Die Freund*innen der Geschlechtergeschichte fordern den Erhalt der Geschlechtergeschichte an der Friedrich-Schiller-Universität Jena!
(short English version: openpetition.de/!rkzns)
Am 12. Juli 2022 beschlossen die Mitglieder des Fakultätsrats der Philosophischen Fakultät mit einem 10 zu 7 Votum die Nicht-Neubesetzung des Lehrstuhls für Geschlechtergeschichte. Mit der Emeritierung der derzeitigen Professorin Gisela Mettele im Jahr 2025 soll der Lehrstuhl für Geschlechtergeschichte gestrichen werden. Die Entscheidung fiel kurz vor der Semesterpause im Fakultätsrat. Die Universitätsöffentlichkeit erfuhr erst einen Tag zuvor von der dort anstehenden Debatte.
Fragen von Geschlecht, Sexualität und ihrer Verwobenheit mit anderen Dimensionen der Ungleichheit werden unsere Gesellschaft auch zukünftig beschäftigen. Die Geschlechtergeschichte hilft dabei, diese Debatten historisch einzuordnen und wissenschaftlich aufzuarbeiten. Bei Studierenden gibt es wegen dieser Gegenwarts- und Zukunftsbezüge ein anhaltendes Interesse an diesem Teilgebiet der Geschichtswissenschaft. Insbesondere die Lehramtsausbildung profitiert von einer geschlechtergeschichtlichen Expertise: Im Thüringer Lehrplan des Fachs Geschichte wird Geschlecht als eine Erfahrungsdimension beschrieben, die es innerhalb historischer Quellen zu reflektieren gilt. Geschlechterverhältnisse („Frauen- und Männerbilder“) gehören deshalb zu den zentralen Inhalten des Lehrplans. [1]
Wir fordern einen transparenten und demokratischen Aushandlungsprozess über so eine weitreichende Entscheidung wie die Streichung eines etablierten, zukunftsorientierten und international vernetzten Lehrstuhls! Wir fordern, dass Studierende, Geschlechterforscher*innen und Historiker*innen zum Thema angehört werden und eine öffentliche Debatte ermöglicht wird.
Wir fordern den Fakultätsrat auf, seine Entscheidung zu überdenken! Sie steht im Widerspruch zur öffentlichen Positionierung der Universität Jena für die Themen „Geschlechtergerechtigkeit“ und „Vielfalt“. Sie ist ein fatales Signal angesichts eines sich auf politischer Ebene vollziehenden Rechtsrucks. Bereits 2015 stellte die AfD eine Anfrage im Thüringer Landtag, die darauf abzielte, die „Gender-Forschung“ an thüringischen Hochschulen zu diskreditieren. [2] Es ist wichtig, dass sich die Universitäten mit guten wissenschaftlichen Argumenten gegen solche Angriffe auf die Wissenschaft wehren können, auch hierfür braucht es die Geschlechtergeschichte!
Von der Politik fordern wir deshalb eine hinreichende Finanzierung wissenschaftlicher Geschlechterforschung! Die Landesregierung in Thüringen sprach sich in ihrem Koalitionsvertrag für eine „breit aufgestellte und diverse Hochschullandschaft“ aus. [3] Die Streichung der Geschlechtergeschichte an der Universität Jena aufgrund mangelnder Finanzierung weist jedoch in die entgegengesetzte Richtung.
Um weiterhin intersektionale und antidiskriminierende Forschung in Jena zu verankern, braucht es die Geschlechtergeschichte als eigenständigen Lehrstuhl!
Wir fordern eine Neuevaluierung der Möglichkeiten zur Weiterfinanzierung aller betroffener Lehrstühle!
Kontakt
Mail: kontakt@geschlechtergeschichte-retten.de
Website: http://geschlechtergeschichte-retten.de
Verweise:
[1] Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport: Lehrplan für den Erwerb der allgemeinen Hochschulreife „Geschichte“, Erfurt 2021, S. 6, 8, 29, 32. URL: https://www.schulportal-thueringen.de/media/detail?tspi=2839.
[2] Kleine Anfrage zur „Gender-Forschung“ an Hochschulen in Thüringen, eingereicht von Wiebke Muhsal (AfD). URL: https://kleineanfragen.de/thueringen/6/1286.
[3] Koalitionsvertrag zwischen den Parteien DIE LINKE, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNDENS für die 7. Wahlperiode des Thüringer Landtags, S. 25. URL: https://www.spd-thueringen.de/wp-content/uploads/Koalitionsvertrag-r2g.pdf.
Reason
Die Geschlechtergeschichte erschließt historische Prozesse, indem sie die Kategorie Geschlecht konsequent als Analysekategorie an den jeweiligen historischen Gegenstand anlegt und die historisch wandelbaren kulturellen Ausprägungen von Geschlechterverhältnissen unter Berücksichtigung ihrer intersektionalen Verschränkungen mit anderen Dimensionen von Ungleichheit analysiert.
