Am 16.12.2024 haben wir und Vertreter der Verkehrsinitiative Petershagen NRW Umwelt- und Verkehrsminister Krischer und dem NWL über 2100 Unterschriften mit nachfolgendem Statement überreicht:
"Sehr geehrter Herr Minister Krischer, sehr geehrte Frau Auffermann,
über 2100 Menschen haben unsere Petition „Für Erhalt und Ausbau der Bahnlinie Minden – Nienburg – klimafreundliche Mobilität für alle!“ unterschrieben, davon 620 handschriftlich auf Unterschriftenlisten.
[…]
Vom NWL wird gerne die geringe Auslastung der Strecke ins Feld geführt. Nur 14 Personen seien es während der Woche und 18 Personen an den Wochenenden, die die Strecke zwischen Minden und Nienburg nutzen. So wurde der Geschäftsführer des NWL, Herr Künzel, zuletzt im Mindener Tagblatt vom 16. Oktober 2024 zitiert. Wir haben daraufhin Nutzer der Strecke gebeten, die Fahrgastzahlen im Abschnitt Lahde-Minden zu erheben.
Und das sind die Ergebnisse:
Von Ende Oktober bis Mitte Dezember wurden im Abschnitt zwischen Minden und Lahde insgesamt 44 mal die Fahrgäste gezählt.
In dieser Zeit fuhren durchschnittlich wochentags 30 Personen pro Zug auf der Strecke, am Wochenende 46 Personen pro Zug.
Die meisten Zählungen, nämlich 14, fanden im ersten Zug ab Lahde in Richtung Bielefeld um 7:45 Uhr statt. Hier wurden im Schnitt nur 25 Personen pro Zug gezählt.
Diese Verbindung ist offenbar unterdurchschnittlich attraktiv – und das, obwohl es der erste Zug ist, den Pendler zur Arbeit, zur Schule oder zur Uni nach Bielefeld nutzen können. Aber 7:45 ab Lahde ist einfach viel zu spät. Wie will man da um 8:00 in Minden oder gar in Bielefeld rechtzeitig auf der Arbeit oder in der Uni sein?
Und natürlich drängen sich bei diesen Zahlen Fragen an Sie, Frau Auffermann, als stellvertretende Geschäftsführerin des NWL auf:
Woher kommen die von Ihnen genannte Ausnutzung der Strecke mit „14 Nutzer während der Woche und 18 Nutzer am Wochenende“? Wie wurden die Zahlen erhoben, über welchen Zeitraum? Wie breit ist die Datengrundlage und von wann stammen die Zahlen?
Und ja, auch wenn die Auslastung mehr als doppelt so hoch sein sollte wie von Ihnen behauptet – auch unsere Zählung zeigt: Die Nutzung könnte durchaus besser sein.
Dass zu wenige Menschen gerne mit dem Zug fahren würden, daran kann es nicht liegen. Das zeigt alleine schon die große Unterstützung für die Petition.
Die Erklärung ist einfach: Im öffentlichen Verkehr ist es so, dass das Angebot die Nachfrage schafft. Was für Straßen gilt – wer Straßen sät, wird Verkehr ernten – gilt für den Bahnverkehr genauso.
Das Zukunftsnetzwerk ÖPNV, eine Initiative des baden-württembergischen Verkehrsministeriums, beschreibt den Sachverhalt so: „Im ÖV gilt: Angebot schafft Nachfrage. Menschen steigen nur dann auf den ÖV um, wenn sie vom frühen Morgen bis zum späten Abend auf eng getakteten Verbindungen, zuverlässig, pünktlich, sicher, komfortabel und bezahlbar ans Ziel kommen.“
Das zeigt auch das Beispiel Rheinland-Pfalz, wo 1994 ein integraler Taktfahrplan mit einem mindestens 1-Stunden-Takt für alle Regionalzüge eingeführt wurde. Durch diese Angebotserweiterung sind heute doppelt so viele Menschen mit den Nahverkehrszügen unterwegs wie vorher (Quelle: Heinrich-Böll-Stiftung 2018).
Und genau daran hapert es auf der Strecke Minden – Nienburg. Obwohl der 1-Stunden-Takt in den Zielfahrplänen 2040 der Länder NRW und Niedersachsen verankert ist, sind weit und breit keine Maßnahmen in Sicht, diese Absicht irgendwann in die Realität umzusetzen. Denn ohne die erforderlichen Infrastrukturmaßnahmen für einen Begegnungsverkehr und für schnellere Fahrten ist dieses Ziel nicht machbar.
Mit der Übergabe unserer Petition bitten wie Sie, Herr Minister Krischer, und Sie, Frau Auffermann, nicht nur die erste Forderung nach Zügen statt Bussen umzusetzen, sondern auch die weiteren Forderungen in Angriff zu nehmen.
