Spätestens seit Anfang November sind einschneidende Einspar- und Schließungsabsichten im Bildungsbereich bekannt geworden. Neben drohenden Kürzungen bei der Versorgung der Schulen, Zurückhaltung von Besoldungserhöhungen und dem Eindampfen der Lehrkräfteausbildung sollen die Fortbildungsstandorte Weilburg (Tagungsstätte Weilburg, spätestens 2029) und Fuldatal (Reinhardswaldschule, bereits 2027) geschlossen werden. Die Schließungen und weiteren Kürzungsmaßnahmen wurden durch eine umfangreiche und teure Effizienz-Studie der BeraterfirmaPrognos (Prognos-AG) begründet. Auf dem Prüfstand war die wirtschaftliche Auslastung der Betriebe,gemessen u.a. an Belegungszahl und Leerstand der Einrichtungen, sowie der Sanierungsbedarf der Liegenschaften.
Wer die Tagungsstätte Weilburg kennt, dort Seminare und Fortbildungsveranstaltungen abhält oder besucht, kann sich einer umsichtigen, professionellen Betreuung und Versorgung durch die Beschäftigten vorort und einer passenden räumlichen Ausstattung für den Fortbildungsbedarf sicher sein. Die Zufriedenheit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer spricht für sich. Unserer Wahrnehmung nach war und ist der Betrieb der Tagungsstätte durch die Vielzahl an Fortbildungen und weiteren Veranstaltungen sehr gut ausgelastet. Dies deckt sich gar nicht mit den Erhebungen der Prognos AG, die eine durchschnittliche Belegung mit 20 Personen ermittelt hat. Leider liegen uns die Eckdaten und Messvorgaben der Studie nicht vor.
Selbstverständlich gibt es z.B. ferien- und wochenendbedingt unterschiedliche Auslastungen. Aber die Tagungsstätte ist eben kein reiner Hotelbetrieb, sondern eine notwendige Investition in die Bildungunserer Gesellschaft, deren Nutzen und Erfolg sich in der Qualität der beruflichen Qualifizierung und Expertise in der Zukunft bezahlt macht – die Effizienz zeigt sich daher im nachhaltigen gesellschaftlichen Nutzen. Bildung ist ein eigenes Gut und eine Investition mit eigenem Wert für die Zukunft!
Gute Bildung wächst vor allem in einer gelingenden Beziehungs- und Kommunikationskultur. Es ist nicht nur fraglich, sondern schlicht unwahrscheinlich, dass sich diese Qualität an Fort- und Weiterbildung, wie geplant, adäquat mit digitalen Werkzeugen erreichen lässt. Gute Bildung braucht tatsächliche Begegnung und eine gut funktionierende Infrastruktur, das hat uns nicht nur die Coronazeit gelehrt, zahlreiche Studien untermauern die Unverzichtbarkeit von Bildung in Präsenz und in Lerngemeinschaften, entgegen einer entpersonalisierten und isolierenden Bildung in digitalen Welten.
Wir bezweifeln, dass ernsthaft Wege gesucht wurden, den Betrieb der Tagungsstätte Weilburg zu stabilisieren bzw. auszubauen. Vornehmlich wurde das Veranstalter-Angebot beschränkt auf die Landesbehörden und den staatlichen Bildungsbereich. Das Angebot hätte leicht auf weitere Anbieter wie Wohlfahrtsverbände, Vereine und dem Gemeinwohl dienende Bildungsinstitute in Kooperation mit Landkreis und Stadt erweitert werden können. Versäumt wurde seit Jahren, das Gebäude ausreichend zu sanieren. Gebäude dieser Größenordnung brauchen ein durchgängiges und begleitendes Sanierungskonzept, das nicht erst einsetzt, wenn ein Verfall sichtbar wird und den Betrieb gefährdet. Die Chance einer umfassenden Renovierung – zu der vor 7 Jahren sogar die Zusage gegeben und Geld bereitgestellt wurde – blieb ungenutzt. Es fehlte lediglich ein schlüssiges Umsetzungskonzept, bzw. die Bereitschaft einen Konsens zur Umsetzung zu finden.
Die Beschäftigten der Tagungsstätte müssen nun um ihre Zukunft bangen. Teilzeitkräften wird angeboten bzw. zugemutet, zukünftig in Gießen oder Alsfeld zu arbeiten oder die Lehrkräfteakademie – auch vorzeitig – zu verlassen, um sich eine andere Beschäftigung zu suchen. Viele werden so in den vorzeitigen Ruhestand gezwungen. Lehrkräfte, schulische Beschäftigte werden vor die Mattscheiben gesetzt, Fort- und Weiterbildung wird durchdigitalisiert, kanalisiert und in die Außenbereiche der ohnehin vollgestopften außerunterrichtlichen Arbeitszeit verlagert.
Weil eine Ausbildungsstätte unerlässlich ist.