22.07.2025, 15:22
Cordula Orphal hat in ihrem Artikel "Warum nicht gleich ein Taschentuchspender?" mit dem "Taschentuchspender" ein interessantes Gedankenspiel angestoßen, dass ich hier ein bisschen weiterspinnen will.
Es war einmal eine fortschrittliche Stadt am Rhein, in der man auf alles vorbereitet war: den Klimawandel, die Digitalisierung – und den akuten Schnupfen.
Um dem Problem des unkontrollierten Niesens Herr zu werden, beschloss der Stadtrat eine bahnbrechende Maßnahme: die Schnupfensteuer. Sie war nicht zweckgebunden, aber immerhin innovativ. Von nun an musste sich jeder Verschnupfte bei der Stadt registrieren lassen.
Die Steuer wurde pro Haushalt fällig – und stieg mit jeder laufenden Nase:
- 1 Verschnupfter: 120 €
- 2 Verschnupfte: 300 €
- 3 Verschnupfte: 525 €
Bei besonders schweren Fällen – also einem Befall mit einem "bösartigen Schnupfenerreger" – wurde es richtig teuer:
- 1 stark Verschnupfter: 750 €
- 2 stark Verschnupfte: 1.875 €
Zur Kontrolle musste jeder Betroffene eine Schnupfen-Marke sichtbar tragen – und in besonders schweren Fällen zusätzlich eine Maske. Außerdem wurde festgelegt: Jeder Verschnupfte hat stets ausreichend Taschentücher mit sich zu führen.
Zur Überwachung dieser Vorschriften wurde der Kommunale Ordnungsdienst personell aufgestockt. Die neuen „Schnupfen-Patrouillen“ sollten für Hygiene und Ordnung sorgen.
Doch wie das Leben so spielt, vergaßen manche Verschnupften in der Hektik des Alltags – durch Familienstress, Arbeit oder schlichte Zerstreutheit – gelegentlich ihre Taschentücher. Und wurden prompt verwarnt.
Die Strafgebühren trafen selten die Rücksichtslosen, aber oft die Überlasteten. Viele wandten sich deshalb an die Stadtverwaltung und den Stadtrat – mit einer Bitte: öffentliche Taschentuchspender. Eine kleine Hilfe für unterwegs, ein Zeichen von Kooperation.
Doch von dort kam nur die ernüchternde Antwort: „Die Schnupfensteuer ist nicht zweckgebunden.“
Und so wurde beschlossen: Kein Spender. Kein Service. Kein Trost. Nur ein neues Schild vor dem Rathaus:
„Taschentuchpflicht gilt auch ohne Spender. Danke für Ihr Verständnis.“
Die Verschnupften verstanden. Aber sie niesten weiter. Und zahlten weiter.