Bildung

Vergütung des Praxissemesters im Lehramtsstudium

Petition richtet sich an
Ministerium für Schule und Weiterbildung
11.785 Unterstützende 10.954 in Nordrhein-Westfalen

Der Petition wurde nicht entsprochen

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  1. Gestartet 2016
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Beendet

Nach der Umstellung der Lehramtsstudiengänge mit dem 1. und 2. Staatsexamen, auf das aktuelle Bachelor/Master System hat die nordrheinwestfälische Landesregierung die sogenannten „Praxissemester“ eingeführt.

Jeder angehende Lehrer ist nun dazu verpflichtet, nach erfolgreichem Bachelorabschluss, ein halbes Jahr an einer Schule zu arbeiten. Im Gegenzug wird das „Referendariat“ (offiziell: Vorbereitungsdienst) um 6 Monate verkürzt.

Eigentlich könnte dieses neue Modell eine schöne Idee sein. Studenten haben die Möglichkeit frisch Gelerntes anzuwenden und auszuprobieren, können ihrem Berufswunsch noch einmal ganz konkret auf den Zahn fühlen und Erfahrungen sammeln, die den Lernprozess im späteren Masterstudium erleichtern.

Doch für das halbe Jahr Arbeit gibt es keine Bezahlung.

WIR FORDERN EINE FAIRE ENTLOHNUNG DES PRAXISSEMSTERS!

Um weiterhin eine sinnvolle, lehrreiche Ausbildung für unsere zukünftigen Lehrer verwirklichen zu können, fordern wir zumindest eine Entlohnung des Praxissemesters nach dem Mindestlohn. Bezogen auf die 12,5 Wochenstunden, die die Studenten effektiv an den Schulen arbeiten sollen, heißt dies also eine Entlohnung von 425 € monatlich. Dies soll auch rückwirkend für alle Lehramtsanwärter gelten, die das Praxissemester seit Einführung des neuen Hochschulgesetzes bereits absolviert haben.

Begründung

Zum Zeitpunkt des Praxissemesters haben alle Lehramtsstudenten bereits einen Bachelor-Abschluss in der Tasche, also ein abgeschlossenes Studium. An einem Punkt an dem andere ihr Studium für beendet erklären und in ein festes Arbeitsverhältnis oder zumindest ein bezahltes Trainee-Programm gehen, müssen die Lehramtsanwärter für fünf Monate unbezahlt arbeiten. Im Praxissemester, welches Teil des Master-Studiums ist, sind die Studenten jedoch weiterhin dazu angehalten ihre Vorlesungsveranstaltungen, Kurse und Seminare zu besuchen und Klausuren zu schreiben. Im Schnitt werden 12,5 Stunden pro Woche in den Schulen verbracht, darüber hinaus muss der Unterrichtsstoff zuhause vor- und nachbereitet werden und in der Uni stehen weitere 18 Stunden Pflichtprogramm an. Die Uni Köln spricht von einem wöchentlichen Zeitaufwand von 37,5 Stunden. Also dem Stundenaufwand einer Vollzeitstelle.

Hin- und Rückfahrt zu den oft entlegenen Schulen sind darin noch nicht enthalten (den Arbeitsort sucht sich der Student übrigens nicht selber aus). Die Woche ist also voll.

Zwei Drittel aller deutschen Studenten müssen neben dem Studium jobben, um für ihre Kosten aufzukommen. Daraus ergibt sich für die meisten Lehramtsstudenten das Problem, dass zum Arbeiten neben dem Studium praktisch keine Zeit mehr ist. Eine finanzielle Herausforderung. Es sei denn, man verzichtet auf Schlaf um nachts zu kellnern.

Die einzige Lösung scheint der Finanzzuschuss von außen: Eltern oder BAföG.

Wer aber keinen Anspruch auf BAföG hat oder von den Eltern nicht unterstützt wird, steht mit Beginn des Praxissemesters mit der Frage da: Wie soll ich das alles finanzieren?

Das Land scheint sich ein Schlupfloch gebaut zu haben: Da das Praxissemester per Definition kein Praktikum ist, sondern Teil der Lehrerausbildung, muss die Praxiserfahrung nicht vergütet werden.