Geschlecht, Sexualität und andere Dimensionen der Ungleichheit sind auch in der Gegenwart viel diskutierte Fragen. Der Lehrstuhl hilft dabei, diese (manchmal zu kurzschlüssigen) Debatten historisch einzuordnen. Wichtig ist die Geschlechtergeschichte hier nicht zuletzt deshalb, weil an Geschlechterfragen immer auch Fragen verhandelt werden, die die Beschaffenheit der gesamten Gesellschaft betreffen.
Wir brauchen die Geschlechtergeschichte als kritische und zukunftsorientierte Wissenschaft!
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Änderungen an der Petition
on 23 Nov 2022 -
Änderungen an der Petition
on 28 Sep 2022 -
Änderungen an der Petition
on 28 Sep 2022
Debate
Geschlechtergeschichte ist ein wichtiges Feld in der Sozialgeschichte und Wirtschaftsgeschichte, und verdient an größeren Universitäten definitiv einen eigenen Lehrstuhl. Wenn dem Auftrag des Artikel 3 Abs. 2 im Grundgesetz gerecht werden soll, bedarf es einer eingehenden Erforschung der Geschlechterbilder, -rollen und -verhältnisse im Lauf der Geschichte. Einen solchen Lehrstuhl aufzulösen ist m.E. ein herber Schlag für diese Forschung.
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Why people sign
Lüneburg
Das Bewusstsein für die gesellschaftsverändernden Prozesse durch die Frauen- und Geschlechterbewegung aufrecht erhalten, die zu mehr Gerechtigkeit geführt sowie Machtverhältnisse und das Verständnis von Wissenschaft verändert haben.
Jena
Als einziger Lehrstuhl zu diesem Thema in Deutschland trägt er Verantwortung für ein Thema, das momentan politisch unter ständigem Beschuss steht. Die Erforschung der Geschichte von Geschlecht und Sexualität unterstützt die Legitimation des Themas, da diese Geschichte zeigt, dass Geschlecht und Sexualität keine Erfindungen sind, sondern Dimensionen des menschlichen Erlebens, die uns seit jeher prägen, aber unter Wandel stehen und eine breite Vielfalt besitzen.
Wir müssen Wandel und Vielfalt von Geschlecht und Sexualität in ihrer Geschichtlichkeit verstehen, um ihnen in der momentanen politischen Auseinandersetzung gerecht werden zu können!
Außerdem sendet die Abschaffung so eines Lehrstuhls ein politisches Signal der Unterstützung destruktiver und reaktionärer Kräfte, die nicht nur solche (geisteswiss.) Lehrstühle angreifen, sondern Wissenschaft insgesamt Infrage stellen. Diese Entwicklungen sollten wir nicht unterstützen!
Wiesloch
Ohne die Geschichte der Frauen ist es nur die halbe Geschichte. Geschichte ohne Frauengeschichte ist in gewisser Weise Geschichtsfälschung. Frauen- und Geschlechterforschung sind grundgesetz- und menschenrechtsrelevant! Wissenschaft ist, was die Stellenbesetzungen und Themen sowie die Forschungsgelder anbelangt, männlich dominiert. Es gibt keine Begründung für die Abschaffung des Studiengangs und stattdessen den Beibehalt einer antiquierten toten Sprache, die auf einen engen Sprachraum begrenzt ist. Der Erhalt des Studienganges ist gerade in Zeiten des erstarkenden Autoritarismus und des zunehmendem Antifeminismus weltweit umso wichtiger. Zum Thema Verfassungsauftrag und geschlechtergerechte Sprache liegt ein Gutachten von Prof. Dr. Lembke, Humboldt-Uni Berlin vor, in dem der Auftrag öffentlicher Institutionen, geschlechtergerecht zu schreiben, bestätigt wird. Untersuchungen zeigen, dass sich ein Drittel Frauen weniger auf Stellen bewerben, die in der männlichen Form ausgeschrieben sind. Wir schlagen einen Perspektivwechsel vor: dass männliche Geschichte und traditionell durch Männer besetzte Themen künftig als Randthemen von Forschung und Lehre durch Frauen behandelt werden, und dass nur in der weiblichen Form geschrieben und gesprochen wird. Mindestens fordern wir jedoch die Abschaffung der Unterdrückung von Frauen- und Geschlechterthemen in der Forschung und Förderung und eine Gleichstellungspraxis.
Jena
... weil mir die Sichtbarkeit von Frauen und Geschlechterverhältnissen in der Geschichte wichtig ist und es da noch viel zu forschen gibt, bzw die Forschung und Narrative noch vielfältiger werden müssen!
Braunschweig
die Geschichtsforschung ist immer noch sehr Männerzentriert- Frauen kommen selten vor!