Region: Hessen
Bildung

Fürsorgepflicht ernstnehmen – Neue Regeln für Unterricht bei großer Hitze

Petent/in nicht öffentlich
Petition richtet sich an
Hessischer Landtag
2.488 Unterstützende 2.406 in Hessen

Petitionsempfänger hat nicht reagiert.

2.488 Unterstützende 2.406 in Hessen

Petitionsempfänger hat nicht reagiert.

  1. Gestartet 2019
  2. Sammlung beendet
  3. Eingereicht
  4. Dialog
  5. Gescheitert

Der sich dem Ende neigende Sommer 2019 brachte zum wiederholten Male ungewöhnlich viele Tage mit Temperaturen jenseits der 30°C mit sich. Insgesamt handelte es sich um den drittheißesten Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen, heißer war es nur 2003 und 2018. Nach Ansicht des Landesschüler*innenrates muss die Landespolitik auf diese Zustände reagieren. Es handelt sich nicht mehr nur um einzelne Ausnahmefälle, in denen extreme Wetterbedingungen Einfluss auf den Unterricht in hessischen Schulen nimmt. Im Zuge des zunehmend auch in Europa sichtbar werdenden Klimawandels müssen gesetzliche Regelungen geschaffen werden, die geeignet sind, auch in Zukunft einen pädagogisch sinnvollen Umgang mit großer Hitze an Schulen sicherzustellen. Die gegenwärtig geltenden Vorschriften verfehlen dieses Ziel.

Ausgangslage: Der in Hessen geltende Erlass „Andere Unterrichtsformen und Unterrichtsausfall bei großer Hitze“ besteht in seiner aktuellen Form seit April 2015. Er sieht insbesondere vor, dass

  • die Schulleiterin oder der Schulleiter nach eigenem Ermessen entscheidet, ob und in welcher Form Maßnahmen als Reaktion auf große Hitze ergriffen werden, ohne dass hierfür konkrete Temperaturrichtwerte genannt werden.

  • für Schülerinnen und Schüler in der Sekundarstufe 2 (gymnasiale Oberstufe) sowie in Berufsschulen grundsätzlich keine Maßnahmen ergriffen werden können, um auf große Hitze zu reagieren.

  • eine zeitlich befristete Verkürzung aller Unterrichtsstunden, z. B. von 45 Minuten auf 30 Minuten, unzulässig ist.

  • Schülerinnen und Schüler, die auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sind, im Fall von Hitzefrei in der Schule betreut werden müssen, was in der Praxis dazu führt, dass an Schulen mit hohem Anteil sog. „Fahrschüler/innen“ auf die vorzeitige Beendigung des Unterrichts häufig ganz verzichtet wird.

Forderung: Der Landesschüler*innenrat setzt sich dafür ein, dass zukunftsfähige und praktikable Lösungen gefunden werden, die die Erfüllung der Fürsorgepflicht in den Fokus setzen. Daher soll der entsprechende Erlass wie folgt überarbeitet werden:

  • a) Die Gültigkeit des Erlasses ist auf die Sekundarstufe 2 (gymnasiale Oberstufe) und Berufsschulen auszuweiten.

  • b) Die bisherigen Maßnahmen sind um folgende Punkte zu erweitern:

  • aa. Verkürzung der Unterrichtsstunden um bis zu einem Drittel von deren Dauer

  • bb. Bereitstellung kostenloser Getränke

  • c) Verbindliche Temperaturrichtwerte sollen eingeführt werden, ab denen spätestens Maßnahmen zu ergreifen sind. Solche Vorgaben existieren beispielsweise auch im Bereich des Arbeitsschutzes (ASR A3.5). Hierbei sollen folgende Grundlagen dienen:

  • aa. Messungen in repräsentativen Räumen sollen als Beurteilungsgrundlage dienen. Erforderliche technische Ausstattung in Schulgebäuden muss gegebenfalls nachgerüstet werden. Wenn in Schulen mehrere Gebäude vorhanden sind, die aufgrund unterschiedlicher baulicher Beschaffenheit verschieden stark aufheizen, ist dies bei der Auswahl der Messstellen zu berücksichtigen.