Im Gegenzug wurde das bezahlte Referendariat um 6 Monate auf nun nur noch 18 Monate verkürzt. 1284 € brutto verdienen Referendare an Gesamtschulen und Gymnasien, 1252 € brutto verdienen Referendare an Grundschulen in NRW. Für den Teil der praktischen Ausbildung, den die angehenden Lehrer nun nicht mehr im Vorbereitungsdienst, sondern im Praxissemester ableisten, spart sich das Land also rund 7500 € pro Lehramtsstudent. Dabei sind die Sozialversicherungsbeträge noch nicht mit einbezogen. Oftmals sind die Lehramtsanwärter zu Beginn des Praxissemesters schon über 25 Jahre alt. Das Kindergeld fällt also häufig weg.

Das Land spart also auf Kosten der Studenten und Kosten der Bildung.

Zum Vergleich: In der freien Marktwirtschaft müssen Praktikanten, deren Beschäftigungsverhältnis länger als drei Monate andauert, mit dem Mindestlohn von 8,50 € entlohnt werden. Bei 12,5 Arbeitsstunden wäre das immerhin ein Monatslohn von 425 €. Einen ähnlichen Vergleich ermöglicht uns die frühere Wehrpflicht: Wehr- und Zivildienst, die auch per Gesetz verpflichtend waren, wurden entlohnt. Und das ohne abgeschlossene Berufsausbildung. Für Studenten, die natürlich auch praktische Berufserfahrung sammeln müssen und möchten, aber gleichzeitig auch für ihren Lebensunterhalt aufkommen müssen, sind die Bedingungen also unfair.

Laut der Unicum-Vergleichstabelle braucht aber selbst ein Student, der in einer verhältnismäßig günstigen Universitätsstadt lebt, mindestens 660 € monatlich, um seine Kosten zu decken. 660 € also, die der Student ohne Zuschüsse von außen, selbst erwirtschaften muss. Für den Fall, dass ein Studienkredit aufgenommen werden muss, wären es in dieser Beispielrechnung schon mindestens 3300 € die der Student sich leihen müsste. Zinsen nicht einberechnet. Nun kommen auf die Lehramtsstudenten im Anschluss des Praxissemesters noch 2,5 Jahre zu, bis sie als ausgebildete Lehrer eingestellt werden können. 2,5 Jahre, in denen der Kredit wahrscheinlich nicht abbezahlt werden kann und in denen sich evtl. Zinsen anhäufen.

Dazu kommen noch Materialaufwand für Unterrichtsprojekte, Anfahrtskosten, Schulausflüge etc., die vonseiten der Schule bzw. des Landes nicht getragen werden.

Dem Land sollte daran gelegen sein, möglichst viele, qualifizierte und motivierte junge Lehrer schnellstmöglich auf den Arbeitsmarkt zu bringen. Doch viele gute Lehrer gehen aufgrund des langen Studiums und der fehlenden Vergütung des Praxissemesters schon auf dem Weg verloren. In der freien Wirtschaft finden viele neben einem schnelleren Berufseinstieg vor allem bessere Gehälter und Chancen.

Die Qualität des Schulunterrichts hängt extrem von der Motivation des Lehrers ab. Wie motiviert können die Studenten und damit zukünftigen Lehrer in ihre Berufswelt eintreten, wenn ihre Leistung nicht ausreichend wertgeschätzt wird und der erste Schritt in den Lehrberuf mit Existenzängsten einhergeht?

Die Qualität des Praxissemesters wird unter diesen Bedingungen leiden.

Vielen Dank für Ihre Unterstützung, Mariella Broscheid aus Düsseldorf
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Neuigkeiten

Der Defakto Arbeitsaufwand liegt in der Realität sogar wesentlich höher. Zu Zeiten meines Praxissemester (erste Kohorte) begann mein Arbeitstag um halb 7 (Fahrtbeginn) und ende zwischen 22 und 23 Uhr am heimischen Schreibtisch. Natürlich ist der eigenständige Grad der Arbeit zu beachten. Die Stundenanzahl im Nebenjob musste ich drastisch reduzieren. Hinzukommt, das der ÖPNV aufgrund des Gewichtes der Unterrichtsmaterialien nur bedingt nutzbar war, und ein PKW angeschafft werden musste.

Im Gegensatz zu Praktikanten und Referendaren dürfen Praxissemesterstudenten nichts ohne Anwesenheit eines Lehrer selbstständig machen, keinen Unterricht, kein Vertretungstunde , keine Beaufsichtigung. Die Ausbildung ist von der Hochschule auf die Schule verlagert worden.

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