Wir brauchen einen attraktiven, bedarfsgerechten Schienenpersonennahverkehr und einen 1-Stunden-Takt auf der Strecke.
• Dafür muss die Infrastruktur ertüchtigt und ausgebaut werden. Insbesondere muss es Begegnungsabschnitte geben, z.B. an den jetzt schon mit 2 Gleisen versehenen Bahnhöfen in Frille, Lahde, Windheim und Heimsen.
• Und damit trotz Warten auf den Begegnungsverkehr die Anschlüsse in Nienburg und Minden noch klappen, müssen die Züge zumindest in Abschnitten mit Tempo 120 fahren können.
Und für all das muss es ausreichend Mittel auch vom Land NRW geben.
Im MT hat der NWL vertreten, dass der 2-Stundentakt kein Standard und der Wunsch ein 1-Stunden-Takt sei. Wenn also weitermachen wie bisher auch für Sie eigentlich keine Alternative sein kann, dann würden wir gerne von Ihnen und auch von Ihnen, Herr Minister Krischer, wissen wollen, wann mit welchen Infrastruktur-Maßnahmen zur Umsetzung des 1-Stundentakts wir rechnen können.
Denn – wenn den Worten keine Taten folgen, dann wird das nichts mit der Verkehrswende im Raum Mittelweser."
Am 16.12.2024 übergaben wir, die InitiatorInnen der Petition für den Erhalt und Ausbau der Strecke des RE78 Minden – Nienburg, die Kreisverbände NABU, BUND, ADFC und VCD sowie weitere VertreterInnen der Verkehrswende Petershagen von Grünen und CDU, Verkehrsminister Oliver Krischer im Beisein von Mitarbeitern seines Ministeriums und der stellvertretenden Geschäftsführerin des Nahverkehrsverbundes Westfalen (NWL) Frau Christiane Auffermann die über 2100 Unterschriften unserer erfolgreichen Petition.
Anlass für die Reise war aber nicht nur die Überbringung der 53 Seiten lange Unterschriftenliste der UnterstützerInnen der Petition, sondern auch die weitergehenden Forderungen, die die Initiative dem Minister vortrug. Natürlich begrüßten alle, dass der NWL den Zweistundentakt mit Unterstützung der Zentralbahn inzwischen zeitnah wieder realisiert hat. Aber es fehlten immer noch klare Aussagen, so die Initiative, wann und wie die Maßnahmen für den ein-Stundentakt und für einen früheren Zug Richtung Süden realisiert werden sollen. Denn nur dann kommen Berufspendlern, SchülerInnen und StudentInnen überhaupt zu einer akzeptabelen Zeit am Zielort an.
Es wurden dem Minister noch einmal die Forderungen nach der Notwendigkeit der Planung von Begegnungsabschnitten mit zwei Gleisen auf der Strecke vorgetragen. Auch müssten die Züge auf Teilabschnitten 120 km/h fahren können, indem entsprechende Bahnübergänge beschrankt würden, und dass Übergangszeiten in Nienburg in Richtung Hamburg nicht nur 5 Minuten betragen dürften. Dies hätte nämlich bei nur kurzzeitigen Verspätungen Wartezeiten von 2 Stunden in Richtung Hamburg. Das Risiko geht kein Bahnfahrer ein.
Darüber hinaus war die Betonung des Potenzials der Strecke ein besonderes Anliegen der Mindener und Peterhäger Petenten. Nicht nur die Auswertung der Verkehrs – und Pendlerströme auf der parallelen Bundesstraße im Rahmen der Mobilitätsstudie des Kreises zeigten den Bedarf. Auch die in den letzten Wochen durch Mitreisende erhobenen Fahrgastzahlen zeigten ein ganz anderes Bild als die Ergebnissen des NWL. So erfolgten in den letzten Wochen 44 Zählungen zwischen Minden und Petershagen in den Zügen über den Tag verteilt. Dabei zeigte sich, dass im Schnitt 30 Personen den Zug in die jeweilige Richtung nutzten. In der Spitze waren es über 90 Fahrgäste. Zusätzlich wurden auch Fahrräder und Kinderwagen transportiert. Obwohl diese Erhebung statistisch nicht abgesichert ist, unterscheiden sich die Fahrgastzahlen deutlich von denen des NWL, der immer wieder von 14 Fahrgästen pro Fahrt an Werktagen und 18 an Wochenenden spricht.
Fazit für die Initiative: Die Strecke hat erheblich mehr Potenzial, wenn sie attraktiv und zuverlässig ist.
