Wir fordern von der Mittelhessischen Regionalversammlung und ihren Fraktionen sowie von der Hessischen Landesregierung, den Entwurf für den Regionalplan Mittelhessen den Erfordernissen des Boden-, Arten- und Klimaschutzes und der Fürsorgepflicht des Staates gegenüber seinen Bürgerinnen und Bürgern anzupassen, indem in den Planungen
- dem Artikel 20a des Grundgesetzes zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen und dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts dazu gefolgt wird,
- Vorrangflächen für Renaturierung eingerichtet werden und hierfür besonders die Entsiegelung von Industriebrachen berücksichtigt wird,
- mit Werkzeugen der Strategischen Umweltprüfung ein CO2 Budget für jede vorgeschlagene Maßnahme erstellt und berücksichtigt wird, orientiert an den verbindlichen Vorgaben des Bundesklimaschutzgesetzes, dem die Ziele des Pariser Klimaabkommens zugrunde liegen.
Zur Abschwächung von Krisen in landwirtschaftlichen Lieferketten muss die regionale Landwirtschaft gestärkt werden, vorrangig durch Ausweitung von Ackerflächen zur nachhaltigen Nutzung.
Insbesondere fordern wir, dass Umwelt- , Klima- , Arten-, Wasser- und Naturschutz den zwingend notwendigen obersten Rang in der Regionalplanung einnehmen und dass zu diesem Zweck
- kein m² mehr für Straßenbauprojekte,
- kein m² mehr für Gewerbe- und Industrieflächen,
- kein m² mehr für Siedlungsbau
verbraucht wird – denn nur durch Flächen mit gesunden Böden erhalten wir die Lebensgrundlagen für vielseitige und stabile Ökosysteme, für Äcker, Wälder und Auen, und damit auch für unsere Erholung in der Natur.
Reason
Regionalplanung ist das bedeutendste politische Instrument zur Festlegung von Flächennutzung über Zeiträume von rund 10 Jahren. Darin festgelegt werden Rahmenbedingungen und Flächen für Siedlungsstrukturen zum Wohnen, für Gewerbe, Industrie, Verkehr, Rohstoffsicherung, Land- und Forstwirtschaft, für Hochwasserschutz, Wasserversorgung sowie für Natur und Landschaft.
Das Fehlen verbindlicher Ziele für Umwelt- und Naturschutz in der Regionalplanung entspricht nicht mehr den gesetzlichen Erfordernissen im Sinne der Daseinsvorsorge, denn als Folge starker Umweltveränderungen hatte das Bundesverfassungsgericht im April 2021 festgestellt: „Der Schutz des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG schließt den Schutz vor Beeinträchtigungen durch Umweltbelastungen ein, gleich von wem und durch welche Umstände sie drohen. Die aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG folgende Schutzpflicht des Staates umfasst auch die Verpflichtung, Leben und Gesundheit vor den Gefahren des Klimawandels, etwa vor klimabedingten Extremwetterereignissen wie Hitzewellen, Wald- und Flächenbränden, Wirbelstürmen, Starkregen, Überschwemmungen, Lawinenabgängen oder Erdrutschen, zu schützen.“ [1]
Planmäßige Flächenversiegelung führt aber zu mehr und zu schlimmeren Hochwasserereignissen, zur Zerschneidung ökologischer Zusammenhänge, zum Verlust von Biodiversität, zur Gefährdung des Grundwassers und zu lokalen Temperaturanstiegen. Durch Nutzung zugehöriger Infrastruktur kommen weitere Belastungen hinzu: Lärm, Feinstaub und Treibhausgase aus dem Straßenverkehr sowie störende Beleuchtung. Flächenverbrauch vernichtet wertvolle Wälder und Äcker und trifft als Folge alle Menschen.
Der Regionalplan für Mittelhessen stellt in den nächsten zwölf Jahren einen weiteren Flächenbedarf von 26,75 Mio m² brutto fest allein für Siedlung und Gewerbe – trotz rückläufiger Bevölkerungszahlen. Hinzu kommen geplante Verkehrsflächenerweiterungen wie der 6-spurige Ausbau der Autobahn A5, die Verbreiterung der B49 oder die anvisierte Fertigstellung der A49.