  • bb. Der Landesschüler*innenrat fordert folgende Richtwerte, die in den zuvor genannten Räumen um 11:00 Uhr vormittags zu erheben sind:

  • ab einer Temeratur von 24°C sollen unabhänig von der Schulform kostenlose Getränke, insbesondere Trinkwasser, bereitgestellt werden

  • ab einer Temperatur von 24°C in der Sekundarstufe I bzw. 26°C in der Sekundarstufe II und Berufsschulen soll auf Hausaufgaben verzichtet worden oder der Unterrichts in anderen Formen, z. B. projektbezogen, durchgeführt werden
  • ab einer Temperatur von 26°C in der Sekundarstufe I bzw. 28°C in der Sekundarstufe II sind entweder die Unterrichtsstunden zu verkürzen oder der Unterricht nach der 5. Stunde zu beenden.

  • d) An Schulstandorten, an denen die Schülerbeförderung ausschließlich durch unregelmäßig verkehrende Schulbusse abgewickelt wird, sollen mit den Verkehrsdienstleistern Vereinbarungen getroffen werden, die es ermöglichen, auch kurzfristig die benötigte Beförderungskapazität umzudisponieren, damit hiervon eine Entscheidung zu einem früheren Unterrichtsende nicht abhängig gemacht wird.

Begründung

Hitze an hessischen Schulen betrifft Schülerinnen und Schüler, Lehr- und Verwaltungspersonal gleichermaßen. Fest steht, dass es der Schülerschaft nicht darum geht, möglichst viele Schlupflöcher zu finden, um dem Schulbesuch fernzubleiben. Gute Bildung erfordert guten Unterricht, der stattfindet. Aufgrund von Lehrermangel entfällt in Hessen bereits genug Unterricht! Trotzdem ist es unzweckmäßig, in Situationen, in denen weder Lehrerinnen noch Schülerinnen im Stande sind, sich zu konzentrieren, Unterricht unbeirrt durchzuziehen.

Vor dem Verzicht auf Unterricht steht in den Augen des Landesschüler*innenrats dessen sinnvolle Anpassung an die Wetterbedingungen. Mit dem jetzigen Erlass lässt sich das aber nicht machen, beziehungsweise es findet zu selten Anwendung, weil ohne Temperaturrichtwerte vieles eine Gefühlssache bleibt. Daher ist es nur zweckmäßig, wenn konkrete Temperaturen genannt werden, an denen sich Schulleiterinnen und Schulleiter bei ihrer Entscheidung orientieren können, beziehungsweise bei deren Überschreiten Maßnahmen zwingend umgesetzt werden müssen. Derartige Richtwerte existierten in früheren Fassungen des Erlasses bereits, wurden allerdings 2009 abgeschafft.

Um diese Abschaffung und weitere Inhalte des gültigen Erlasses nachvollziehen zu können, hat der Landesschüler*innenrat im Vorfeld dieser Petition dem hessischen Kultusministerium im Juni 2019 einen umfangreichen Fragekatalog zu den geltenden Vorschriften für „Hitzefrei“ gestellt, aus dessen Antwort allerdings keine stichfeste Begründung für die schülerseitig in Zweifel gezogenen Punkte hervorging.

Das betrifft insbesondere die Nichtberücksichtigung mancher Schulformen bei Maßnahmen gegen große Hitze. Für die Landesschüler*innenvertretung erscheint es nicht einleuchtend, dass ältere Schülerinnen und Schüler (in Sekundarstufe 2 und Berufsschulen) es leichter hätten, bei großer Hitze zu lernen. Selbst wenn man unterstellt, dass physisch mit fortschreitendem Alter eine größere Widerstandsfähigkeit gegen körperliche Belastung ausgebildet wird, so steigen gleichermaßen auch die Anforderungen, die der Unterricht in diesen Schulformen an Schülerinnen und Schüler stellt.