Dies wurde auch Minister Oliver Krischer und Frau Auffermann vom NWL vorgetragen, die für das Anliegen der Petenten offene Ohren hatten. In einer einstündigen, einander zugewandten Diskussion wurden viele Argumente ausgetauscht. Auf die konkreten Fragen, wann mit welchen Infrastrukturmaßnahmen zur Umsetzung des ein Stundentaktes gerechnet werden kann, wurde von Seiten des Ministeriums letztlich aber darauf hingewiesen, dass die Weichen in dem sich im Aufstellungsverfahren befindenden Nahverkehrsplan für die Erreichung des ein Stundentaktes gestellt würden. Und da ist die Politik gefordert, die entsprechenden Beschlüsse zu fassen.
Selbst wenn die Gruppe erwartungsgemäß ohne konkrete Antworten zurückfuhr, hatte man dem Minister und auch dem NWL versichern können, dass die Initiative an der Umsetzung einer besseren Nahverkehrsverbindung zwischen Minden und Nienburg dranbleibt.
Der RE 78 fährt wieder – aber nur im 2-Stundentakt und ohne Anbindung des Berufsverkehrs. Für eine attraktive Bahnverbindung ist das jedoch zu wenig.
Zum Fahrplanwechsel Mitte Dezember fordern die Umwelt- und Verkehrsverbände erneut eine bessere Bahnverbindung zwischen Nienburg und Minden. Daher demonstrieren Sie zusammen mit dem Netzwerk Verkehrswende Petershagen am 12.12.2024, 15:30, auf dem Mindener Bahnhof für die Forderungen eines attraktiven, bedarfsgerechten Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) und für einen 1-Stunden-Takt. Von Minden geht es dann mit dem RE 78 nach Nienburg, wo die Nienburger Umweltverbände ebenfalls für eine bessere Verbindung kämpfen.
UnterstützerInnen sind herzlich eingeladen, dabei zu sein!
Der RE 78 fährt dank der Unterstützung durch die Centralbahn wieder (s.u.), aber wie gehabt nur im 2-Stundentakt und ohne ein attraktives Angebot für den Berufsverkehr. Das führt dazu, dass ganz viele Menschen das Auto nutzen, wie eine Mobilitätsstudie des VVOWL zeigt.
Und – eine unattraktive Verbindung läuft immer Gefahr, dass bei Personal- und/oder Materialmangel Ressourcen abgezogen werden, wodurch die Fahrgastzahlen weiter sinken.
Das ist eine Spirale nach unten, die nur durch mehr Verlässlichkeit und ein besseres Angebot zu stoppen ist.
Benötigt werden Ausweichstrecken für einen Begegnungsverkehr und ein höheres Tempo als grundlegende Bedingungen für einen 1-Stunden-Takt.
Jetzt ist das Land NRW "am Zug" und prüft, welche dieser Maßnahmen es in den neu aufzustellenden ÖPNV-Bedarfsplan schaffen.
Wir fordern den Verkehrsminister NRW, Oliver Krischer, auf, die Maßnahme „Taktverdichtung im Abschnitt Minden-Nienburg (RE78)" in den ÖPNV-Bedarfsplan NRW aufzunehmen. Denn so können Mittel für Maßnahmen für einen 1-Stunden-Takt im Schienenpersonen-Nahverkehr (SPNV) bereitgestellt werden und beispielsweise die Strecke für Tempo 120 ertüchtigt werden.
Sollten lediglich Kreuzungsbahnhöfe ausgebaut werden (und keine Ausweichstrecken gebaut werden) wäre die Ertüchtigung der Strecke für ein höheres Tempo unbedingt erforderlich, damit die Anschlüsse in Minden und Nienburg erreicht werden.
Kurz vor der geplanten Demo am Bahnhof Petershagen / Lahde am 31.08.2024 kommt von der Eurobahn die Mitteilung, dass ab 20. September die Centralbahn aus Mönchengladbach mit ihren Zügen und ihrem Personal die Strecke Minden – Nienburg bedienen wird.
Das ist ein großartiger Erfolg unserer Petition und aller Menschen, die das Anliegen mit ihrer Unterschrift unterstützt haben.
Aber das ist nur ein erster Etappensieg. Nach wie vor hat der Zweckverband NWL die Strecke NICHT in seinen Maßnahmenplan übernommen, und nach wie vor scheint niemand die Absicht zu haben, diese Strecke für einen 1-Stunden-Takt zu optimieren.
Damit die Strecke erhalten bleibt und gut nutzbar ist, sind ein 1-Stundentakt und ein entsprechender Ausbau erforderlich. Daher bitten wir alle, uns weiterhin mit ihrer Unterschrift zu unterstützen.
Help us to strengthen citizen participation. We want to support your petition to get the attention it deserves while remaining an independent platform.