abgeschafft wird. Wir bedauern sehr, dass eine fachkundige psychoanalytisch orientierte Lehre und Forschung am Institut für Psychologie der Goethe-Uni zukünftig sehr wahrscheinlich keinen Platz mehr findet und eine der letzten zwei psychoanalytisch ausgerichteten Professuren der Klinischen Psychologie in Deutschland verschwindet. Dadurch verschärft sich die bereits bestehende Schieflage bezüglich des Lehrangebots und der Verteilung von Forschungsgeldern noch... weiter

  • Liebe Unterzeichner:innen,

    danke für Ihre bisherige Unterstützung. Die studentische Interesseninitiative Psychoanalyse ist weiterhin darum bemüht, zu zeigen, dass die Psychoanalyse keine antiquierte Wissenschaft ist und ihr Erhalt lohnenswert. Um ein breites Publikum über aktuelle psychoanalytische Forschung zu informieren veranstaltet die Initiative daher zusammen mit der Fachschaft Psychologie am 13.12.2021 um 20:15 Uhr den Hybridvortrag ‘Are dreams meaningless? Evidence from neuroscience‘ mit Prof. Mark Solms, in dem er sich mit der Freudschen Traumtheorie neurowissenschaftlich und zugleich psychoanalytisch auseinandersetzen wird.
    Selbst wenn wir uns nicht immer daran erinnern können, verbringen wir einen beachtlichen Teil unseres Lebens... weiter

Psychoanalyse bereichert das Verständnis und den Umgang mit aktuellen Konflikten im Kontext biografischer und geschichtlicher Hintergründe und muss unbedingt gefördert werden.

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