Das Ministerium argumentiert darüber hinaus, dass in der Sekundarstufe 2 in besonderer Weise dafür Sorge zu tragen ist, Unterrichtsausfälle zu vermeiden. Diesem Aspekt kann sich die Landesschüler*innenvertretung zwar grundsätzlich anschließen, allerdings steht dies im Widerspruch zur Praxis an hessischen Schulen, wo Unterricht in der Oberstufe grundsätzlich nicht vertreten wird. Außerdem handelt es sich nicht ausschließlich das vorzeitige Unterrichtsende, von dem Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe 2 (und der Berufsschulen) ausgenommen sind, sondern um sämtliche Maßnahmen zum Schutz vor großer Hitze.

Hierbei ist der Blick nicht allein auf Schülerinnen und Schüler zu beschränken, sondern die ebenfalls betroffenen Lehrkräfte sollten mit in den Fokus genommen werden. Besonders problematisch gestaltet sich diese Regelung an Schulen mit Sekundarstufe 1 und 2, wo Lehrer/innen nach jetziger Rechtslage ungleich behandelt werden, je nach dem, welche Jahrgangsstufen sie unterrichten. Es stellt sich die Frage, inwiefern das Land Hessen als Arbeitgeber in diesem und anderen Zusammenhängen seiner Fürsorgepflicht nachkommt, wo doch durch die bereits genannte Anfrage festgestellt worden ist, dass die Arbeitsschutzrichtlinie A3.5 (zum Umgang mit großer Hitze) ebenfalls auf Lehrerinnen und Lehrer Anwendung findet.

Eine Verkürzung der Unterrichtsstunden, sodass alle vorgesehenen Fachunterrichte stattfinden können, auf Nachmittagsunterricht aber dennoch verzichtet werden könnte, sieht der derzeit gültige Erlass grundsätzlich nicht vor. Mit dieser Erweiterung, die heute bereits (rechtswidrig) an vielen Schulen sinnvoller Weise Anwendung findet, würde den Schulen mehr Handlungsspielraum eingeräumt werden. Ebenfalls neu wäre die Maßnahme „Bereitstellung kostenloser Getränke ab der Mittagspause“, die in der Arbeitsschutzrichtlinie A3.5 ebenfalls zu finden ist und im Arbeitsleben regelmäßig Anwendung findet.

Vielen Dank für Ihre Unterstützung

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Neuigkeiten

  • Liebe Unterstützende,
    der Petent oder die Petentin hat innerhalb der letzten 12 Monate nach dem Einreichen der Petition keine Neuigkeiten erstellt und den Status nicht geändert. openPetition geht davon aus, dass der Petitionsempfänger nicht reagiert hat.

    Wir bedanken uns herzlich für Ihr Engagement und die Unterstützung,
    Ihr openPetition-Team

  • Liebe Unterstützerinnen und Unterstützer!

    Am vergangenen Freitag (13.12.19) übergaben wir, die Landesschülervertretung, die Petitionsunterlagen an die Leiterin des Petitionsausschusses des hessischen Landtags, Manuela Strube (SPD). Wir sind stolz darauf, unser selbst gesetztes Ziel von 2000 Unterschützerinnen und Unterstützer um über 400 Unterschriften übertroffen zu haben.

    Wir haben der Ausschussleiterin und den zahlreich erschienen Medienvertretern unsere Forderungen vorgestellt: Wir setzen uns dafür ein, dass Maßnahmen gegen große Hitze auch in beruflichen Schulen und der gymnasialen Oberstufe Anwendung finden können. Außerdem sollen die 2009 abgeschafften Temperaturrichtwerte wieder eingeführt werden, damit Schulleiterinnen und Schulleitern... weiter

So können wir ohne stress arbeiten

Fürsorgepflicht, das ist richtig und wichtig. Aber was sie hier fordern ist doch nicht in Ordnung. Nun gab es 3! heiße Tage seit 2003 und soe fordern Hitzefrei. In den 1960er Jahren, die ich erlebt habe, gab es viel mehr heiße Tage.Was wollen sie denn tun, wenn sie im Berufsleben stehen und es heiße Tage gibt? Den Chef um Hitzefrei bitten? Schade, dass die heutigen Jugendlichen so weltfremd sind und ihre Eltern da auch nicht vorgebeugt haben und ihnen nicht erzählt haben, wie es früher war. Schade.

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