Umfassender Klima- , Natur-, Arten- und Wasserschutz sind im Regionalplanentwurf nicht als Ziele verankert, obwohl kommunale Anfragen an das Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie zur Anfertigung von Fließpfadkarten in Erwartung von verheerendem Starkregen gestiegen sind [2]. Der Waldzustandsbericht für Hessen zeigt seit mehreren Jahren höchste Schäden und Verluste großer Baumbestände infolge von Trockenheit und Windwurf [3]. Die mittelhessische Landwirtschaft ist stark von Ernteeinbußen betroffen [4, 5], zugleich betonen Krisen landwirtschaftlicher Lieferketten die Bedeutung unserer Region.
Die Flächenermittlung des Regionalplans basiert auf Prognosen bis 2035 für die Bevölkerungsentwicklung in Mittelhessen. Diese weist mit 19.940 Menschen einen Rückgang um 1,6% auf. Wegen der Annahme eines zu hohen pro-Kopf-Bedarfs wird planmäßig jedoch noch mehr Bebauungsfläche ausgewiesen. Die zukünftige Altersstruktur ist geprägt durch einen Rückgang der unter 60-Jährigen, was entgegen der Planung für einen sinkenden Arbeitsplatzbedarf spricht und damit für einen Rückgang des Individualverkehrs zugunsten von zu schaffenden ÖPNV-Angeboten. Das im Entwurf angenommene „Weiter so“ setzt ein falsches Signal zum Abwarten statt zu einem Handeln, mit welchem Umweltfolgekosten gesenkt und Lebensqualität gesichert werden könnten.
Der Entwurf des Regionalplans berücksichtigt nicht die Empfehlungen des Weltklimarates zur nachhaltigen Landnutzung, obwohl wir in Mittelhessen die negativen Folgen des Klimawandels längst spüren. Landverbrauch muss hier gestoppt, gesunde Lebensräume erhalten und neu geschaffen werden, um auch regional Deutschlands Klimaziele zu erreichen [6]. Die Bundesregierung selbst strebt bis 2050 einen Flächenverbrauch von Netto-Null an [7]. Um das zu erreichen, müssen Umdenken und renaturierendes Handeln aber schon heute beginnen.
„Global denken, lokal handeln“ – darin liegt die große Chance eines nachhaltig angelegten Regionalplans. Politik und Verwaltung auf allen Ebenen stehen in der Verantwortung, die letzten noch wirksamen Gelegenheiten zum Umsteuern zu nutzen oder durch ein „Weiter so“ die Zukunft nachfolgender Generationen endgültig preiszugeben.
[1] https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2021/bvg21-031.html
[3] https://umwelt.hessen.de/Wald/Klimastabiler-Wald/Waldzustand
[4] https://www.mittelhessen.de/lokales/wetzlar/wetzlar/landwirte-rechnen-mit-schlechter-ernte_21928287
[5] https://www.hessenschau.de/wirtschaft/enttaeuschende-getreide-ernte,kurz-landwirtschaft-104.html
[6] https://www.ipcc.ch/site/assets/uploads/2019/03/SR1.5-SPM_de_barrierefrei-2.pdf
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Vor der Erschließung weiterer Flächen für Lagerhaltung sollten konsequent vorhandene Gebäude genutzt werden um Bodenfläche zu erhalten. Transport von Waren soll möglichst zentral über die Schiene erfolgen und erst vor Ort verteilt werden, damit LKW-Verkehr reduziert werden kann.
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Peine
Schutz der Natur. Stopp der weiteren enormen Versiegelung. Wertvolle Ackerflächen müssen für eine naturverträgliche Landwirtschaft zur Sicherstellung unserer Ernährung verwendet werden.
Marburg
Weil wir endlich ernst machen müssen, auch wenn es schon 5 nach 12 ist... - denn das Menschheitsversagen in der großen ökologischen Frage (Klimaschutz) wird uns eine soziale Herausforderung "bescheren", die unsere Solidarität in nie da gewesenm Maße herausfordern wird
Gießen
Das Land, also der Naturraum, sollte für alle Menschen da sein! Hauptsächlich um gute Nahrungsmittel zu erzeugen und zur Erholung in der Natur, und nicht für die kommerzielle Ausnutzung und Zerstörung durch Wenige!
Ebsdorfergrund
In der Gemeinde Ebsdorfergrund fehlt ein klares Votum für Natur und Landwirtschaft! Ein Baugebiet nach dem anderen wird geplant - inzwischen versorgen wir auch andere Kommunen mit unserem Land, als wäre es nichts wert. ZEITENWENDE heißt auch hier ein Umdenken!
Frankfurt am Main
Wir können so nicht weitermachen